Die vom Bundesrat in Aussicht gestellte Unterstützung der Luftfahrt wird in linksgrünen Kreisen sehr kritisch beäugt. Sie wollen kein Rettungspaket ohne Auflagen für mehr Klimaschutz und verlangen Nachbesserungen. Die FDP warnt hingegen vor der Vermischung der kurzfristigen Hilfe mit der langfristigen Klimapolitik.
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Das sagen die verschiedenen Akteure:
Für die FDP hat der Bundesrat zusammen mit der Branche eine gangbare Lösung gefunden. Es würden nicht nur tausende Arbeitsplätze bei Fluggesellschaften, flugnahen Betrieben und nachgelagerten Branchen gerettet, sondern auch die internationale Anbindung der Schweiz im Fracht- und Personenverkehr gesichert, schreibt die Partei.
Die Politik müsse aber aufpassen, dass sie langfristige klimapolitische Ziele nicht mit der Corona-Hilfe vermische. Es geisterten diverse Ideen herum, die die Luftfahrt mit zusätzlichen umweltpolitischen Auflagen zu belasten, stellt die FDP fest. Die CVP wertet die Massnahmen zugunsten des Luftverkehrs ebenfalls positiv.
Für die SP Schweiz müssen Staatshilfen an die von der Corona-Pandemie hart getroffene Luftfahrtindustrie zwingend international koordiniert und an strikte Bedingungen im Sozial- und Umweltbereich geknüpft sein, wie die Partei auf Anfrage mitteilte.
Die SP fordert deshalb Nachbesserungen. Die Staatshilfe müsse an eine Beschäftigungsgarantie gebunden sein, sagt SP-Präsident Christian Levrat. Das bedeute, dass es keine Entlassungen während der Dauer der Hilfe geben dürfe.
Ausserdem müssen sich nach Ansicht der SP Unternehmen wie die Swiss zu einer langfristigen Strategie verpflichten, die Klimapolitik und Nachhaltigkeit berücksichtige. Konkret fordert die SP von den Fluggesellschaften keinen Widerstand gegen die Flugticketabgabe, die Beteiligung an der Entwicklung synthetischer Flugtreibstoffe und die Unterstützung einer internationalen Kerosinsteuer.
Auch die Grünen bemängeln, dass der Bundesrat keine griffigen Klimaziele vereinbart hat. Der Luftverkehr geniesse seit Jahren Privilegien, weil er keine Treibstoffsteuer auf internationale Flüge bezahle, erklärte die Grüne Zürcher Nationalrätin Marionna Schlatter im Namen der Partei. Der Luftverkehr belaste die Klimabilanz der Schweiz schwer. Daher sei es höchste Zeit, dass der Flugsektor in Richtung Nachhaltigkeit gelenkt werde, betonte Schlatter.
Konkret verlangen die Grünen unter anderem eine Verlagerung von Kurzstrecken-Flügen auf die Schiene, den Ausbau von internationalen Bahnlinien und Nachtzügen, ein Moratorium für den Ausbau der Flughafeninfrastruktur und die Einrichtung eines Umschulungs- und Weiterbildungsfonds, um Arbeitnehmenden in der Branche neue Berufsperspektiven zu bieten.
Die Grünen weisen die Vorlage daher zurück und prüfen ein Referendum, schreibt die Partei auf ihrer Webseite. Angesichts einem drohenden Referendum könnte also selbst bei einer Zustimmung des Kredits im Parlament das Volk das letzte Wort in dieser Angelegenheit haben.
Auch die Grünliberalen (GLP) wollen keine Rettungspakete für den Flugverkehr ohne Auflagen für mehr Klimaschutz. GLP-Präsident Jürg Grossen stellte in einer Medienmitteilung fest, dass die Schweiz nach dem Willen seiner Partei eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz übernehmen soll. Es komme deshalb nicht in Frage, dass der Staat die Luftfahrt mit Milliarden rette, ohne dabei verbindliche Auflagen für mehr Klimaschutz zu machen.
Die Luftfahrt könne sich beispielsweise verpflichten, im Gegenzug zu einer staatlichen Unterstützung für die schrittweise Beimischung von CO2-neutralem, synthetischem Kerosin zu sorgen. Diese Idee sei mit der im CO2-Gesetz vorgesehenen Flugticketabgabe kompatibel. Weiter sollten Flüge zu Destinationen reduziert werden, die durch Hochgeschwindigkeits- oder Nachtzüge gut erreichbar seien.
Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) findet es in der aktuellen Krisenlage zwar richtig, dass die Swiss und ihre Arbeitsplätze vom Bund gerettet werden. Es dürfe aber nicht das Ziel sein, den Flugbetrieb ohne griffige Klimaschutzziele wieder auf die Grösse vor der Covid-Krise hochzufahren. Der VCS fordert deshalb von Anfang an griffige Klimaschutzziele als Bedingung.
Der WWF spricht von einem mutlosen Entscheid des Bundesrates. Da die Unterstützung an keine Klimaschutzbedingungen geknüpft sei, verpasse man die Chance, der Flugbranche den Weg in eine klimaneutrale Zukunft aufzuzeigen.
Empört über den Entscheid des Bundesrates, die Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss mit 1.275 Milliarden Franken zu unterstützen, «ohne jegliche ökologische Vorgaben», ist die Klimaschutz-Bewegung. Es handle sich um eine «gigantische Summe», gerade im Vergleich zu den Hilfspaketen für Kultur und Sport.
Ähnlich harsch ist die Kritik der verkehrspolitischen Umweltorganisation «umverkehr». Der Bundesrat torpediere damit seine eigene Klimaziele, teilte Silas Hobi, umverkehr-Geschäftsleiter, mit. Im letzten Sommer habe der Bundesrat beschlossen, die CO2-Emissionen bis 2050 auf netto Null zu reduzieren und jetzt verschleudere er Steuergelder für den klimaschädlichen Flugverkehr. (sda)
Wenn ich als Einzelperson in der Schweiz Sozialversicherungs- oder Gott bewahre Sozialhilfeleistungen beziehen will und das ist ein Grundrecht!, muss ich heute bald gar noch den Abrieb an den Schuhsohlen nachweisen, ich fände es deshalb geradezu grotesk wenn Grossunternehmen gerettet würden, die weiter nur für ihre Kapitalgeber schauen und oft genug auch noch für weniger Staat und gegen gerechtere Verteilung lobbyieren.
Oder eben besser nicht...