Grossbritannien hat für die Rückkehrer aus Spanien eine Quarantänepflicht verfügt. Frankreich und Deutschland raten von Ferien in Coronahotspots ab, und Österreich warnt bezüglich Spanien vor nicht unbedingt notwendigen Reisen. Die Zahl der Neuinfektionen in Spanien steigt ungebremst, die Rate beträgt mittlerweile fast 40 Fälle pro 100000 Einwohnern in den vergangenen zwei Wochen Tagen. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt sie bei 17 Fällen. Die grosse Frage ist deshalb: Kommt Spanien auf die Seuchenliste?
Auf der Schweizer Seuchenliste landen Staaten oder Gebiete, die pro 100000 Einwohner mehr als 60 Neuansteckungen registrierten. Vorläufig zählt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Spanien daher noch nicht zu den Ländern mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko. Wer aus einem solchen Land zurückkehrt, muss sich zehn Tage in Quarantäne begeben.
Wenn die Entwicklung so weitergeht, könnte die Quarantäne-Pflicht auch für Rückkehrer aus spanischen Corona-Hochburgen gelten. Die Massnahme droht in Übrigen auch Rückkehrern aus Ländern, die nicht sauber Buch über die Coronasituation führen und in denen es gleichzeitig Anzeichen für ein erhöhtes Risiko gibt.
Die Schweizer Seuchenliste ist umstritten. Letzte Woche hat sie der Bund aktualisiert. Während zum Beispiel Schweden gestrichen wurde, stiess Luxemburg dazu. Philippe Kenel, Präsident der Schweizer Handelskammer für Belgien und Luxemburg, bedauert dies: «Es könnte der Eindruck entstehen, Luxemburg gehe zu lasch mit dem Coronavirus um», sagt er. Dabei sei das Gegenteil der Fall. In der Tat führt das Land mit Abstand am meisten Tests in Europa durch. «Für die intensive Testtätigkeit wird das Land jetzt quasi bestraft», sagt Kenel. Sogar Grenzgänger werden systematisch erfasst.
Importierte Fälle sind auch für die Schweiz ein Problem: Ein Viertel aller momentan erkrankten Personen infizierten sich laut BAG im Ausland. Damit ist nun Realität, wovor die Corona-Taskforce schon zum Zeitpunkt der Grenzöffnungen warnte: Den Reisenden komme bei der Überwachung der Epidemie eine Schlüsselrolle zu. Denn importierte Fälle seien schwierig nachzuverfolgen, wenn sie dann mal entdeckt worden seien. Nicola Low, Mitglied der Taskforce und Epidemiologin an der Universität Bern sagt nun:
Nach fünf bis sieben Tage müsse dies noch einmal geschehen, weil die Person zwar infiziert, aber das Virus noch nicht nachweisbar sein könnte.
In Deutschland soll das Testen an den Flughäfen für Reisende aus Risikoländern nun eingeführt werden. Und in Österreich soll aus einem solchen Gebiet nur noch einreisen können, wer einen neuen negativen Test vorlegen kann. Doch noch will das BAG davon nichts wissen. Sprecher Daniel Dauwalder sagt: Man erachte die Durchführung von Tests bei der Einreise gegenwärtig als wenig praktikabel. Fügt aber an: «Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Massnahmen je nach der weltweiten Entwicklung eingeführt wird.»
Bei Massnahmen, welche die Taskforce vorschlägt, zieht der Bund oft früher oder später nach – zumindest war dies mit der Maskenpflicht so oder bei der Quarantänepflicht. Nicola Low findet: «Wenn ich in einem Risikoland gewesen wäre, würde ich mich freiwillig testen lassen.» Es gehe darum die anderen zu schützen. «In kleinen Wohnungen ist es für die Leute schwierig, sich von anderen abzugrenzen.» Nach einem zweiten negativen Test liesse sich zudem die Quarantäne abkürzen.
Doch für den grössten Teil der Rückkehrenden hat auch die Taskforce keine Lösung: für Personen, die mit Auto oder Zug einreisen. «Aus Gründen der Praktikabilität können diese Massnahmen nicht auf Reisende in Autos angewendet werden», schreibt die Taskforce in einem Policy Brief.
Damit werden nicht alle Rückkehrenden gleich behandelt – und es öffnet sich ein Schlupfloch für jene, welche die Quarantäne umgehen wollen. Doch Nicola Low sagt:
Man müsse praktikable Wege finden. Eine Möglichkeit sind Stichproben. Laut BAG werden Stichproben von Reisenden, die mit einem Bus in die Schweiz kommen, bereits gemacht. Weitere seien geplant.
Ein besonderes Problem ist, dass gerade in den Schweizer Altersheimen Leute arbeiten, welche Verwandte im Balkan haben und diese womöglich besuchen. Sollte die Test-Pflicht zumindest für diese gelten? Dazu sagt Low: «Es wäre ungerecht die Testpflicht nur für eine bestimmte Gruppe zu erlassen.» Doch die Altersheime seien Hochrisikoorte und die Leitungen sollten regelmässig alle Angestellten testen lassen, ungeachtet ihrer Reisetätigkeit. «In Heimen muss man besonders sorgfältig sein», betont Low.
Und ganz ehrlich, wer jetzt bewusst in ein Risikoland geht, der soll auch strenger zur Verpflichtung genommen werden. Sonst ist die Schweiz bald bei unseren Nachbarländern auf der Risikoliste.
Wer schon unbedingt in ein Risikoland reisen muss, soll gefälligst die Zusatzkosten selber berappen.