Schweiz
Gesellschaft & Politik

Parlament bewilligt Kampfjet-Kauf für 6 Milliarden Franken

Der Kampfjet hebt ab: Das Parlament bewilligt den Kauf neuer Kampfflugzeuge für 6 Milliarden Franken. Das letzte Wort hat das Volk. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE

Parlament bewilligt Kampfjet-Kauf für 6 Milliarden Franken

19.12.2019, 13:1019.12.2019, 14:50
Mehr «Schweiz»

Das Parlament hat dem Kauf neuer Kampfjets für bis zu 6 Milliarden Franken zugestimmt. Umstritten war noch der Anteil der Offset-Geschäfte. National- und Ständerat haben sich am Donnerstag auf 60 Prozent geeinigt.

Beide Räte haben dem entsprechenden Antrag der Einigungskonferenz zugestimmt. Im Ständerat gab es keine Gegenstimme, im Nationalrat 66 von SP und Grünen. Der Planungsbeschluss ist damit bereit für die Schlussabstimmung vom Freitag.

Die Einigungskonferenz musste eingesetzt werden, weil sich die Räte über drei Beratungsrunden hinweg nicht über den Anteil der Offset-Geschäften einigen konnten. Mit solchen werden ins Ausland vergebene Verträge durch Gegengeschäfte in der Schweiz kompensiert. So kommen Schweizer Rüstungsfirmen zu Know-how und zu Aufträgen im Ausland.

Faktisch handelt es sich aber um eine Art Industriesubvention, die jede Rüstungsbeschaffung verteuert - je nach Quelle um 2 bis 20 Prozent. Sicher ist: Je mehr Offsets, desto weniger Jets können gekauft werden. Der Bundesrat hatte daher einen Offset-Anteil von 60 Prozent vorgeschlagen. 20 Prozent sollten direkt im Zusammenhang mit den Kampfjets vergeben werden, 40 Prozent in der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie.

Rüstungsfremde Industrien

Der Nationalrat war ihm gefolgt, der Ständerat beharrte aber auf 80 Prozent, wobei die zusätzlichen 20 Prozent des Vertragsvolumens in völlig rüstungsfremden Industrien kompensiert werden sollten. Die Einigungskonferenz beantragte 60 Prozent. Die Liste der Industrien, die ebenfalls zum Handkuss kommen sollen, ist aber ebenfalls im Planungsbeschluss festgehalten.

Dazu gehören die Uhrenindustrie, Waggonbauer, die Chemie oder Plastikfabrikanten. Die Auflistung der Industriebereiche sei aus der Offset-Policy des Bundesrats übernommen worden, sagte Kommissionssprecher Thomas Hurter (SVP/SH). Damit habe man die Bedenken der Regionen und der Wirtschaftszweige aufgenommen.

Die Westschweiz befürchtet, zu kurz zu kommen, weil es dort nur wenig Rüstungs- und Sicherheitsindustrie gibt. Aus diesem Grund haben die Räte auch einen regionalen Verteilschlüssel in die Vorlage geschrieben: 65 Prozent der Kompensationsgeschäfte sollen in die Deutschschweiz vergeben werden, 30 Prozent in die Westschweiz und 5 Prozent in die italienischsprachige Schweiz.

Vier Flugzeuge in der engeren Auswahl

Schon früher einig geworden sind sich die Räte über den Kern des Planungsbeschlusses. Mit diesem wird der Bundesrat beauftragt, Kampfjets für höchstens 6 Milliarden Franken zu kaufen. Welches Kampfflugzeug gekauft wird, entscheidet der Bundesrat.

Das Evaluationsverfahren ist bereits voll im Gang. Vier Hersteller haben sich im vergangenen Frühsommer mit ihren Maschinen der Erprobung im Schweizer Luftraum gestellt. Es handelt sich um das Tarnkappenflugzeug F-35 von Lockheed Martin, den F/A-18 Super Hornet von Boeing, den Rafale des französischen Herstellers Dassault und das Airbus-Flugzeug Eurofighter.

Der Evaluationsbericht soll im zweiten Halbjahr 2020 vorliegen. Spätestens Anfang 2021 will der Bundesrat entscheiden, welches Kampfflugzeug gekauft werden soll. Ab 2025 sollen die ersten Jets in den Schweizer Himmel aufsteigen, 2030 soll die Beschaffung abgeschlossen sein. Parallel dazu werden die F/A-18 und die letzten Tiger ausser Dienst gestellt.

Abstimmung im Herbst

Weil der Typenentscheid noch nicht gefallen ist, ist der genaue Preis pro Stück und damit auch die Flottengrösse unklar. Nach Schätzung einer Expertengruppe beträgt der mittlere Preis pro Flugzeug inklusive Bewaffnung, Logistik, Systeme, Upgrades und andere Kosten rund 200 Millionen Franken. Mit 6 Milliarden Franken könnten also dreissig neue Kampfflugzeuge gekauft werden.

Gegen den Planungsbeschluss kann - anderes als bei Rüstungsgeschäften üblich - das Referendum ergriffen werden. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) hat bereits angekündigt, den Kampfjet-Kauf an die Urne zu bringen. Die Referendumsabstimmung findet voraussichtlich am 27. September 2020 statt.

Die Beschaffung neuer Boden-Luft-Raketen ist nicht Teil des Planungsbeschlusses und unterliegt damit auch nicht dem fakultativen Referendum. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl
1 / 6
Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl
Eurofighter (Airbus, Deutschland),
quelle: epa/epa / clemens bilan
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Schweizer Armee testet den Rafale Kampfjet
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
85 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
User03
19.12.2019 14:01registriert April 2017
Und dann wieder das Rentenalter erhöhen weil man kein Geld hat für die Altersvorsorge.
14694
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ueli der Knecht
19.12.2019 15:06registriert April 2017
"Faktisch handelt es sich aber um eine Art Industriesubvention"

Ich würde das eher "amtl. bew. Korruption" nennen.

Aber "Offset" tönt eben besser als "Schmiergeld", "Kompensationsgeschäft" besser als "Bestechung".
6223
Melden
Zum Kommentar
avatar
Darkside
19.12.2019 15:47registriert April 2014
Wenn man schon das Gefühl hat man müsse dieses Geld in die Landesverteidigung investieren, dann würden wir diese sechs Milliarden besser in die Abteilung Cyber Security investieren. Niemand wird uns mit Kampfjets angreifen, online sieht es dann ganz anders aus. Siehe Angriff auf das Spital eben erst. Aber das verstehen die rechten knorzköpfigen Parlamentarier halt immer noch nicht. Es hat halt immer noch viel zu alte, ewiggestrige Köpfe in Bern. Für manche davon ist das Internet immer noch Neuland.
5726
Melden
Zum Kommentar
85
In Luzerner Kantonsspital kursiert «Mimimi-Formular» – Belegschaft «verletzt und empört»

«Wir sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Luzerner Kantonsspital (LUKS) und schreiben Ihnen diesen Brief, um Ihnen ein schwerwiegendes Problem in unserem Unternehmen aufzuzeigen» – so beginnt ein anonymes Schreiben, das die watson-Redaktion diese Woche erhalten hat.

Zur Story