Marco wer? Zumindest in der Deutschschweiz hat man SVP-Präsident Marco Chiesa bislang kaum wahrgenommen. Dies obschon er seit August im Amt ist. Das soll sich ändern. Dementsprechend gilt es für den Tessiner, bei seiner Premiere die «Arena»-Tauglichkeit zu beweisen.
Für die SVP ist die erste Sendung im neuen Jahr gleich eine doppelte Feuertaufe. Neben Chiesa hat Guy Parmelin als Bundespräsident seinen ersten grossen Auftritt. Dies in einer zweigeteilten Sendung, die sich zuerst um Trump und dann erneut um die Corona-Krise dreht.
Die SVP-Expontenen diskutieren mit Petra Gössi (FDP), Cédric Wermuth (SP) und Gerhard Pfister (CVP) .
Gleich zu Beginn erteilt SP-Co-Präsident Wermuth Marco Chiesa Anschauungsunterricht, wie man pfefferscharfe Voten austeilt. «Die Trump-Fanatiker, welche das Capitol gestürmt haben, sind rechtsextreme Terroristen. Und sonst gar nichts. Sie versuchen, die liberalen Werte einer Demokratie niederzureissen», poltert der wortgewandte Aargauer.
«Blocher war Trump vor Trump»: Der frühere Trump-Einflüsterer Steve Bannon hatte bei einer Visite in der Schweiz einst den SVP-Übervater in höchsten Tönen gelobt. «Was Trump macht, hat also die SVP erfunden?», wirft SRF-Moderator Sandro Brotz ein. Chiesa lässt sich durch die Provokation nicht aus der Ruhe bringen. Die SVP habe im Gegensatz zu Trump immer mit allen Parteien zusammengearbeitet. «Ich bin kein Fan von Trump», betont der SVP-Chef. Man könne Republikaner sein und die Demokratie respektieren. Trump habe unnötig Öl ins Feuer gegossen. «Ein Präsident muss Brücken bauen.» Man könne aber nicht sagen, dass alle Trump-Wähler Terroristen seien. «Diese 75 Millionen Menschen sind Amerikaner und wollten eine Politik, wie sie Trump gemacht hat.»
Wie viel Trumpismus steckt aber in der SVP? «Für mich bedeutet Populismus, auf die Bedürfnisse der Leute zu hören», sagt der Tessiner, der in seiner «Arena»-Premiere einen gesittet-braven und umgänglichen Eindruck hinterlässt. Immerhin habe Trump Arbeitsplätze geschaffen, keinen Krieg angefangen und China die Stirn geboten. Verbale Zweihänder à la Trump-Bewunderer Roger Köppel packt Chiesa nicht aus. Seine Deutsch-Defizite kann er (noch) nicht verbergen und hindern ihn wohl, richtig anzugreifen.
SVP-Bundespräsident Guy Parmelin versucht, so staatsmännisch, besonnen und ruhig wie möglich zu wirken. Was ihm ganz gut gelingt. «Die Ereignisse im Kapitol waren für mich und den Bundesrat ein Schock.» Er habe selbst Familie in den USA und habe so etwas nie für möglich gehalten. Es wäre schlimm für die ganze Welt, wenn diese Instabilität länger andauere, so der Romand.
Wie steht es wirklich um die USA? SRF-Korrespondent Thomas von Grünigen, der live zugeschaltet wird, ist tief besorgt über die Zukunft der Vereinigten Staaten. «Ich bin schon schockiert, wie viele Leute sich in den USA ihre eigene Realität basteln.» Besonders auf dem Land sei der insbesondere von FoxNews verbreitete Hass allgegenwärtig. «Wie will man so ein Land wieder zusammenführen?», so der SRF-Mann.
Trump hat die Wut der Amerikaner jahrelang befeuert. Droht nun auch der Schweiz eine Trumpisierung? FDP-Präsidentin Petra Gössi mahnt derweil an, dass man auch in der Schweiz zur politischen Kultur Sorge tragen müsse. Die Polarisierung führe zusehends zur Spaltung der Gesellschaft. «Demokratie hat nur eine Chance, wenn man Respekt voreinander hat.»
Der Anstand geht aber auch in der Schweiz verloren. CVP-Präsident Gerhard Pfister sagt, die Debattenkultur habe sich zwar bei den Parlamentssessionen in all den Jahren kaum verändert. «Anders ist es auf Social Media. Dort verrohen die politischen Sitten auch unter Politikern zusehends.»
Twitter löschte kurz nach der Sendung den Twitter-Account von Trump. Zeit für einen Themawechsel also.
Corona bleibt in der «Arena» ein Dauerbrenner. SVP-Präsident Chiesa, der früher ein Altersheim leitete, greift im zweiten Teil der Sendung den Bundesrat frontal an. Und damit auch SVP-Bundespräsident Guy Parmelin.
«Ich bin sehr enttäuscht vom Bundesrat. Warum gibt es immer noch kein Schutzkonzept für Altersheime. Man hat diese Leute völlig vergessen. Ich habe nie vom Bundesrat etwas dazu gehört», sagt er und blickt Richtung Parmelin. Und fügt an, dass ein Bundesrat (er meint Berset, die Red.) verantwortlich sei. Parmelin scheint etwas verdutzt über die Attacke. «Wir sind ein Team im Bundesrat», verteidigt Parmelin seinen Regierungskollegen. Die Corona-Krise sei etwas ganz Neues. Nicht nur für die Schweiz, sondern für die ganze Welt.
Parmelin gibt in der «Arena» auch einen seltenen Einblick, wie die Debatten im Bundesrat ablaufen. «Wir diskutieren manchmal drei Stunden über eine einzelne Corona-Massnahme», so der Wirtschaftsminister.
Besonders zu reden gibt derzeit die fehlende Entschädigung der Gastrobetriebe. Viele Wirtinnen und Wirte stehen wegen der Zwangsschliessung vor dem Ruin. Parmelin sagt, dass er am Freitag eine Telefonkonferenz mit den Kantonen und Finanzminister Ueli Maurer geführt habe. «Nächsten Mittwoch kommt eine neues System für Härtefälle», kündigt der Wirtschaftsminister an. Er verstehe la colère (die Wut), so Parmelin, der oft lange nach den richtigen deutschen Worten suchen muss und Prügel von allen Seiten kassiert.
FDP-Gössi hat die Nase voll. «So geht das nicht. Es funktioniert nicht. Das Geld muss jetzt endlich in die Gastronomie fliessen.» Das Parlament habe schliesslich 2,5 Milliarden Franken für Härtefälle bewilligt, geflossen seien aber erst zehn Millionen Franken.
«Arena»-Zuschauer Albin Battesta ist darüber erzürnt. «In der Gastronomie gehen viele Leute kaputt. Können vor lauter Kummer in der Nacht nicht mehr schlafen, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.» Die Schweiz werde durch die Corona-Massnahmen gespaltet. «Bald stehen die Leute vor dem Bundeshaus!»
«Wir sind das reichste Land der Welt.» Unternehmen wüssten immer noch nicht, wie diese Hilfeleistungen aussehen. «Das ist eine absolute Fehlleistung des Bundesrats», sagt SP-Wermuth.
CVP-Präsident Pfister gibt sich derweil ganz staatstragend. Man müsse eine Lanze über dem Bundesrat brechen. «Es bringt nichts, wenn man dauernd den Bundesrat kritisiert. Wir sind alle in einem Lernprozess.»
Die bürgerlichen Parteien versenkten das Hilfspaket (Mietreduktionen, etc.) im Parlament.
Gleiches gilt wegen den Konzepten, ob nun für Altersheime oder andere. Wer verlangte die Hoheit für Massnahmen zurück? Wer hat wegen dem Föderalismus sich gegen Massnahmen des Bundes ausgesprochen?
Es waren die bürgerlichen Handlanger der Lobbyisten im Parlament!
Was sich bewiesen hat: Im Krisenfall, wie er durch die der Pandemie entstanden ist, taugt unser föderalistisches System nicht!