«Des einen Freud ist des anderen Leid», sagt der Volksmund. Im Falle der explodierenden Paketbestellungen in der Schweiz ist es ein schmaler Grat zwischen Freud und Leid.
Auf der klaren Verliererseite steht das Coronavirus. Seine Chance, sich zu verbreiten, ist signifikant kleiner, als wenn man seine gewünschten Produkte vor Ort im Geschäft kauft. Die Läden stehen dementsprechend Hand in Hand mit dem Virus auf der Verliererseite. Die Umsätze brechen ein, die Menschen werden aufgefordert, zuhause zu bleiben.
Klare Gewinner sind die Onlinehändler. So meldet Digitec-Galaxus beispielsweise, dass das Umsatzwachstum im Vorweihnachtsgeschäft «im Vergleich zu 2019 im zweistelligen Prozentbereich» liege. SRF-Wirtschaftsexperte Reto Lipp spricht gar von einem Wachstum zwischen 40 und 50 Prozent.
Für die Post ist das Fluch und Segen zugleich. Dem seit Jahren schrumpfenden Umsatz dürfte die Paketflut bestimmt nicht schaden, den Mitarbeitern hingegen schon. Die schiere Menge an Sendungen ist kaum mehr zu bewältigen, ein Damoklesschwert schwebt über dem ganzen System.
Um es am Leben zu halten, wurden seit Anfang Jahr 500 Stellen im Paketbereich geschaffen. Zusätzlich wurden für die Weihnachtszeit 800 temporäre Mitarbeiter angestellt, wie Post-Pressesprecherin Léa Wertheimer sagt.
Die braucht es auch. Die Post meldet seit Ende November Rekordwerte bei den täglichen Paketverarbeitungen. Über eine Million Sendungen werden jeden Tag verschickt, am 15. Dezember waren es 1,3 Millionen. Erholung ist nicht in Sicht.
Die Nachweihnachtszeit ist bei der Post eigentlich dafür vorgesehen, «die geplante Ruhe- und Ferienzeit beziehen zu können», sagt Léa Wertheimer. «Das geht aber nur, wenn die Paketmengen zurückgehen.»
Blickt man auf die Zahlen aus dem ersten Lockdown, so ist dies schwer vorstellbar. Im April verarbeitete die Post knapp 42 Prozent mehr Pakete als im Vorjahr, absoluter Rekord. «Derzeit sind wir circa 25 Prozent über dem Dezembervolumen von 2019», sagt Wertheimer. Die Post rechne zwar mit einer Reduktion des Paketvolumens nach Weihnachten. Würden jedoch alle Läden ausserhalb des täglichen Bedarfs wieder schliessen, sei nicht sicher, wie hoch diese Reduktion ausfallen würde.
Der Bundesrat hat am Freitag zwar beschlossen, Läden weiterhin offen zu lassen, gleichzeitig reaktivierte er aber seine Stay-At-Home-Devise aus dem Frühling. Eine grossartige Entspannung für die Post nach der Weihnachtszeit ist also nicht in Sicht.
Um die Erholung und damit auch die Gesundheit der Mitarbeiter sicherzustellen, braucht die Post die Hilfe von den Behörden. Ansonsten kann die Post ihren gesetzlichen Leistungsauftrag sowie das Wohl ihrer Mitarbeiter nicht mehr unter einen Hut bringen. Der Leistungsauftrag verlangt, dass mindestens 95 Prozent der Sendungen pünktlich ankommen müssen.
Nach dem Lockdown im April war es nicht mehr möglich, dies einzuhalten. Der Bund musste die Post von ihrem gesetzlichen Auftrag befreien. Das führte dazu, dass Pakete verspätet bei den Empfängern ankamen. Ein solches Szenario würde uns auch bei einem zweiten Lockdown wieder bevorstehen. «Wir appellieren an das Verständnis von Behörden und Bevölkerung, wenn es wie beim ersten Lockdown teilweise etwas länger dauert, bis die Pakete ankommen», sagt Léa Wertheimer. «Dazu gehört, dass der Bund uns bei einem harten Lockdown vorübergehend von unseren gesetzlichen Vorgaben entbindet.» Die Paketzustellung würde mit diesen Rahmenbedingungen nicht kollabieren und die Mitarbeiter könnten ihre Ferien beziehen.
Gespräche über einen solche Entbindung finden bereits wieder statt, bestätigt die Post. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr und Energie UVEK kommentiert das anders: «Aktuell drängen sich keine Anpassungen von Zustellzeiten oder rechtlichen Vorgaben auf», sagt Annetta Bundi, Pressesprecherin des UVEK. Über einen Lockdown möchte man nicht spekulieren. Trotzdem erwartet man von der Post, dass «sie eine sozialverantwortliche Arbeitgeberin ist».
Die Post möchte indes nicht vor einem Lockdown warnen. «Wir unterstützen die Massnahmen des Bundesrats», sagt Léa Wertheimer. Auch wolle man die Leute nicht davon abhalten, Dinge im Internet zu bestellen. Einen kleinen Tipp habe man jedoch, wie man die Arbeit des Pöstlers erleichtern kann: «Es hilft, wenn Kundinnen und Kunden bei Onlinebestellungen darauf achten, gebündelt zu bestellen. Also nicht mehrmals täglich beim gleichen Anbieter bestellen, sondern alles gleichzeitig.»
Wenn die Post nur mit Temporärkräften aufstockt und ihre Organisation nicht nachhaltig den neuen Konsumverhalten anpasst, dann haben die Manager mächtig was verpennt!
Der Trend zu mehr Packten gibt es schon seit Jahren. Also mMn einfach absolutes versagen des Managements.