Zu Beginn dieses Jahres liess der Bundesrat verlauten: Bis Ende Juni 2021 soll jeder, der will, gegen Covid-19 geimpft sein. Der Bund rechnete mit rund 5,25 Millionen Menschen, die er bis dann geimpft haben sollte. Damit wäre eine Herdenimmunität von 60 bis 70 Prozent erreicht.
Lieferschwierigkeiten haben den Schweizer Impfprozess in den ersten drei Monaten allerdings ausgebremst. Doch das Ziel ist noch immer möglich – vorausgesetzt diese fünf Hürden werden überwunden:
Die Schweiz hat sich noch vor der Zulassung von diversen Herstellern Millionen von Impfdosen vertraglich gesichert – und arbeitet weiter an Lieferverträgen. Gerade erst vor zwei Wochen bestätigte Gesundheitsminister Alain Berset, dass die Schweiz weitere drei Millionen Impfdosen von Pfizer/Biontech erhalten wird.
Gute Neuigkeiten: Wir haben von @pfizer @BioNTech_Group weitere 3 Millionen Impfdosen kaufen können. 1 Million Dosen stehen den Kantone bereits im April, Mai und Juni zur Verfügung. Damit stärkt die Schweiz ihre #Impfkampagne weiter. @BAG_OFSP_UFSP @BAG_INT #CoronaInfoCH
— Alain Berset (@alain_berset) March 10, 2021
Man rechnet damit, dass sich rund 75 Prozent der erwachsenen Bevölkerung impfen lässt. Laut einem von der Armeeapotheke veröffentlichten Zeitplan sollte das Ziel vom 30. Juni noch möglich sein.
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In der Praxis befinden sich aber unter den benötigten Impfdosen auch Lieferungen mit Curevac und Novavax – zwei Impfstoffe, die bisher in der Schweiz noch nicht zugelassen sind (in der Grafik grau). Ohne diese beiden Impfstoffe oder zusätzliche Lieferungen von anderen zugelassenen Impfstoffen wird das Ziel vom 30. Juni unrealistisch.
Laut vertraulichen Dokumenten des BAGs, die der NZZ am Sonntag vorliegen, rechnet der Bund mit folgenden Impfmengen:
Bei diesen 8,5 Millionen handelt es sich allerdings nur bei 6,5 Millionen Impfdosen um Produkte von Moderna und Pfizer/Biontech, die bereits zugelassen sind. Der verbleibende Viertel soll von Novavax, Curevac und AstraZeneca stammen. Dabei steht bei letzterem sogar zur Diskussion, diesen in der Schweiz gar nicht einzusetzen und weiterzuverkaufen.
Vorausgesetzt man erhält genug Impfstoff, muss dieser dann auch noch rechtzeitig die Schweiz erreichen, um das Ziel einzuhalten.
In der Vergangenheit kam es schon mehrfach zu Verzögerungen, einzelne Impfcenter mussten wegen Impfstoffmangel sogar bereits wieder schliessen oder den Betrieb reduzieren.
Dass die für April versprochenen Lieferungen bald eintreffen, scheint ebenfalls eher unwahrscheinlich. So schreibt der Kanton Zürich auf seiner Webseite, dass man den Grossteil der April-Lieferung von 330'000 Impfdosen erst Ende April erwarte und entsprechend erst im Mai verimpfe.
Angenommen, die höheren Mengen stehen zu Beginn des Liefermonats bereit, könnte die Impfkadenz bald erhöht werden und bis Ende Juni wären alle (Freiwilligen) geimpft (helle Linie). Erreicht uns der Impfstoff allerdings – wie im Kanton Zürich – erst gegen Ende Monat, verschiebt sich das Ziel um rund einen Monat nach hinten (dunkle Linie).
Ist der Impfstoff in grossen Mengen da, muss er auch noch an die Impfwilligen verabreicht werden können. Laut Angaben der Kantone könnte man aktuell in der Schweiz rund 110'000 Impfungen pro Tag durchführen. Bisher wurden im Schnitt rund 20'000 Dosen verabreicht.
Mit Unterstützung von Apotheken, Haus- oder Betriebsärzten scheint auch noch eine höhere Kadenz möglich. Will man in den kommenden Monaten die vorgesehenen Impfdosen regelmässig verteilt verabreichen, ergibt sich folgende Schätzung:
Spätestens im Juni müsste man also die zusätzlichen Impfstationen in Betrieb nehmen, um das Ziel vom 30. Juni noch zu erreichen.
Kommt der Impfstoff in genügend grossen Mengen und rechtzeitig zu den ausreichend vorhandenen Impfstationen, benötigen diese auch genügend Personal und Ausrüstung.
Und um die Millionen von Impfterminen zu koordinieren, sind nicht zuletzt verlässliche IT-Lösungen gefragt.
Ein nicht zu vernachlässigender Punkt ist laut Rudolf Hauri, Präsident der Schweizer Kantonsärzte, auch die Mitarbeit der Bevölkerung. So sagte er gegenüber der NZZaS: «Wenn sich alle am Feierabend impfen lassen wollen, funktioniert es nicht.»
Ausserdem wird es bei regionalen Engpässen wohl von Vorteil sein, wenn Impfwillige flexibel auf verschiedene Impfstationen ausweichen können. So kann man beispielsweise im Kanton Aargau beim Anmeldeformular gleich mehrere mögliche Impfstationen angeben, um den Impfprozess zu beschleunigen.