Fehler: Die gibt es überall. Aber der Bundesrat hat nie öffentlich darüber gesprochen, was er in der Coronakrise falsch gemacht hat. Ob die Maskenfrage oder andere Entscheide: Bei ihren Auftritten versuchte die Landesregierung den Eindruck zu erwecken, dass sie zu jeder Zeit alles im Griff hatte.
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Jetzt liegt allerdings ein Dokument vor, das zeigt, wo es im Krisenmanagement haperte. Es ist ein bisher nicht beachteter, am Freitag vom Bundesrat abgesegneter Bericht, den die Bundeskanzlei erstellen liess. Sie will für eine nächste Krise besser gerüstet sein. Untersucht wurde das Handeln in der ersten Coronawelle, von Februar bis August. Grundsätzlich fällt das Fazit positiv aus. Das Krisenmanagement sei effektiv gewesen und habe sich bewährt. Er zeigt aber auch Versäumnisse auf – und dass es manchmal einfach nur darauf ankam, wer zu wem gute Kontakte pflegte.
Verbesserungspotential gibt es in folgenden Punkten:
In der Krise handelten vor allem die Krisenstäbe der Departemente und der BAG-interne Krisenstab. Zwar gab es übergeordnete Krisenstäbe wie der Krisenstab des Bundes zu Corona und der Bundesstab Bevölkerungsschutz. Diese hätten jedoch zu wenig klar definierte Kompetenzen gehabt, seien zu gross gewesen und hätten so ihre Führungsaufgabe nicht wahrnehmen können, heisst es im Bericht. «Der Departementalismus und das Silodenken nahmen im Krisenmanagement der Bundesverwaltung mit zunehmender Dauer der Krise zu.» Der Informationsfluss zwischen den einzelnen Departementen fand teils nicht genügend statt.
Erstmals gibt der Bund konkret Einblick, wie chaotisch die Datensammlung war. «Zu Beginn der Krise lagen den Gremien der Bundesverwaltung die notwendigen, entscheidungsrelevanten Informationen nicht schnell genug vor», heisst es. Teils kamen die Daten noch per Fax. Gar «chaotisch» sei es gewesen, an die Daten von Spitälern zu kommen. «Die Daten zur Anzahl infizierter Personen oder zur Anzahl Intensivbetten etwa mussten erst zusammengestellt und aufbereitet werden», schreibt der Bund. Die Erkenntnis ist allerdings nicht so neu, wie sie nun klingt: Recherchen von CH Media haben gezeigt, dass das Problem seit Jahren bekannt war, allerdings verschleppt wurde.
Einen grossen Teil der Kritik nimmt die Zusammenarbeit mit den Kantonen ein. Der Bund gesteht ein: Er habe die Kantone zu wenig rasch informiert, wenn neue Entscheide fielen. Es kam vor, dass die Kantone Details aus den Medien entnahmen, obwohl sie die Beschlüsse umsetzen müssen. Die Kantone seien deshalb von finanziellen Folgen der nationalen Entscheidungen überrascht worden. Zudem seien die Erläuterungen zu den Vorgaben zu wenig genau gewesen. Teils hätten sie mehr verwirrt als Klärung gebracht.
Die Kantone hätten zudem in den Vernehmlassungen besser angehört werden müssen. Die knappe Zeit habe aber oft gar «keine seriöse Konsultation» erlaubt. Allerdings kritisiert der Bund da auch die Kantone: Diese müssten sich besser organisieren. Es sei nicht klar gewesen, ob sich der Bund nun an die Konferenz der Kantonsregierungen, an die einzelnen Kantone oder an die Gesundheitsdirektorenkonferenz wenden musste, «um rasch eine konsolidierte aussagekräftige Rückmeldung zu erhalten.»
Das Spitexpersonal, die Verbände von Spitälern, Heimen und Ärzten hätten zu wenig Gehör erhalten, schreibt der Bund. «Gesellschaftliche und soziale Auswirkungen fanden zu wenig Beachtung.» Es sei auch eher lange gegangen, bis die Wissenschaft einbezogen worden sei. Dies hat seinen Grund offenbar darin, dass es zwischen dem BAG und den Wissenschaftern schon vorher kriselte. «Bestehende Konfliktlinien» hätten die Zusammenarbeit erschwert, so der Bericht.
Im Frühsommer übernahmen wieder die Kantone, die ausserordentliche Lage war beendet. Die Übergabe der Verantwortung sei zu wenig koordiniert gewesen, sagt nun der Bericht. Der Bundesrat hätte die Kantone besser unterstützen und stärker führen sollen. So war auch erwartet worden, dass er «strategische Vorgaben macht, die einheitliche Massnahmen zur Folge haben.»
Der Bericht kritisiert aber auch die eigene Kommunikation, oder vielleicht besser diejenige seines inzwischen pensionieren «Mister Corona», Daniel Koch: Der Bund sagt, auf die Anfragen von Medien hin seien vom Bundesamt für Gesundheit Antworten gegeben worden, «die wissenschaftlich nicht haltbar» oder «nicht genügend geklärt» waren. Etwa in der Maskenfrage oder bei der Frage, ob Grosseltern ihre Enkel sehen dürfen. Dies habe zu Unklarheit geführt. Künftig seien «Aussagen und Daten gegenzuprüfen und auf wissenschaftliche Fakten abzustützen.»
Bekannt war bereits, dass die Masken fehlten. «Zu unverbindlich» und «zu ungenau» waren die Vorschriften zum kritischen Materialbeständen, nennt der Bericht einen Grund für das Versäumnis. So war es nur eine Empfehlung in einem Strategiepapier, dass die Kantone Masken lagern sollen. Auch unklar ist, wer im Ernstfall das Material beschaffen muss. Hier soll nachgebessert werden.
Das Aussendepartement (EDA) war «zeitweise bei internationalen Fragestellungen zu spät, zu wenig oder gar nicht involviert», heisst es im Bericht. Bestehende Netzwerke seien zu wenig genutzt, ausländische Regierungen zu wenig einbezogen worden – etwa bei den Lockerungen der Einreisebeschränkungen oder wenn es um knappe medizinische Güter ging. Der Bericht spricht von einer «fehlenden strukturierten Zusammenarbeit zwischen EDA und BAG.» Es kam also auch darauf an, wer in der Bundesverwaltung wen schon kannte – und mochte.
kann doch nicht sein, dass man mehrere Tage auf den Code warten muss... 🤦🏼♂️