Hemden, Anzüge und Festkleider fristen seit Ausbruch der Pandemie ein Schattendasein. Gelegenheiten, um die edle Garderobe zu tragen, gab es in dieser Zeit nur wenige. Der eine oder andere Kulturanlass steht inzwischen zwar wieder auf der Agenda, ebenso finden Geschäftsmeetings teilweise wieder physisch statt. Wegen der Ansteckungsgefahr verbringen die Leute aber immer noch viel Zeit zu Hause - und dort regieren meistens Jeans oder Jogginghosen.
Die Textilreinigungen bekommen das besonders zu spüren. Sie erhalten von ihren Kunden seit mehreren Monaten deutlich weniger Kleider zum Reinigen. Dem Vernehmen nach bewegen sich die Aufträge bei den meisten Betrieben aktuell zwischen 50 und 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Einige Reinigungen mussten deshalb bereits Filialen schliessen, zum Beispiel das international tätige Franchiseunternehmen 5àsec, das in der Schweiz marktführend ist.
An zweiter und dritter Stelle sind die Zürcher Terlinden AG (27 Filialen) und die Luzerner Texpress AG (14 Filialen). Letztere hat prominente Kunden wie den Circus Knie und den FC Luzern, aber auch viele Business-Kunden. «Die aktuelle Homeoffice-Propaganda ist für uns ganz schlimm», sagt Geschäftsführer Patrick Meier. Und weiter:
Texpress arbeitet mit Hotels, der Schifffahrtsgesellschaft der Vierwaldstättersees und Betrieben aus anderen Branchen teilweise direkt zusammen und bietet deren Angestellten spezielle Konditionen an.
Unter anderem sei es dieser Zusammenarbeit zu verdanken, glaubt Meier, dass es dem Unternehmen besser geht als der Konkurrenz. «Diese Strategie kostet uns viel Kraft, jetzt zeigt sich aber, dass sie sich lohnt. Unser Auftragsvolumen liegt inzwischen wieder bei 90 Prozent.»
Zu kämpfen haben nicht nur Textilreinigungen, sondern auch grosse Wäschereien. In der Schweiz ist das etwa die französische Elis-Gruppe, die Wäscherei Bodensee oder das Unternehmen Bardusch mit Sitz in Basel. Die Wäschereien leben von Aufträgen von Restaurants und Hotels, aber auch vom Reinigen von Kleidung aus der Industrie und dem Gesundheitswesen.
Während des Lockdowns, als Restaurants von einem Tag auf den anderen schliessen mussten und viele Hotels aufgrund des Gästemangels mitzogen, ist der Markt für das Waschen von Tischtüchern, Laken und Bettbezügen völlig zusammengebrochen.
Jetzt zieht es langsam wieder an. Aber eben nur langsam. Die Hotels verzeichneten im Juli laut dem Bundesamt für Statistik immer noch 26 Prozent weniger Logiernächte als im Vorjahr. Aktuellere Zahlen gibt es bisher nicht. Der Chef von Elis Schweiz, Thomas Hollinger, sagt auf Anfrage:
Momentan sei einer der 12 Produktionsstandorte noch geschlossen, das Auftragsvolumen sei 20 bis 25 Prozent tiefer als im Vorjahr. Da das Unternehmen eine breite Kundenpalette bedient, dürfte es allerdings besser dran sein als kleinere Wäschereien mit Fokus Gastronomie und Hotellerie - vor allem mit Blick auf die kalte Jahreszeit, in der es weniger Aussensitzplätze und somit weniger Tischtücher und Servietten zum Waschen geben wird.
Der seit Jahren stattfindende Konsolidierungsprozess dürfte durch die Krise folglich beschleunigt werden. Einige Wäschereien werden in grösseren aufgehen oder verschwinden. Das gleiche gilt für Textilreinigungen. Heute werden in der Branche laut dem Verband Textilpflege Schweiz noch rund 7000 Personen beschäftigt.
Der harte Preis- und Verdrängungskampf verstärkt jetzt auch noch folgende Entwicklung: Hotels, Restaurants und Co. lassen ihre Wäsche vermehrt im nahen Ausland waschen. Massenhaft Laken, Tischtücher und Uniformen werden täglich von günstigeren Anbietern aus Deutschland, Frankreich und Liechtenstein abgeholt und kilometerweit mit dem Laster transportiert. Laut dem Branchenverband passieren täglich mehr als 30 Tonnen Wäsche die Schweizer Grenze.
Ökologisch betrachtet, ist das ein «totaler Blödsinn», kritisieren mehrere Branchenvertreter. Die Entwicklung macht ihnen aber vor allem hinsichtlich ihrer eigenen Zukunft Sorgen: Mit so tiefen Preisen können sie aufgrund der hierzulande höheren Personalkosten nicht mithalten. Das Label «Textiles washed in Switzerland» des Verbandes soll nun Abhilfe schaffen und den Schweizer Produktionsstandort sowie das Bewusstsein für umweltfreundlich aufbereitete Wäsche in der Schweiz stärken.
Elis-Schweiz-Chef Hollinger glaubt ausserdem, dass die Angst vor unterbrochenen Lieferketten, wie es sie wegen der geschlossenen Grenzen teils gab, beim einen oder anderen Betrieb zu einem Umdenken führen könnte. Bei Spitälern etwa könne man bereits sehen, dass sie für Personal und Patienten vermehrt wieder auf Mehrweg- statt Einwegkleidung setzen würden. Bei der günstigeren Einwegkleidung habe es während des Lockdowns Lieferengpässe gegeben.
Patrick Meier von Texpress in Luzern sieht in der aktuellen Krise mittelfristig eine weitere Chance: «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Leute in einer Krise weniger neue Kleidungsstücke kaufen, sondern ihre alten Wintermäntel, Anzüge etc. eher nochmals in die Reinigung bringen. Mit dem wachsenden Umweltbewusstsein könnte dieser Trend weiter verstärkt werden.» (aargauerzeitung.ch)
Die Wäsche wird aus der Region Bern nach Süddeutschland gekarrt.
Keine Wäscherei im Haus heisst auch, kein individueller Service, Verlust und Verwechslungen von Wäschestücken und keine Arbeitsplätze für Eingliederungsfälle oder für Beschäftigungstherapie.