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Strafanzeige gegen Ex-SVP-Kandidatin wegen Holocaust-Verharmlosung

Strafanzeige gegen Ex-SVP-Kandidatin wegen Holocaust-Verharmlosung

Letzte Woche wurde die Teilnahme der Tessiner Kommunalpolitikerin Jessica Liliane Tami an einer faschistischen Gedenkfeier bekannt. Nun hat sie in einem Fernsehinterview den Holocaust verharmlost. Der Dachverband der jüdischen Gemeinden hat Strafanzeige eingereicht.
12.03.2021, 11:1713.03.2021, 10:03
Christoph Bernet / ch media
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Mit einem SS-Béret auf dem Kopf stand Liliane Jessica Tami im April 2016 auf dem Friedhof Cimitero Maggiore in Mailand. Sie hebt die rechte Hand zum römischen Gruss der italienischen Faschisten und ruft mehrere Male «Sieg Heil».

Liliane Jessica Tami auf einer faschistischen Gedenkfeier in Mailand (April 2016).
Liliane Jessica Tami auf einer faschistischen Gedenkfeier in Mailand (April 2016).

Das zeigen Videoaufnahmen der italienischen Zeitung «La Repubblica». Sie entstanden bei einer von Rechtsextremen organisierten Gedenkfeier. Dabei wurde gefallenen Soldaten des 1943 von den Nationalsozialisten in Norditalien installierten Marionettenstaates «Repubblica Sociale Italiana» und italienischen SS-Kämpfern gedacht.

Verstoss gegen Rassismusstrafnorm

Tami steht auf einer SVP-Liste für die Kommunalwahlen in der Gemeinde Capriasca. Nachdem der «Corriere del Ticino» über Tamis Teilnahme an der Gedenkfeier berichtet hatte, distanzierte sich die Partei von ihrer Kandidatin. Dabei hatte die Ortspartei von Capriasca von der Teilnahme in Kenntnis gehabt. Tami tritt nicht mehr unter dem Parteilogo oder gemeinsam mit anderen Parteimitgliedern im Wahlkampf auf, steht aber weiterhin zur Wahl.

Jetzt hat Tami eine Strafanzeige am Hals. Wie der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) am Freitag mitteilte, hat er Strafanzeige wegen Leugnung und gröblicher Verharmlosung der Schoah gemäss Rassismusstrafnorm eingereicht.

Auslöser für die Anzeige sind gemäss SIG «äusserst fragwürdigen und verstörenden Aussagen» Tamis in einem Gespräch mit der Tagesschau von Teleticino vom 3. März. Der Dachverband der jüdischen Gemeinden hat die Aufnahme in den letzten Tagen eingehend gesichtet.

Zahl der ermordeten Juden als «symbolisch» bezeichnet

Im Live-Interview sagte Tami unter anderem, dass «Hitler die Judenfrage sehr am Herzen gelegen hätte». Ausserdem stellt sie den Völkermord an den Juden als Folge kriegerischer Ereignisse dar. Die «Tragik der Konzentrationslager» sei «eine Frage des Krieges und des Aufeinandertreffens zweier ethnischer Gruppen auf gleichem Boden» gewesen.

Die Zahl von sechs Millionen im Holocaust ermordeter Juden stellt Tami als grundsätzlich überhöht dar und bezeichnet sie als lediglich «symbolische Zahl». Der Geschichtsunterricht zum zweiten Weltkrieg in den Schulen sei «durchdrungen von antinationalsozialistischen und antifaschistischen Idealen», weswegen «wir zwangsläufig nur die Siegerstimme hören».

Der SIG hat das zeigt sich in seiner Mitteilung schockiert darüber, «welcher Weltanschauung Liliane Tami offensichtlich anhängt». Mit seiner Strafanzeige verbindet der SIG die Hoffnung, «dass Tami von den Strafverfolgungsbehörden endlich zur Verantwortung gezogen wird». Dass sie weiterhin als Kandidatin in Capriasca zur Wahl steht und daran festhalte, sei «besorgniserregend, empörend und schamlos». (aargauerzeitung.ch)

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chancho
12.03.2021 21:18registriert Februar 2020
Solch verpeilte Individuen passen ja zu dieser Brut.
Kein Wunder hat diese Sekte ein Frauenproblem, denn für jede Frau mit einer einigermassen guten Kinderstube und einem moralischen Kompass ist so etwas unwählbar.
Darum bevorzuge ich bei Wahlen primär Frauen auf den Stimmzettel zu schreiben, bevor ein Zipfelträger in Frage kommt.
Da ist die Gefahr zu einem Fehlgriff geringer.
Strafanzeige gegen Ex-SVP-Kandidatin wegen Holocaust-Verharmlosung\nSolch verpeilte Individuen passen ja zu dieser Brut.
Kein Wunder hat diese Sekte ein Frauenproblem, denn für jede Frau mit einer ei ...
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f303
12.03.2021 11:44registriert Februar 2014
🤢 ... und auch erst distanzieren, wenn die Medien davon Wind bekommen. Mehr muss man zur SVP nicht wissen.
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RicoH
12.03.2021 11:52registriert Mai 2019
Solche PolitikerInnen dürfen nicht zu Wahlen, egal ob auf Gemeinde-, Kantons- oder Bundesebene, zugelassen werden. Punkt.
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