Deutlich wurde Bundesrat Ueli Maurer schon an der Online-Delegiertenversammlung der SVP vom 24. Oktober. «Die Initianten der Konzerninitiative (KVI) sagen: «Wir sind moralisch die besseren Leute als der Rest der Welt. Wir wollen überall vorschreiben, dass unser Recht gilt.»
Deutlich war Ueli Maurer auch an der Corona-Medienkonferenz des Bundesrats vom 4. November. Im gemeinsamen Auftritt mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Bundesrätin Viola Amherd sprach er eigentlich über die Regelung der Härtefälle in der Coronakrise. Er betonte aber gleichzeitig: In dieser wirtschaftlichen Krise könne sich die Schweiz ein Ja zur Konzern-Initiative schlicht nicht leisten.
Selten hat ein Bundesrat dermassen stark Stimmung gemacht gegen eine Initiative, die nicht in seinem Departement angesiedelt ist wie Ueli Maurer gegen die Konzernverantwortungsinitiative.
Am 9. November trat er sogar in einem Video auf für das Komitee «Nein zur extremen UVI». Die Konzernverantwortungsinitiative möge vielleicht «gut gemeint sein», sagt er da. «Aber in diesem Fall ist gut gemeint mit Sicherheit das Gegenteil von gut!»
"Die #UVI mag vielleicht gut gemeint sein, aber in diesem Fall ist gut gemeint mit Sicherheit das Gegenteil von gut!"
Bundesrat Ueli Maurer nimmt deutlich Stellung gegen die extreme Initiative. Lesen Sie hier, warum Bundesrat und Parlament NEIN sagen:https://t.co/Dmp3WQ9GIM pic.twitter.com/eu3dmbXjCf
Leere Versprechen Nein (@LeereNein) November 9, 2020
Nur einen Tage später, am Dienstagabend, liess sich Maurer für die neuste Ausgabe von «SVP bi de Lüüt» von SVP-Kommunikationschefin Andrea Sommer interviewen - zur KVI und zur Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten».
SVP-Mitglieder konnten dem Bundesrat dabei Fragen stellen. Für die Gegner der Initiative war das ein zentraler Auftritt. Die SVP-Basis sagt gemäss SRG-Umfrage vom 23. Oktober zu 39 Prozent Ja oder eher Ja zur Konzerninitiative. Damit ist der Ja-Anteil bei der SVP sogar höher als bei der FDP (32 Prozent). Vor allem ist er deutlich zu hoch, um die Initiative zu Fall zu bringen.
In seinem Auftritt bei «SVP bi de Lüt» online fokussierte Bundesrat Maurer auf die Rolle, in welche die Initiative die Schweiz seiner Ansicht nach zwängt: «Die Schweiz wird sozusagen zum Weltpolizisten.»
Die Initiative wolle, dass Schweizer Recht auf der ganzen Welt angewendet werde, betonte Maurer. «Mit dieser Initiative sagen wir: Wir sind moralisch die Besten, wissen weltweit, wie es geht. Alle anderen sind ein bisschen schlechter. Es passt doch nicht zur Schweiz, dass wir auf der ganzen Welt moralisieren.» Die Entwicklungsländer hätten andere Kulturen, eine andere Geschichte und andere Voraussetzungen als die Schweiz.
Und dann redete sich Maurer fast ein wenig in Rage: «Bei der Arroganz, die hinter dieser Initiative steckt, wird mir fast schlecht.» Sie passe überhaupt nicht zur Schweiz und zu ihrem Rechtsverständnis.
Die Schweiz stehe eigentlich für Sicherheit, gerade auch in der Beziehung mit anderen Ländern: Sie investiere, helfe, biete anständige Preise, sei ein verlässlicher Partner. Würde die Konzerninitiative angenommen, schaffe dies aber «sicher kein Vertrauen», sagte Maurer. «Es gäbe ganz viele Unsicherheiten, auch in der Beziehung zu anderen Ländern und Firmen. Die Schweiz gäbe ein schlechtes Bild ab.»
Ueli Maurer bezeichnete die KVI als «Juristenfutter». Bei einem Ja müsse die Schweiz mit Klagen rechnen. «Die Initiative wurde von Nichtregierungsorganisationen (NGO) eingereicht», hielt er fest. «Sie haben nicht nur in der Schweiz Sitz, sondern auf der ganzen Welt. Sie werden mit Sicherheit versuchen, auf der ganzen Welt gegen die Schweiz zu klagen.»
Die Schweiz werde damit zu einer Art «Probe-Objekt». Wenn es möglich sei, gegen Schweizer Konzerne zu klagen, sei das auch möglich gegen alle anderen Konzerne. Maurer: «Es kommt zu einer Klageflut, die Schweiz wird missbraucht als negatives Vorbild - und die Situation vor Ort verbessert sich trotzdem nicht.»
Die Klagen dürften dazu führen, dass sich viele Unternehmen die Frage stellten, ob sie in den nächsten fünf, zehn oder 20 Jahren noch in der Schweiz investieren sollen, betonte Maurer. Und viele Firmen kämen nicht mehr in die Schweiz. «Die Initiative betrifft den Unternehmensstandort Schweiz ganz zentral.»
Dasselbe drohe auch den Entwicklungsländern. Müssten die Konzerne überall mit Klagen rechnen, würden sie diese Länder meiden. «Wir wollen faire Bedingungen», betonte Maurer. «Aber man kann nicht die Massstäbe der reichen, geordneten Schweiz auf sie übertragen.» Sonst drohe die Gefahr, dass die Bevölkerung Arbeit und Einkommen verliere. «Gerade die Ärmsten haben dann kein Einkommen mehr.»
Im Gespräch stellte sich Ueli Maurer auch klar gegen die Kriegsmaterial-Initiative. Dahinter steckten falsche Überlegungen, sagte der Finanzminister. «Man muss sich fragen, wofür sind Waffen da?» Alle stürzten sich auf die Aussage, dass Waffen zum Töten existierten.
«Waffen haben aber eine ganz andere Bedeutung», betonte Maurer. «Waffen dienen zur Verteidigung der Schwächeren in der Gesellschaft. In einem Kriegsfall müssen jene geschützt werden, die sich nicht selber wehren können: Junge, Alte, Frauen. Eine Waffe ist nicht einfach per se etwas schlechtes.»
Die Initiative, die verbieten wolle, in Waffenfirmen zu investieren, ziele in die falsche Richtung. «Sie will sagen, was gut und was schlecht ist.» Unmoralisch sei aber nicht die Herstellung von Waffen. Unmoralisch sei, nicht mehr in Firmen zu investieren, die zur Verteidigung beitrügen.
Im Gespräch betonte Maurer die Gefahr von Konzern-und Kriegsmaterial-Initiative in Zeiten der Coronakrise. «Ausgerechnet in dieser Situation, in der wir Wirtschaft, Arbeitsplätze und Sozialwerke erhalten müssen, kommen so saublöde Initiativen, welche die Krise zusätzlich verschärfen», sagte er. «Das ist unüberlegt. Da ist das Brett unmittelbar vor dem Kopf. Der Augenabstand ist gleich null - wenn man diese Initiativen unterstützt.»
In der Fragerunde von «SVP bi de Lüt» wollte ein Zuschauer wissen, weshalb die SVP keine Corona-Oppositionspolitik mache. Das mache keinen Sinn, betonte Maurer. «Es gibt eine hohe Ansteckungsgefahr, die Leute haben Angst. Abstand ist wichtig.»
Maurer kritisierte zwar die Expertengläubigkeit von Medien und Politik. Und es helfe nicht, wenn die «Tagesschau» von SRF jeden Tag die neusten Infektionszahlen zeige - «wie den Wetterbericht». Gleichzeitig fand Maurer ein Lob für den Bundesrat. «Wir müssen nicht in Opposition gehen zum Bundesrat», sagte er. «Die Stossrichtung seiner Massnahmen ist gut. » (aargauerzeitung.ch)
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