Schweiz
Gesellschaft & Politik

Schweizer Firma soll in russischen Kampfjet-Deal involviert sein

Warum der Westen seine militärische Überlegenheit verlieren könnte
Die Suchoi T-50 fehlt in der Liste. Das russische gegenstück zur F-22 Raptor. Tarnkappeneigenschaften, Schubvektorsteuerung und einfa ...
Putins Prestigeprojekt: Kampfjet Suchoi Su-57.Bild: comments://725777781/249512

Schweizer Firma soll in russischen Kampfjet-Deal involviert sein

Der Nachrichtendienst des Bundes verdächtigt die Zürcher Firma Galika, Exporte zu verschleiern. Sie sollen Russlands Rüstung dienen. Die Schweizer Behörden begehen vor Gericht aber mehrere Verfahrensfehler.
06.02.2021, 10:39
Andreas Maurer / ch media
Mehr «Schweiz»

Die Galika AG hat ihren Hauptsitz im Gewerbegebiet von Volketswil ZH. Daneben liegen ein Dancing, ein Burger King und ein Gartenbaugeschäft. Galika wirtschaftet aber in einer ganz anderen Liga: Die Firma exportiert Werkzeugmaschinen nach Russland und Osteuropa.

In den Unterlagen, welche die Firma beim Staatssekretariat für Wirtschaft eingereicht hat, klingen die Geschäfte harmlos. Vor einem Jahr ersuchte sie um zwei Ausfuhrbewilligungen nach Russland: für eine Fräsmaschine und für einen Langdrehautomaten. Damit sollen angeblich Teile von medizinischen Geräten hergestellt werden.

Das Staatssekretariat holte eine Stellungnahme des Nachrichtendienstes des Bundes ein. Dieser riet von einer Genehmigung ab. Er geht davon aus, dass die Unterlagen der russischen Empfängerfirma gefälscht seien. Die Geräte seien nämlich sehr wahrscheinlich nicht für medizinische, sondern für militärische Geräte bestimmt.

Gemäss der Analyse des Nachrichtendienstes habe die russische Firma keine neuen medizinischen Geräte entwickelt. Sie betreibe stattdessen hauptsächlich Rüstungsproduktion. Konkret stelle sie Sensoren für das wichtigste Kampfflugzeugprojekt Russlands her. All dies werde in den Unterlagen verschwiegen.

Die russische Produktion von Kampfjets soll stocken

Der Nachrichtendienst vermutet, dass die Russen Probleme bei der Herstellung von Komponenten ihrer neuen Kampfjets haben. Dafür seien sie nun auf neue Produktionsmaschinen angewiesen.

Die Firma Galika widersprach in einer Stellungnahme gegenüber dem Staatssekretariat. Ihre russische Geschäftspartnerin betreibe neben der Rüstungsfabrik eine separate Produktionshalle für medizinische Geräte. Der Grund für diese Trennung sei, dass Russland ausgesuchten Betrieben zweckgebundene Subventionen zahle für die Herstellung medizinischer Geräte.

Nach diesem Schriftenwechsel reichte Galika ein drittes Gesuch ein. Eine Fräsmaschine des gleichen Typs will sie nun an ein anderes russisches Unternehmen zu einem anderen Zweck liefern. Und zwar an eine Spielzeugfirma für die Produktion von Folienballons.

Das Schweizer Kampfflugzeug-Projekt P-16

1 / 7
Das Schweizer Kampfflugzeug-Projekt P-16
Der erste Prototyp des Schweizer Kampfjets P-16 absolvierte im April 1955 seinen Erstflug. Das Erdkampfflugzeug wurde von den
Flug- und Fahrzeugwerken Altenrhein entwickelt. (bild: wikimedia/kobel)
quelle: wikimedia/kobel
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Auch diesmal schöpfte der Nachrichtendienst des Bundes Verdacht. Er geht davon aus, dass die Fräsmaschine nun einfach über einen Umweg an die ursprüngliche Firma geliefert werden solle. Diverse Angaben im Vertrag, im Handelsregister und auf der Website würden nicht zueinander passen.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft lehnte alle drei Gesuche ab. Es stützte sich dabei auf die internationalen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts. Zudem berief es sich auf das Güterkon­trollgesetz. Es teilte die Einschätzung, dass die Maschinen für russische Waffensysteme bestimmt seien. Die Medizinaltechnik diene nur als Vorwand, um die Exporte zu verschleiern.

Behörden scheitern an Verfahrensfehler

Galika focht diese Entscheide vor dem Bundesverwaltungsgericht an. Sie warf den Schweizer Behörden Willkür vor. Die Firma habe früher schon viele Hightechgeräte an dieselbe russische Firma geliefert. Diese seien vom Staatssekretariat für Wirtschaft bewilligt oder zumindest nicht beanstandet worden. Der Nachrichtendienst des Bundes bringe lediglich Vermutungen vor. Beweise gebe es nicht. Zudem rügt die Firma diverse formelle Fehler.

Mit Urteil vom 11. Januar 2021 erhält die Firma nun teilweise Recht. Das Staatssekretariat für Wirtschaft habe das rechtliche Gehör der Firma verletzt, da diese nicht zu allen Berichten des Nachrichtendienstes Stellung beziehen konnte. Zudem habe das Staatssekretariat einfach die Angaben des Nachrichtendienstes übernommen, ohne die weiteren Argumente der Firma abzuklären.

Das Staatssekretariat muss die Geschäfte nun also nochmals prüfen und neu entscheiden. Danach könnte es aber zum selben Resultat kommen. Das Gericht hält nämlich fest, dass es bei Exporten für zivil-militärische Mischbetriebe regelmässig nicht möglich sei, den Zweck zu beweisen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit müsse genügen.

Daniel Buff, Verwaltungsratspräsident von Galika, will auf Anfrage zum laufenden Verfahren keine Stellung nehmen. Er merkt aber an, dass es seiner Firma darum gehe, eine inkonsistente Bewilligungspraxis des Staatssekretariats zu verhindern. Dies sei im Interesse der ganzen Schweizer Industrie.

Galika war schon 2019 in den Schlagzeilen. Damals berichteten die Tamedia-Zeitungen über Rüstungsgeschäfte nach Venezuela – via Russland.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Russland soll Wale als Waffe benutzen
1 / 8
Russland soll Wale als Waffe benutzen
Eine Unterwasseraufnahme des Wals: Dieser Beluga-Wal könnte als Geheimwaffe von Russland eingesetzt werden. An dem Geschirr sind vermutlich Waffen oder eine Kamera angebracht worden.
quelle: ap/norwegian direcorate of fisheries sea surveillance unit / joergen ree wiig
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Sibirien: So sieht es aus, wenn die Temperatur unter -35 Grad sinkt
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
54 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
*Diesisteinzensurportal*
06.02.2021 10:48registriert Oktober 2018
Wie sieht es hier eigentlich mit dem Neutralitätsprinzip aus? Dem bösen Russen darf man nicht einmal eine Maschine liefern, anderen Ländern kann man aber sogar problemlos Rüstungsgüter verkaufen?
28196
Melden
Zum Kommentar
avatar
RicoH
06.02.2021 10:53registriert Mai 2019
"Er merkt aber an, dass es seiner Firma darum gehe, eine inkonsistente Bewilligungspraxis des Staatssekretariats zu verhindern. Dies sei im Interesse der ganzen Schweizer Industrie."

Solange die Schweizer Industrie die eventuell wahren Einsatzbereiche verschleiert, hat die Schweizer Industrie kein Anrecht auf eine konsistente Bewilligungspraxis.
12943
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bruno Meier (1)
06.02.2021 13:54registriert Juni 2018
Nur eine Frage. Kennt jemand Sensoren für ein Flugzeug, welche zur Herstellung einen Langdrehautomaten brauchen?
Einen Langdrehautomaten brauche ich, um sehr lange Teile, mechanisch bearbeiten zu können. Für elektronische Sensoren, welche gemäss Nachrichtendienst von dieser Firma hergestellt werden, brauche ich so etwas kaum.
Abgesehen davon, dürfte man nicht einmal mehr einen Schraubenzieher nach Russland liefern, der könnte noch viel eher für die Kriegsmaterialproduktion verwendet werden.

Wir haben Probleme!
10736
Melden
Zum Kommentar
54
Koch packt aus: «Keiner meiner Freunde aus der Berufsschule arbeitet noch auf dem Beruf»

Der Stress begann bereits in meiner ersten Arbeitswoche: Ich musste während sechs Tagen 60 Stunden arbeiten. Damals war ich 15 Jahre alt. Aber ich muss sagen, irgendwie fand ich es cool. Es war alles so aufregend – eine neue, absurde Welt. Obwohl ich so viel arbeiten musste, machte es mich glücklich. Zunächst.

Zur Story