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Klima

Bern: Klima-Aktivisten besetzen Bundesplatz und bauen Protestcamp auf

Klimastreiker auf dem Bundesplatz
Die Aktivisten bauen ein Zeltdorf vor dem Bundesplatz auf. Bild: watson/amü

Klima-Aktivisten besetzen Bundesplatz ++ Stadt will Protestcamp vorerst nicht räumen

In den frühen Morgenstunden sind hunderte Personen mit Sack und Pack auf den Bundesplatz geströmt. Nun bauen sie ein illegales Zeltcamp auf, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu protestieren. Eine Räumung kommt für den Berner Stadtpräsidenten noch nicht infrage.
21.09.2020, 04:5721.09.2020, 10:20
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Achtung, fertig, los: Um 4.40 Uhr strömen rund 200 Aktivistinnen und Aktivisten von allen Seiten auf den Bundesplatz. Die Klimabewegung geht auf Konfrontationskurs.

«We want Climate Justice, now», skandieren sie. Dann legen sie sich mit ihren Schlafsäcken und Rucksäcken in einer Menschenkette auf den Boden und besetzen das politische Zentrum der Schweiz.

Es geht Schlag auf Schlag. Lieferwagen und Traktoren mit Bootsanhängern fahren vor. Innert Minuten wird das Material für eine ganze Zeltstadt vor dem Bundeshaus abgestellt. Die in den letzten Wochen akribisch vorbereitete Aktion nimmt Fahrt auf. Sofort beginnen die Klimaschützer auf dem Bundesplatz, massive Installationen, Zelte, Konzertbühnen, WCs und sogar Küchen aufzustellen.

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Klimabewegung besetzt Bundesplatz
Hunderte Klimaaktivisten haben am frühen Montagmorgen den Bundesplatz besetzt.
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«Wir sind gekommen, um uns hier länger einzurichten. Es ist ein wahnsinnig tolles Gefühl. Wir rufen alle Leute dazu auf, sich uns anzuschliessen», sagt die Klimaaktivistin Hanna Fischer (19) zu watson.

Stadt Bern will (noch) keine Räumung des Camps

Die Polizei ist zwar präsent, schreitet aber nicht ein. Die Berner Stadtregierung muss sich nun den Kopf zerbrechen, wie sie mit der illegalen Zeltstadt vor dem Bundeshaus umgehen will. Umso mehr, weil diese Woche die Session im Bundeshaus stattfindet.

«Die Aktivisten zeigen sich kooperativ. Das ist eine gute Voraussetzung, damit es nicht gleich geräumt werden muss.»
Alec von Graffenried, Stadtpräsident

Wie lange schaut die Stadt Bern zu? In einer ersten Stellungnahme sagt dazu der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried zu SRF: «Die Aktivisten zeigen sich kooperativ. Wir verhandeln jetzt. Das ist eine gute Voraussetzung, damit es nicht gleich geräumt werden muss.»

Das sagt Klimaaktivistin Hanna:

Video: watson/amü
«Der Bundesplatz steht symbolisch für die Zerstörung durch die Klimakrise.»

Das kümmert Hanna vorerst nicht. «Wir wollen, dass die Leute und vor allem die Politik und Wirtschaft endlich aufwachen und anerkennen, wie schlimm die Klima-Krise ist», sagt die Medizinstudentin weiter, bevor sie das nächste Zelt aufstellt. Sie hatte die Nacht mit Dutzenden anderen Umweltschützern in einer Berner Kirche verbracht. Punkt vier Uhr kam das Kommando, mit der Aktion zu starten. Im Eilschritt zogen dann die Klimaschützer durch die Stadt Richtung Bundeshaus.

Die Aktion begann vor der französischen Kirche, wo die Aktivisten übernachtet hatten.
Die Aktion begann vor der französischen Kirche, wo die Aktivisten übernachtet hatten. bild: watson

Camp als Zentrum der Aktionswoche

In einer Mitteilung schreibt der Klimastreik: «Der Bundesplatz steht symbolisch für die Zerstörung durch die Klimakrise.» Das Parlament und der Bundesrat hätten der Flugbranche fast zwei Milliarden Franken gegeben und die Schweizerische Nationalbank sowie die Credit Suisse investierten weiterhin Milliarden in die Förderung fossiler Brennstoffe, kritisierten sie.

«Der Klimabewegung ist ein Coup gelungen.»
Mark Balsiger, Kampagnenexperte

Die Aktion sorgt landesweit für Aufsehen. «Mit der Besetzung des Bundesplatzes ist der Klimabewegung ein Coup gelungen. Sie ist zurück in den Schlagzeilen», sagt der Berner Kampagnenexperte Mark Balsiger.

Die Aktivisten bauen ein Zeltdorf auf dem Bundesplatz auf.
Die Aktivisten bauen ein Zeltdorf auf dem Bundesplatz auf. bild: watson

Unter dem Motto «Rise up for Change» machen die Klima-Aktivisten diese Woche mobil. Weil die Klimademos aus ihrer Sicht zuletzt kaum mehr Wirkung erzielt haben, wollen sie nun auf zivilen Ungehorsam setzen. Bis zum 25. September kündigten die Aktivisten weitere Aktionen gegen die institutionelle Politik, die Wirtschaftselite und den Finanzplatz an.

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Klimabewegung ruft zu zivilem Ungehorsam auf
Video: watson
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433 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel Jenni
21.09.2020 06:52registriert September 2020
Wieso fühlen sich so viele Leute durch die KlimaaktivistInnen angegriffen? Sie demonstrieren friedlich, genau so gehört sich das in einer Demokratie. Meinungsfreiheit für alle, nicht nur für Maskenschwurbler. Bringt ihnen Kaffee!
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Qubit
21.09.2020 05:35registriert April 2019
Perspektivenwechsel:
Ihr kommt kurz mit zu meinem Heimatplaneten (den ich nicht preisgebe...) und wir checken kurz eurer mega seltenes, kostbares Raumschiff Erde durch.

Der freundliche Techniker meines Vertrauens sagt euch:

Riesiger Oelschaden, defekte Klimaanlage, massiv zu viele Passagiere (die grosse Mehrheit leidet, wenige nehmen sich alles), fast leere Tanks,... die Liste ist laaang!

Wenn wir nicht ein paar Gänge runterschalten, wird es kritisch. Hier draussen rettet uns niemand - kein TCS, nichts.

Ohne Erde ist doof.
Und Tatooine ist 🥵

Danke Klimaaktivisten für euer Engagement👍
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Max Dick
21.09.2020 08:19registriert Januar 2017
Was mir in der Kommentarspalte so auffällt: Es herrscht der Tenor, dass die Politiker schuld sind, dass nichts geht in Sachen Klimapolitik. Nur hatten wir - seit ich denken kann - regelmässig Abstimmungen, welche eine CO2 Reduktion zum Ziel hatten - und die dann abgelehnt wurden. Teils Initiativen, teils aber auch Vorlagen von eben jenen Politikern, die angeblich nichts tun.

Das Problem ist hierzulande also mehr der Stimmbürger.
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