Die Vorlage kommt nur schleppend voran, dabei ist sich die bürgerliche Mehrheit in der Wirtschaftskommission von National- und Ständerat schon lange einig: Die Arbeitszeiten sollen flexibilisiert werden, damit die «Büez» dann erledigt werden kann, wenn sie anfällt.
Die federführende ständerätliche Kommission schlägt deshalb vor, die maximale Wochenarbeitszeit von 45 Stunden durch eine Jahresarbeitszeit zu ersetzen. Der wöchentliche Wert würde bei 67 Stunden gedeckelt, das Sonntagsarbeitsverbot würde aufgeweicht.
Am Ende des Jahres sollen nicht mehr Arbeitsstunden geleistet worden sein. Gelten würden die Flexibilisierungen für Vorgesetzte und Fachspezialisten mit einem Jahreslohn ab 120'000 Franken oder Personen mit Hochschulabschluss.
In einer Woche beugt sich die ständerätliche Wirtschaftskommission ein nächstes Mal über die Vorlage, die auf einer parlamentarischen Initiative des unterdessen zurückgetretenen Ständerats Konrad Graber (CVP, LU) fusst. Die Bürgerlichen Kräfte verfügen nach wie vor über eine Mehrheit.
Umstritten war bis anhin, wie vielen Angestellten es neu gestattet wäre, ein paar Extra- Abendschichten einzulegen. Der Bundesrat schätzte die Zahl auf 30, die Wirtschaftskommission sprach von 13 bis 19 Prozent.
Jetzt liegen aktuelle Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zuhanden der Kommission vor. Demnach wäre fast jeder vierte Angestellte von den neuen Regeln betroffen, für den das Arbeitsgesetz gilt. Das entspricht 670'000 Personen oder 23 Prozent. Das Seco stützte sich bei seiner Berechnung auf Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung. Auf einen etwas tieferen Wert (19,6 Prozent) kommt das Forschungsinstitut Sotomo. Es fasste den Begriff «Fachspezialist» weniger weit als das Seco.
Die Sotomo-Untersuchung legt den Schluss nahe, dass das geplante Gesetz in Zukunft für mehr Angestellte gelten könnte. Derzeit würden ein Drittel mit Hochschulabschluss davon erfasst. Gemäss Szenarien des Bundesamtes für Statistik wird aber der Anteil der Hochschulabgänger steigen.
Mit 43 Prozent am meisten potenziell Betroffene sind in der Informations- und Kommunikationsbranche angestellt. Bei Banken und Versicherungen dürften 28 Prozent flexibler arbeiten. Im Bau und in der Gastronomie wären relativ wenig Angestellte betroffen. «Dies macht deutlich, dass sich die angestrebte Revision auf jene Bereiche der Wirtschaft konzentriert, die aus Sicht der Initiatoren im Fokus stehen», schreiben die Studienautoren.
Die politischen Fronten verlaufen entlang dem klassischen Rechts-links-Schema: Bürgerliche Parteien und die Wirtschaftsverbände plädieren für eine Flexibilisierung, linke Parteien und Gewerkschaftskreise opponieren heftig.
«Die Liberalisierung provoziert mehr Stress, mehr Burn-outs, führt direkt in den gesundheitlichen Ruin», sagte etwa Luca Cirigliano, Generalsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, bereits im vergangenen Jahr. Der Arbeitgeberverband kann derweil den gewerkschaftlichen «Alarmismus» nicht nachvollziehen. Und Graber argumentierte, das Arbeitsgesetz werde der heutigen Dienstleistungsgesellschaft nicht mehr gerecht.
Die ständerätliche Wirtschaftskommission führt nächste Woche eine Anhörung mit externen Verbänden durch und dürfte dann entscheiden. Die Gewerkschaften wundern sich, dass dazu nicht mehr kritische Stimmen eingeladen sind. Keinen Liberalisierungsbedarf ortet übrigens der Bundesrat.
Sowieso sollten wir eher auf eine Arbeitszeitreduktion hin wirken und nicht auf solche feuchten Träume von Neoliberalen.