Die Ankündigung von Bundespräsident Guy Parmelin an der Pressekonferenz vom Mittwoch machte Hoffnung: «Wir sehen ein Licht am Ende des Tunnels.» Und doch, so mahnte er im selben Atemzug, sei der Tunnel noch sehr lange.
Entsprechend stellte der Bundesrat eine vorsichtige Lockerung der Corona-Massnahmen ab dem ersten März in Aussicht. Weitere Öffnungsschritte seien ab dem April geplant – vorausgesetzt, dass die Eindämmung der Pandemie weiterhin positiv verläuft. Die folgenden drei Gründe machen den März zum entscheidenden Probemonat.
Die ersten Öffnungen sieht der Bundesrat in den Bereichen vor, «wo es ein relativ geringes Übertragungsrisiko gibt», so der Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch. So dürfen sich ab 1. März Gruppen bis zu 15 Personen wieder im Freien treffen. Ebenso sind Sportanlagen im Aussenbereich wieder geöffnet. Läden und einzelne Freizeit- und Kultureinrichtungen dürfen mit einem strengen Schutzkonzept wieder aufmachen.
Weitere Öffnungen stellte die Landesregierung ab 1. April in Aussicht. Vorgesehen ist, dass beispielsweise Kultur- und Sportveranstaltungen mit Publikum in eng begrenztem Rahmen wieder zu ermöglichen, ebenso Sport in Innenräumen oder die Öffnung von Restaurant-Terrassen. Die Bedingung für eine weitere Öffnung im April koppelt der Bundesrat deswegen an folgende Kriterien:
Ein durchaus ambitioniertes Ziel, angesichts der momentanen Zahlen:
Bei den aktuellsten Zahlen können Nachmeldungen noch zu leichten Veränderungen führen. Doch sie machen klar, dass die Kriterien des Bundesrates für eine weitere Öffnungsschritte im April derzeit knapp erfüllt sind. Die Frage im März wird also sein, ob diese positive Entwicklung auch mit den teilweisen Lockerungen bestehen bleibt.
Wie sich die Infektionszahlen im März entwickeln, ist auch massgeblich vom Impferfolg abhängig. Am Mittwoch sagte Bundesrat Alain Berset, man wisse jetzt besser, wie man sich vor einer Infektion schützen könne und man habe die Impfungen. Deswegen werde jetzt gelockert, «auch wenn die Fallzahlen nicht so schnell sinken wie gewünscht».
Doch noch kommen die Massenimpfungen in der Schweiz nur langsam voran. Seit am 23. Dezember 2020 eine Luzernerin die allererste Impfung erhielt, wurden bis Mitte Februar 547'368 Impfdosen verabreicht. Das entspricht 1,2 Prozent der Dosen, die es braucht, um alle Personen in der Schweiz doppelt zu impfen. Als vollständig geimpft gelten derzeit nur 102'098 Personen in der Schweiz.
Der Grund, warum es nicht schneller vorwärts geht, liegt bei den europaweiten Lieferengpässen und noch ausstehenden Zulassungen für die Impfhersteller. Der Bund hat sich mit fünf Herstellern Verträge für insgesamt 32,8 Millionen Impfstoffdosen gesichert – reichlich genug, um alle Schweizerinnen und Schweizer mit zwei Dosen pro Person zu impfen. Doch von den bestellten Impfdosen sind erst 806'025 von Biontech und Moderna tatsächlich in der Schweiz angekommen. Das entsprich 2,5 Prozent aller bestellten Impfungen.
Die Hersteller Astra-Zeneca (5,3 Millionen bestellte Dosen), Novavax (6 Millionen bestellte Dosen) und Curavac (5 Millionen bestellte Dosen) haben noch keine Zulassung für die Schweiz erhalten. Bei Astra-Zeneca wartet die Zulassungsbehörde Swissmedic auf ausstehende Studienergebnisse, die im März eintreffen sollen. Novavax und Curavac sollen gemäss Bund ab dem 1. April in die Schweiz geliefert werden – sofern bis dann die Zulassung von Swissmedic vorliegt.
Laut dem Lieferplan des Bundes sollen im März wie auch im April weitere Impfdosen von Biontech/Pfizer und Moderna in die Schweiz gelangen. Das soll ausreichen, um alle aus der Risikogruppe und ein Grossteil ihrer Angehörigen zu impfen. Richtig los geht es mit den Impfungen aber erst im Mai. Dann erhält die Schweiz gemäss Plan einen weiteren Schub an Impfungen, neu auch von den Herstellern Curavac und Novavax. Zur Impfung zugelassen sind dann auch jüngere Personen.
Bis Ende Juli sollen alle Erwachsenen, die das wollen, geimpft sein. Im Hinblick auf die Öffnungen werden die Fragen im Zentrum stehen, ob rasch genug geimpft werden kann, wie schnell sich die mutierten Coronaviren weiter in der Schweiz ausbreiten und ob die bisherigen Impfungen auch gegen die neuen Virus-Varianten einen ausreichenden Schutz bieten.
Bereits Anfang Februar hat die wissenschaftliche Taskforce des Bundes errechnet, dass ab Mitte Februar von einer Trendumkehr bei der epidemiologischen Entwicklung ausgegangen werden muss. Grund dafür sind die Virus-Mutationen, die sich schneller als das herkömmliche Coronavirus verbreiten. So nehmen die Infektionen mit den bislang dominierenden Typen ab, während bei den Ansteckungen mit der britischen Variante B.1.1.7 eine Zunahme zu beobachten ist.
Sobald der Anteil der Infektionen mit B.1.1.7 eine kritische Grenze überschreitet, erwartet die Taskforce deshalb ein erneutes Ansteigen der gesamten Ansteckungen. In einer Grafik zeigte die Taskforce auf, wie sich die Infektionen mit dem herkömmlichen Coronavirus und jene mit dem B.1.1.7 verbreiten.
Anhand dieser Zahlen modellierten die Wissenschaftlerinnen und Experten ein mögliches Szenario für die kommenden Wochen. Laut diesem Modell werden ab Mitte Februar mehr Ansteckungen mit dem mutierten Coronavirus auftreten, als mit dem ursprünglichen. In der Folge steigt die Kurve der Summe der Fallzahlen erneut an.
Die Taskforce schreibt: «Diese Daten zeigen, dass es auch mit den im Januar zusätzlich eingesetzten Massnahmen bislang nicht gelungen ist, ein Anwachsen der Infektionen mit B.1.7.7 zu verhindern.» Als Folge von einer Trendumkehr sehen die Experten ein Anwachsen der Hospitalisierungen und Todesfälle pro Tag.
Bewahrheiten sich die Berechnungen der Taskforce würde sich dies mit den Zielen des Bundesrates für weitere Lockerungsschritte beissen. Insofern ist fraglich, ob sich die Situation im März tatsächlich so entwickelt, dass am 1. April weitere Öffnungen möglich sind.
Nein das ist kein Witz. Gerade so erlebt.