Uber geriet bereits mit seinem Fahrt-Vermittler-Dienst in die Kritik: Fehlende Sozialleistungen und tiefe Löhne sorgten für rote Köpfe. Jetzt erobert Uber mit dem Essens-Lieferdienst Uber Eats auch den Kurierservice.
Eine Mitarbeiterin der SRF-Sendung «Kassensturz» wagte daher ein Selbstexperiment: Sie versuchte sich eine Woche lang als Velo-Kurierin im Auftrag von Uber Eats. Ihre Erfahrungen decken sich mit den Vorwürfen, mit denen Uber seit jeher zu kämpfen hat.
Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse für Euch zusammengefasst.
Uber Eats verfolgt eine ähnliche Strategie wie ihr Mutterhaus Uber: Schnelles Wachstum dank tiefen Preisen und einfacher Handhabung für die Kunden, um die Konkurrenz anschliessend aus dem Rennen zu drängen. Aus diesem Grund will Uber Eats in grossen Städten wie Zürich rasch wachsen und sucht nach Liefer-Kurieren.
Auf ihrer Homepage klingt der Job sehr verlockend: «Kein Vorgesetzter. Flexibler Zeitplan. Schnelle Auszahlungen.» Mit diesen Punkten sollen potentielle Arbeitnehmer angelockt werden. Die Anmeldung läuft gemäss «Kassensturz» sehr einfach via App ab – man kann sogar den Termin für die sogenannte «Infosession» selbst bestimmen. Mitnehmen ans Gespräch soll man – falls vorhanden – einen Strafregisterauszug. Macht auch Sinn, schliesslich möchte niemand von einem Kriminellen das Essen an die Haustür geliefert kriegen.
Das Gespräch findet in einem Uber-Office an der Badenerstrasse in Zürich statt. Auffällig ist, dass neben der «Kassensturz»-Mitarbeiterin an diesem Tag nur Migranten für die Infosessions auftauchen.
Die Infosession macht ihrem Namen alle Ehre: Man wird während rund 30 Minuten über die Funktionsweise der App, die Einsatzgebiete und den Lohn informiert. Fragen zur Person, wie an einem Vorstellungsgespräch üblich, werden keine gestellt. Den Strafregisterauszug muss die SRF-Mitarbeiterin nicht zeigen.
Die Infosession verlässt man als neuer Mitarbeiter zuerst mal mit Schulden: 120 Franken für den Uber Eats Kurier-Rucksack. Der Umsatz der ersten paar Fahrten kommt folglich noch dem Unternehmen zu Gute. Beim tiefen Lohn sind das einige Fahrten, aber dazu später mehr.
In der Infosession wird der Frau vom SRF klar gemacht, dass sie selbständige Mitarbeiterin von Uber Eats sei – klar, das stand ja auch schon so auf deren Homepage. Doch genau hier liegt das Problem: Man kann als Uber Eats Angestellte nicht selbständig sein. «Weder die SUVA noch die AHV haben das bisher akzeptiert», wie es im Beitrag heisst.
Die Frage, ob man als Uber Eats Kurierfahrer selbständig oder angestellt ist, ist noch hängig vor Gericht – und somit noch nicht geklärt. Bei der Infosession wird über diesen rechtlichen Schwebezustand kein Wort verloren. Deshalb schlagen «die Gewerkschaften Alarm»: Die UNIA warnt beispielsweise, dass die Kuriere nicht unfallversichert sind. Ausserdem werden die AHV-Beiträge nicht korrekt abgerechnet und somit können Kuriere ihre Steuererklärung nicht korrekt ausfüllen.
Die Stadt Genf hat den Lieferservice aus diesem Grund verboten. Uber Eats wehrt sich gegen diesen Entscheid vor Gericht. Es stellt sich im Verfahren die Grundsatzfrage: Muss Uber die Kuriere anstellen und entsprechend Sozialleistungen bezahlen?
Das kalifornische Unternehmen Uber, zu dem auch der Lieferservice Uber Eats gehört, hat derzeit einen Börsenwert von 45 Milliarden und Wachstum wird rasant vorangetrieben. Dass die SRF-Mitarbeiterin nach drei Stunden rund 35 Franken verdient hat, zeigt, wie das Milliarden-Unternehmen vorzugehen scheint. Sie wälzen nicht nur das Unfallrisiko auf die Kuriere ab, sondern bezahlen ihnen tiefe Dumpinglöhne.
Im Gespräch mit anderen Uber Eats Kurieren wird schnell klar, was die Mehrheit dazu treibt, zu einem Stundenlohn von etwas mehr als 10 Franken zu arbeiten: Die fehlenden Möglichkeiten. Es sind viele Migranten, die diesen Job als einzige Aussicht auf ein Einkommen sehen.
Eine Kommunikationsverantwortliche von Uber und Uber Eats – Luisa Elster – war in der «Kassensturz»-Sendung im Studio und stellte sich dem Moderatoren Ueli Schmezer. Seinen Fragen über die fehlenden Sozialleistungen wich sie mit Hinweis auf die Selbständigkeit und Flexibilität der Kuriere geschickt aus: Uber sei kein Arbeitgeber – und will auch keiner sein.
Was Elster jedoch in den Vordergrund rücken wollte, war die gratis Unfallversicherung, die Uber Eats den Kurieren offeriert. Diese Versicherung deckt gemäss «Kassensturz» jedoch nur das absolute Minimum und ist nicht vergleichbar mit der obligatorischen Arbeitgeber-Unfallversicherung.
Die tiefen Löhne erklärt die Kommunikationsverantwortliche mit den Arbeitszeiten: Wenn nicht in der Rush-Hour gearbeitet wird, fallen die Löhne tiefer aus. Es komme auf die Anzahl Aufträge an.
Es scheint, als sei für Uber die gebotene Flexibilität der Kuriere Rechtfertigung für alle Schattenseiten. Vergleichbare Lieferdienste bieten gemäss «Kassensturz» jedoch dieselbe Flexibilität – inklusive Versicherungen und Sozialleistungen.
Obwohl es bequem ist, gehört das Geschäftsmodell abgeschafft.
Kurz gesagt die Angestellten sind immer die Deppen.