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Coronavirus

Trotz Coronavirus über Ostern ins Tessin? Was du jetzt dazu wissen musst

Stau vor dem Gotthard in Silenen Richtung Sueden, fotografiert am Samstag, 8. Juni 2019. (KEYSTONE/Alexandra Wey)
Dieses Bild darf sich dieses Jahr nicht zeigen: Stau vor dem Gotthard Nordportal in Richtung Süden am 8. April 2017. Bild: KEYSTONE

Du willst über Ostern ins Tessin? Was du jetzt dazu wissen musst

Es soll auf unnötiges Reisen verzichtet werden, auch an Ostern – so die Weisung des Bundesrats. Ob man noch in sein Ferienhäuschen reisen darf und wie betroffene Gemeinden und Polizeien reagieren – beantwortet in drei Fragen.
02.04.2020, 20:3503.04.2020, 16:33
Helene Obrist
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Im Tessin geht die Angst um. Die Angst vor Deutschschweizern, die über das verlängerte Osternwochenende die sonnigen Täler und hübschen Wanderwege fluten. Der Südkanton, aber auch das Bündnerland und das Wallis, gehören zu beliebten Ausflugszielen, wenn Herr und Frau Schweizer mehrere Tage am Stück frei haben und das Wetter stimmt.

Doch zu Zeiten Corona sind Reisetätigkeiten wenig gern gesehen. Die örtliche Bevölkerung befürchtet, dass das Virus dadurch in die bisher isolierten und entlegenen Täler gebracht werden könnte.

Bereits diskutiert wird, ob die betroffenen Gemeinden und Kantone nun Massnahmen ergreifen werden. Am Freitag wollen die Polizeikorps von Uri und Tessin konkrete Vorschläge kommunizieren.

Was jetzt wichtig ist und wie du dich am besten verhältst im Überblick:

Warum sind die Osterferien überhaupt ein Problem?

Aus mehreren Gründen. Viele haben ab dem Gründonnerstag bis zum Ostermontag frei. Zudem künden die Prognosen sonniges Wetter an. Ein Ausflug über das verlängerte Wochenende bietet sich also für viele an. Vor allem für jene, die auf einem hübschen Fleck Schweizer Boden eine Zweitwohnung besitzen. Und das sind nicht wenige: Rund zehn Prozent der Schweizer Haushalte mieten oder besitzen eine zweite Wohnung.

epaselect epa06146760 A young woman dives in the Verzasca river in the Valle Verzasca, Ticino canton, Switzerland, 15 August 2017 (issued 16 August 2017). Numerous people enjoyed the warm weather and  ...
Besonders über Ostern und in den Frühlingsferien geniessen viele Deutschschweizer die Freizeit im Tessin, wie hier im Verzasca Tal. Bild: EPA/KEYSTONE/TI-PRESS

Die meisten Zweitwohnungen stehen in den Kantonen Graubünden, Wallis und im Tessin. Ihr Anteil ist in Gemeinden wie Onsernone, Leukerbad, Verzasca, Laax oder Sils besonders hoch.

Heikel ist: Gerade in solchen Gemeinden lebt die örtliche Bevölkerung relativ abgeschieden. Die Infrastruktur ist minimal. Beispielsweise in Onsernone, einem engen Tal oberhalb von Locarno, leben gerade mal 700 Personen – davon ist die Hälfte über 65 Jahre alt. Es gibt einen Lebensmittelladen und einen Arzt. Bereits mit wenigen Corona-Ansteckungen käme die Gemeinde an ihre Grenzen. «Es droht der Kollaps», schreibt der Tages-Anzeiger in seiner Ausgabe am Donnerstag.

Wie reagieren besonders betroffene Gemeinden?

Gemeinden wie Brissago (TI), Lenzerheide (GR), Brunnen (SZ) sind alarmiert. Sie haben bereits Appelle an die Besitzer einer Ferienwohnung verschickt, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Darin fordern sie die Hausbesitzer dazu auf, nicht über Ostern oder in den Frühlingsferien in ihre Gemeinden zu reisen.

Die Bürgermeister des Malcantone, die Region um den Bezirk Lugano im Tessin, gehen gar noch einen Schritt weiter. Sie fordern eine Schliessung von Gotthard und San Bernardino. Nur so könne verhindert werden, dass Deutschschweizer über die Feiertage ins Tessin reisen. «Wir haben gesättigte Krankenhäuser und die Situation ist erschöpft. Wir müssen die Anreise der Deutschschweizer zu Ostern vermeiden», sagte Giovanni Berardi, Bürgermeister des Alto Malcantone gegenüber tio.ch.

Den Tessiner Bürgermeistern geht es in erster Linie um den Schutz der Bevölkerung und der wichtigen Versorgungspunkte in den Gemeinden. Ein Coronafall in einem Dorfladen würde die Einstellung des Betriebs bedeuten, so Berardi. Man werde in Zukunft gerne wieder bereit sein, Gäste zu empfangen. «Aber erst dann, wenn die Pandemie vorüber ist.»

Ähnlich klingt es auch im Wallis. «Der Schutz der Bevölkerung ist unsere oberste Priorität», sagt Monika König, Leiterin Marketing und Kommunikation der Aletsch Arena. Briefe gestaltet wie etwa im Tessin habe man aber nicht. Die Reise ins Wallis sei aktuell aber wenig attraktiv, so König: «Das touristische Angebot fällt weg, Winterwanderwege sind geschlossen und auch Skifahren ist natürlich nicht möglich.» Man rate den Feriendomizil-Besitzern und Touristen dazu, zu Hause zu bleiben und das Wallis zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich alles wieder normalisiert hat, zu geniessen.

Kann die Polizei die Fahrt ins Ferienhäuschen verbieten?

Ein offizielles Verbot gibt es nicht. Dies könnte einzig und allein der Bundesrat erlassen. Gesundheitsminister Alain Berset bat die Bevölkerung jedoch inständig, an Ostern nicht ins Tessin zu fahren. «Der Stau am Gotthard muss dieses Jahr ausfallen», sagte Berset an einer Medienkonferenz diese Woche.

Die Urner und Tessiner Polizeikorps haben sich gemäss Tages-Anzeiger bereits über Möglichkeiten ausgetauscht, Ferienhäuschen-Besitzer vom Kommen abzuhalten. Am Freitag sollen konkrete Massnahmen beschlossen werden. In welche Richtung diese gehen, ist jedoch schwierig zu sagen – es ist von Flyern oder direkten Hinweisen der Polizei vor Ort die Rede. Solange der Bundesrat keine Ausgangssperre verhängt oder Strassen sperrt, hat die Polizei aber die Befugnis nicht, Personen wegzuweisen.

Neben den Polizeien in Uri und im Tessin bereitet man sich auch im Wallis auf Ostertage und Ferien vor. Autos anhalten oder Besucher stoppen werde man aber nicht, so Markus Rieder, Chef Kommunikation bei der Kantonspolizei Wallis. «Wir werden in den beliebten Feriendestinationen sicherlich präsent sein und die Leute auf die Weisungen des Bundes aufmerksam machen. Aber Aufhalten können wir niemanden.» Das Problem sei aber nicht die Fahrt ins Chalet per se. «Problematisch wird es auf dem Parkplatz, wenn sich viele Menschen versammeln oder beim Einkaufen im Dorfladen», erklärt Rieder. Man arbeite derzeit eng mit den Geschäftseigentümern zusammen, um die Sicherheit aller garantieren zu können.

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228 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Roelli
02.04.2020 20:50registriert November 2014
Du willst über Ostern ins Tessin? Was du jetzt dazu wissen musst:


Lass es, bleib zuhause!!!
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Kuba
02.04.2020 20:52registriert April 2015
Bleibt doch einfach zu Hause, meine Güte!
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Simonscat
02.04.2020 20:58registriert August 2019
Dass man sich überhaupt mit dem Thema beschäftigen muss. Bleibt zum Teufel einfach mal alle zu Hause!
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