Lieber Herr Bundespräsident Parmelin
Was mussten Sie sich die vergangenen zwei Wochen nicht alles anhören. Nicht zuletzt von Ihren schlimmsten Feinden, den eigenen Parteifreunden.
Eine «Diktatur» hätten Sie errichtet mit dem Bundesrat. Entmachten müsste man Sie und Ihr Gremium, sofern es nicht rasch sämtliche Corona-Massnahmen aufhebe.
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Dazu haben Sie mit dem Bundesrat ein weiteres Mal nicht Hand gereicht. Diese Tapferkeit und Standhaftigkeit angesichts der permanenten Angriffe, auch auf Ihre Person, ehrt Sie.
Um eine dritte Welle sicher zu verhindern, kommt bei den derzeitigen Impf- und Testquoten in den Kantonen ja gar nichts anderes in Frage, als die vorsichtigst mögliche Öffnungsstrategie, die der Bundesrat heute beschlossen hat.
Die geschichtsvergessenen Verunglimpfungen Ihrer Parteileitung und die politischen Angriffe aus dem bürgerlichen Block können Sie getrost ignorieren. Am Ende werden Sie auf der richtigen Seite der Geschichte dieser Pandemie-Bewältigung stehen.
Für den Rest Ihrer SVP, sei es in der Parteileitung, den Kantonen oder im Parlament, gilt das eher nicht.
In ihren Regierungsräten haben sie die Pandemie tendenziell unterschätzt, die wirksame Bekämpfung verschlafen und mit grossem Lockerungsdruck die zweite Schweizer Corona-Welle massgeblich mitverursacht.
In der Bundesversammlung haben sie derweil bei den Geschäftsmieten und den Nothilfen geknausert und die Situation für viele Selbstständige, Gewerbetreibende und Kulturschaffende unnötig prekarisiert.
Und nun verlangen sie mit dem Hinweis auf die von ihnen selbst mitverursachten Nöte der Wirtschaft und unter Absingen wüster «Diktatur»-Lieder epidemiologisch unvertretbare Öffnungen?
Das ist der so verzweifelte wie durchsichtige Versuch, vom eigenen Versagen und dem Verrat an der eigenen Klientel abzulenken. Und auch von dem, was rechtspopulistische Organisationen letztlich charakterisiert: Dass sie zur Bewältigung realer und komplexer Krisensituationen nicht viel beizutragen haben. Ihr Kerngeschäft ist es ja, für fiktive Probleme einfache Lösungen zu propagieren.
Bei Ihrer SVP scheint man indes noch nicht mal Letzteres richtig zu beherrschen. Populisten mit Restintelligenz oberhalb der Nachweisgrenze wie Trump, Johnson oder Bolsonaro haben immerhin das Konzept Impfung als simples Mittel gegen die Pandemie erkannt und bei Entwicklung, Einkauf und Logistik gepusht, wo es ging.
Derweil prahlt ihr Bundesratskollege Ueli Maurer öffentlich damit, auf seine zweite Impfdosis zu verzichten, weil er «zäh» sei ...
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Tapferkeit. Bei solchen Parteifreunden werden Sie sie brauchen.
Hochachtungsvoll
Maurice Thiriet
Erstens: Ich muss zugeben, dass ich mich in Parmelin geirrt habe. Ende letztes Jahr hab ich mir noch gedacht: Das kommt sicher nicht gut mit einem SVPler als neuem Bundespräsidenten. Aber offenbar versteht Parmelin, dass dieses Amt viel grösser ist als die Person und die Partei – und nicht umgekehrt. Da bin ich echt froh, dass ich da falsch lag. Und angesichts dem wirklich widerlichen Dauergepöbel der SVP ist es wohl sogar gut, dass z.Z. ein SVPler das Amt innehat.
Zweitens: Stellt euch vor wir hätten heute stattdessen Bundespräsident Thomas Aeschi... 😬😳🤡
Den SVP Demagogen gilt es genau so, wie sie es gemacht haben, stets klar und entschieden zu widersprechen. Spätenstens in dieser Pandemie dürfte dies wohl allen Demokratiefreunden und Verfechter des Rechtsstaats klargeworden sein. Die SVP schadet dem Erfolgsmodell Schweiz!