Frau Carcagni, ich arbeite wie viele andere auch Corona-bedingt seit März im Homeoffice. Kann ich meinem Arbeitgeber nun einen Teil meiner Wohnungsmiete in Rechnung stellen?
Romina Carcagni: Das ist nicht ganz klar, auch nicht mit dem Bundesgerichtsurteil vom letzten Jahr. Denn der besagte Fall, der in den letzten Tagen in den Medien diskutiert wurde, unterscheidet sich stark von der jetzigen Corona-Situation.
Inwiefern?
Es ging damals um einen Arbeitnehmer, der über gar keinen Arbeitsplatz im Unternehmen verfügte. Es war von Anfang an klar, dass er nur von zuhause aus arbeiten wird, und das war nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft. Heute ist es aber so, dass das «Corona-Homeoffice» neben dem Arbeitsplatz im Betrieb besteht. Zudem stellen es viele Arbeitgeber den Angestellten frei, ob sie in ihren eigenen vier Wänden oder am Arbeitsplatz im Büro arbeiten wollen.
Empfiehlt der Bundesrat nicht allen, die Homeoffice machen können, dies auch zu tun?
Es gibt eine offizielle Empfehlung des Bundesamtes für Gesundheit, ja. In der Notverordnung des Bundesrates gibt es jedoch keinen Homeoffice-Zwang. Lediglich besonders gefährdete Personen können unter Umständen einen Anspruch auf Homeoffice geltend machen.
Trotzdem gibt es Arbeitgeber, die vorübergehend eine Homeoffice-Pflicht eingeführt haben.
Das stimmt. In solchen Fällen ist es sicher vertretbar, über eine Entschädigung für den Arbeitnehmer zu sprechen.
Was müsste man tun, um eine solche Entschädigung zu erhalten?
Man sollte in einem ersten Schritt das Gespräch mit den Vorgesetzten suchen. Ich wäre allerdings vorsichtig mit der Forderung eines bestimmten Betrags. Man kann das Anliegen beim Chef platzieren, und dann warten, was zurückkommt.
Die Erfolgsaussichten dürften wahrscheinlich nicht sehr rosig sein.
Doch, Erfolgsaussichten bestehen durchaus. Bezahlt der Arbeitgeber bis jetzt keinerlei Entschädigung fürs Homeoffice, verlangt aber, dass die Angestellten von zuhause aus arbeiten, dann stehen die Chancen gut. Dem Arbeitnehmer wird schliesslich einiges abverlangt.
Kann ich auch einen richtigen Schreibtisch und einen Bürostuhl vom Chef fordern?
Das hängt von den Umständen ab. Wird längerfristig im Homeoffice gearbeitet, muss vermehrt darauf geachtet werden, dass der private Arbeitsplatz ergonomisch eingerichtet ist. Hier ist aber auch Eigenverantwortung der Angestellten gefragt, denn der Arbeitgeber kann ja keine Kontrollen bei Ihnen zuhause durchführen. Wenn neues Mobiliar angeschafft werden muss, weil der private Arbeitsplatz – vor allem bei intensiver und längerfristiger Nutzung – nicht den Gesundheitsvorschriften entspricht, sollte sich der Arbeitgeber an den Kosten beteiligen. Trotzdem: Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, jedem ein ideales Büro bereitzustellen.
Nichtsdestotrotz sagen Sie, dass die Chancen auf Mietentschädigung gut stehen. Von welchen Beträgen sprechen wir hier?
Von sehr bescheidenen. Im Bundesgerichtsentscheid vom letzten Jahr musste der Arbeitgeber 150 Franken monatliche Entschädigung bezahlen. Wie die Gerichte allerdings zu diesem geschätzten Betrag gekommen sind, bleibt unklar. Ich würde also davon abraten, ein sonst gutes Verhältnis zum Arbeitgeber aufgrund dieser doch eher kleinen Summe aufs Spiel zu setzen.
Es droht nun also keine Klagewelle in der Schweiz.
Wahrscheinlich nicht, nein.
Ändert sich mit diesem Gerichtsentscheid etwas für die gross vorausgesagte Zukunft des Homeoffice?
Der Entscheid und die Diskussionen dazu bewirken sicher ein höheres Bewusstsein für die rechtlichen Fragen rund um das Homeoffice. Viele Arbeitgeber sehen, dass Klärungsbedarf besteht, und führen neue Regelungen ein. Zu bedenken ist allerdings, dass wenn das Corona-bedingte Homeoffice vorbei ist und Arbeitnehmer, die im Betrieb einen Arbeitsplatz haben, aus eigenem Wunsch im Homeoffice arbeiten, auch der Anspruch auf Mietentschädigung vom Tisch ist.
Bünzliger gehts ja nicht.. haha