Müdigkeit, Vergesslichkeit, Kurzatmigkeit, Verdauungsprobleme, Schwindel bis hin zu Haarausfall – die Liste der Langzeitfolgen, die mit einer Coronainfektion in Verbindung gebracht werden, ist lange. Zurzeit gibt es noch kaum Zahlen oder Fakten dazu. Die Forschung über die verschiedenen Auswüchse von chronischem Covid, auch «Long-Covid» genannt, stehen erst am Anfang.
In der SRF Gesundheitssendung «Puls» erzählen drei Betroffene, welche sich im Frühjahr mit dem Virus infizierten, mit welchen Beschwerden sie immer noch zu kämpfen haben.
Bei Sandra Corbellini, 52, begann es im März mit Schmerzen am ganzen Körper, Fieber und Geschmacksverlust und Atemnot. Ein positiver Test gab Klarheit. Doch gesund fühlt sich Corbellini noch nicht. Fatigue – andauernde Müdigkeit – begleitet sie bis heute.
Benjamin Geiger, 35, kann nur vermuten, dass er sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, im Frühling konnte er aufgrund seines Alters nicht testen lassen. Typische Corona-Symptome wie Fieber, Husten, Schwindelanfälle waren aber da. Und ganz weg sind sie bis heute nicht. Noch immer plagen ihn Muskelschmerzen, Verspannungen, Müdigkeit und Probleme bei der Atmung.
Susanne Helfferich, 57, zeigte nur milde Symptome. Doch sieben Monate später spürt auch sie Nachwirkungen wie Müdigkeit und Erschöpfung. Früher war sie nach dem Joggen am Morgen fit und erfrischt, heute würde sie sich danach am liebsten nochmals hinlegen.
Damit sind sie nicht alleine. Auch The Wall Street Journal hatte sich dem Thema sowie den Patienten mit Langzeitfolgen zugewandt. Besonders jüngeren Patienten wie beispielsweise Elizabeth Moore, 43. Vor Corona war sie eine begeisterte Skifahrerin und trainierte mehrmals pro Woche im Bootcamp. Seit ihrer Erkrankung im März kämpft sie mit Gedächtnis- und Magen-Darm-Problemen.
An Müdigkeit und Gedächtnisverlust leidet die 33-jährige Jennica Harris mittlerweile seit einem halben Jahr, als sie sich mit dem Virus infizierte. Sie habe sogar Mühe, in Gesprächen einfache Worte zu finden, verliere oft ihren Gedankengang und komme ins Stottern.
Wie viele Patienten unter den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion leiden, ist noch unklar. Die Schätzungen diesbezüglich gehen weit auseinander. Eine kürzlich durchgeführt Analyse ergab, dass circa 10% Prozent der 18- bis 49-Jährigen vier Wochen nach ihrer Erkrankung immer noch an verschiedenen Symptomen leiden. 4,5% aller Altersgruppen leiden laut der Studie mehr als acht Wochen lang und 2,3% mehr als 12 Wochen. Die Analyse entstand aus Umfragen, die das King's College London zusammen mit dem Massachusetts General Hospital durchführte. Dabei wurden mehr als 4000 Covid-19-Patienten über eine App befragt.
Eine andere Studie, in der hauptsächlich hospitalisierte Patienten untersucht wurden, kommt zum Schluss, dass circa 25% nach 90 Tagen immer noch mindestens ein Symptom aufwiesen. Laut der Fernsehsendung «Puls» sind 3-10% der Patienten von Langzeitschäden betroffen.
Um sich einen besseren Überblick über die Folgeschäden zu machen, ist in Deutschland eine Post-Covid-Ambulanz errichtet worden, wo man sich um Patienten mit Langzeitschäden kümmert. In der Schweiz gibt es noch keine derartigen Einrichtungen.
Hierzulande werden die Folgen einer Coronainfektion im Inselspital in Bern erforscht. Dr. Manuela Funke-Chambour beschäftigt sich vor allem mit den Schäden der Lunge. Die Lungenspezialistin sagt im Gespräch mit der Sendung «Puls», dass insbesondere schwer Erkrankte teils auch noch nach Monaten Schäden an der Lunge haben. Man sehe auch, dass Konzentrationsstörungen sowie Fatigue sehr oft vorkommen. Gemäss Funke-Chambour sei aber davon auszugehen, dass die Mehrheit keine Nachfolgeschäden hätten.
Doch jetzige Resultate zeigen, dass zumindest ein Teil der Corona-Erkrankten für längere Zeit an den Folgen der Krankheit leiden.
Mitte Oktober veröffentlichte das britische Gesundheitsinstitut (NIHR) einen ersten Standortbericht zu «Living with Covid19». Dort heisst es:
Was aus dem Bericht auch hervorgeht: Langzeitfolgen treffen nicht nur schwer erkrankte, sondern auch asymptomatische Personen.
Das Coronavirus kann nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche belasten. Die Nachfrage nach psychischen Behandlungen hat laut «Puls» deutlich zugenommen. Yvik Adler, Co-Präsidentin der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP), sagt in der Sendung, dass von 65% der angefragten Psychologen einen deutlichen Anstieg spüren. 71% der befragten Psychologen gaben an, dass sie Leute aus Kapazitätsgründen sogar abweisen mussten. 31% geben an, dass sie Neuanmeldungen aufgrund der Coronakrise erhielten.