Zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer haben sich am ersten Tag der gratis Abgabe mit Corona-Selbsttests eingedeckt. Doch der befürchtete grosse Ansturm blieb aus. Die Apotheken waren gut vorbereitet und auch zu grösseren Engpässen kam es vorerst nicht.
Der Aufruf des Apothekerverbands Pharmasuisse an die Bevölkerung, am ersten Tag der Abgabe Zurückhaltung zu üben, scheint gewirkt zu haben: In vielen der 1800 Schweizer Apotheken herrschte ab dem frühen Mittwochmorgen zwar reger Betrieb, aber es gab kaum lange Warteschlangen.
Die Nachfrage sei wie erwartet sehr hoch gewesen, teilte Pharmasuisse auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Allein in den 250 Apotheken im Kanton Zürich wurden gemäss einer «vorsichtigen Hochrechnung» des kantonalen Apothekerverbandes in den ersten sechs Stunden über 20'000 Test-Kits verteilt.
Die Menschen hätten sich sehr geduldig verhalten, die Abgabe sei geordnet verlaufen, hiess es bei Pharmasuisse weiter. Doch die Beratung sei aufwändig. Denn die Leute wollten nicht nur wissen, was sie unternehmen müssten, wenn der Test positiv ausfalle. Sie liessen sich auch über Selbstbehalt und Franchise informieren.
Die Verantwortlichen hatten sich offensichtlich gut auf den Tag vorbereitet. So richtete zum Beispiel die Rathaus-Apotheke beim Bahnhof St. Gallen für Selbsttest-Kunden eigens einen Korridor mit Wegweiser ein. Und die Berner Kirchenfeld-Apotheke bot eine Online-Anmeldung für ein Fünf-Minuten-Zeitfenster an.
Grössere Engpässe zeichneten sich gemäss Pharmasuisse bisher nicht ab. Falls es zu kleineren Versorgungslücken kommen sollte, würden diese bald behoben. Denn nach Angaben des Pharmaunternehmens Roche sei der Nachschub von einer Million Selbsttests pro Tag gesichert.
Trotzdem hiess bei der Bahnhof-Apotheke in Aarau bereits am Morgen, man sei nicht sicher, ob die Selbsttests bis Donnerstag oder Freitag reichen würden. Und die Hirsch-Apotheke in Solothurn teilte mit, es gebe wohl bis Ladenschluss nicht für alle Kundinnen und Kunden genügend Test-Säckli.
Seit Mittwoch hat jede Person in der Schweiz pro Monat Anspruch auf maximal fünf kostenlose Selbsttests. Das Ziel des Bundes ist es, dass sich 40 Prozent der Bevölkerung wöchentlich testen. Die Selbsttests weisen jedoch eine geringere Sensitivität auf als zum Beispiel Schnelltests oder PCR-Tests, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage bestätigte.
Ansteckende Personen würden deshalb vor allem dann entdeckt, wenn sie eine hohe Viruslast aufwiesen. Bei infizierten Personen ohne Symptome könne die geringe Sensibilität auch zu falschen negativen Resultaten führen.
Bei Roche hiess es auf Anfrage, unabhängige Studien der Charité Berlin und der Universität Heidelberg hätten eine Sensitivität ihrer Tests von 82,5 Prozent ergeben. Bei hoher Viruslast liege diese sogar bei 96,6 Prozent.
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, empfahl vor den Medien in Bern, dass die Selbsttests nur von symptomlosen Personen eingesetzt werden sollten. Wer Symptome aufweise, solle besser einen Schnell- oder einen PCR-Test machen lassen. Und auch zur Verkürzung der Quarantäne dürften Selbsttests nicht eingesetzt werden, betonte die Berner Kantonsärztin Linda Nartey.
Auch das BAG weist auf seiner Webseite darauf hin, dass die Selbsttests lediglich als ergänzende Element der Teststrategie gedacht seien. Ein negatives Ergebnis sei nur am Tag des Testes gültig. Bei einem positiven Resultat müssen die Personen auf jeden Fall einen zuverlässigeren PCR-Test durchführen lassen und sich bis zum Vorliegen des Ergebnisses in Selbstisolation begeben. (cma/sda)