Die Schweiz habe die erste Phase der Krise gut gemeistert, stellte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch fest. «Jetzt müssen wir den Übergang meistern», fügte er an. Gemeint ist die vorsichtige Lockerung des Corona-Lockdowns. Der Bundesrat hat letzte Woche erste Schritte eingeleitet und ist prompt ins Stolpern geraten. Einzelne Branchen reagierten enttäuscht bis empört.
Nun hat er Präzisierungen und Korrekturen vorgenommen. Gelungen ist es ihm bestenfalls halbwegs. Es gibt weiterhin keine Maskenpflicht in Läden und im öffentlichen Verkehr, wie nun in allen deutschen Bundesländern. Die Armeeapotheke wird jedoch eine Million Schutzmasken pro Tag an die Grossverteiler liefern. Der Engpass wird damit nicht behoben, dafür aber zumindest verringert.
Für die Startups hat er eine Lösung gefunden, die Kitas aber müssen weiter warten. Einen Rückzieher machte er bei der Sortimentserweiterung für die grossen Lebensmittelläden, die er letzte Woche angekündigt hatte. Sie habe zu «vielen Unsicherheiten» geführt, sagte Berset und räumte damit ein, dass die Massnahme nicht zu Ende gedacht war.
Die Fachgeschäfte werden nun nicht diskriminiert. Allerdings hätten sie es wohl vorgezogen, auch am nächsten Montag öffnen zu können, statt weitere zwei Wochen warten zu müssen. Aber der Bundesrat will sich «langsam voran tasten». Das ist im Interesse der Sicherheit richtig, aber er riskiert, dass der Druck aus Wirtschaft und Politik weiter zunehmen wird.
Denn während Sportarten ohne «direkten Körperkontakt» wie Schiessen oder Tennis ab Anfang Mai wieder erlaubt sind, müssen die Organisatoren von Open-Airs und Festivals eine weitere Woche auf das Signal des Bundesrats warten, auf das sie sehnlichst hoffen. Die Gastro- und Tourismusbranche, die sich letzte Woche besonders geärgert hat, wurde ebenfalls vertröstet.
Alain Berset hatte für sie immerhin ein «Zückerchen». Es scheine «nicht unmöglich», dass man im Sommer auf einer Gartenterrasse sitzen und etwas trinken könne. Voraussetzung sei auch in diesem Fall, dass die Zahl der Infektionen weiter zurückgeht. Ausserdem will der Bundesrat laut «Blick» am nächsten Sonntag Vertreter der Branche zu einem Gespräch empfangen.
Jene Betriebe, die wieder öffnen wollen, werden trotzdem enttäuscht sein. Es ist jedoch eine Binsenweisheit, dass ein System sehr einfach stillgelegt werden kann. Es wieder hochzufahren, ist ungleich schwieriger, besonders wenn man wie im Fall der Corona-Pandemie die gefürchtete zweite Welle verhindern will. Und neue Herausforderungen kommen auf den Bundesrat zu.
Das warme Wetter wird zu einem Drang nach draussen führen, der rasch ausser Kontrolle geraten kann. Und der wirtschaftliche Schaden durch die Pandemie ist beträchtlich. Finanzminister Ueli Maurer bezifferte ihn auf fünf Milliarden Franken pro Woche. Zu viele Menschen in diesem Land aber haben noch nicht realisiert, wohin das führen könnte.
Die Corona-Krise ist global, die Schweiz kann sie nur beschränkt beeinflussen. Und wir haben genug Geld, um sie auch längerfristig abzumildern. Aber wenn die Arbeitslosigkeit auf gegen zehn Prozent steigen sollte, wird es für viele Leute dramatisch. Bund, Kantone und Gemeinden werden gefordert sein, etwa indem sie zumindest versuchen, vermeidbare Konkurse abzuwenden.
Der Bundesrat erinnert sich noch daran was er gestern gesagt hat und steht dazu.
Das Umsetzten was geht, helfen wo möglich und zwar schnell und unbürokratisch.
Wenn jetzt noch ein Kompromiss für die Geschäftsmieten gefunden wird, gibts eine Bestnote.