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Berner Messgerät beweist historische Einzigartigkeit von CO2-Anstieg

Berner Messgerät beweist historische Einzigartigkeit von CO2-Anstieg

20.08.2020, 20:0020.08.2020, 22:11
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Sprunghafte CO2-Erhöhungen habe es schon früher gegeben, sagen Klimaleugner gern. Das stimme, antwortet ein Forscherteam unter Berner Leitung. Aber der heutige Anstieg sei sechsmal grösser und fast zehnmal schneller als die damaligen Sprünge. Das lasse sich beweisen.

Eine an der Universität Bern entwickelte neue Messtechnologie ermöglicht einen ungeahnt detaillierten Einblick in die Klimavergangenheit. Dank hochauflösenden Messungen konnten die vergangenen CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre mit Hilfe von Eisbohrkernen aus der Antarktis so genau rekonstruiert werden wie nie zuvor.

epa08381181 (17/49) Chilean glaciologist Gino Casassa registers the GPS coordinates of a stake placed in the Bellingshausen Dome in King George Island in the South Shetland Islands, Antarctica, 10 Mar ...
Symbolbild: Ein Glaziologe in der Antarktis.Bild: EPA

Entscheidend für die beispiellosen Einblicke in die atmosphärische Zusammensetzung vor rund 330'000 bis 450'000 Jahren war nicht zuletzt die jahrzehntelange Erfahrung der Berner Forschenden mit der Analyse dieses Klimaarchivs. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal «Science» publiziert.

Anhand der Eisbohrkerne wurde das Klima der acht aufeinanderfolgenden Eis- und Warmzeiten der letzten 800'000 Jahre rekonstruiert. Es zeigte sich, «dass schnelle CO2-Anstiege ein weit verbreitetes Merkmal unseres Klimasystems sind». Und zwar auch während natürlichen Warmzeiten, von denen man bisher immer angenommen habe, dass ihr Klima und die CO2-Verhältnisse stabil gewesen seien.

Historische Peaks vergleichsweise klein

Laut dem Erstautor der Studie, Nehrbass-Ahles, kam es immer dann zu sprunghaften Anstiegen, wenn schmelzende Eismassen in Grönland oder der Antarktis die Ozeanzirkulation erheblich störten. «Schnellte das CO2 in der Atmosphäre in die Höhe, liessen sich auch gleichzeitige Änderungen in der Zirkulation des Atlantiks feststellen.»

Warum zwei Mal in Warmzeiten die CO2-Konzentration in der Atmosphäre sprunghaft anstieg, müsse noch geklärt werden, sagt der Berner Klimaforscher Thomas Stocker, Nehrbass-Ahles' Doktorvater und Mitautor der Studie.

Natürliche CO2-Sprünge könnten Klimaschutz erschweren

Klimaziele kommen in Bedrängnis durch natürliche Sprünge.
Klimaziele kommen in Bedrängnis durch natürliche Sprünge.shutterstock

Auch wenn diese historischen Sprünge gewaltig waren, sind sie nichts im Vergleich zum menschengemachten Anstieg der letzten zehn Jahre. Die stärkste Zunahme in der Vergangenheit, so Stocker, habe rund 15 ppm betragen (parts per million ist die Masseinheit für die atmosphärische CO2-Konzentration). Das entspreche etwa dem Anstieg, den die Menschheit gegenwärtig im Zeitraum von sechs Jahren verursacht.

«Das mag auf den ersten Blick als nicht sehr bedeutend erscheinen», sagt Stocker, «mit Blick auf die Mengen von CO2, die wir noch ausstossen dürfen, um das in Paris beschlossene 1.5-Grad-Klimaziel nicht zu verlieren, sind solche Erhöhungen aber durchaus relevant.»

Ein durch die Klimaerwärmung ausgelöster zusätzlicher Anstieg des Treibhausgases CO2, wie er in der Vergangenheit auftrat, könnte die Menschheit beim Klimaschutz noch stärker unter Zugzwang bringen. (sda)

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schso
21.08.2020 03:21registriert April 2017
Jetzt kann man beweisen, was den meisten schon klar war.

Die, die's leugnen wollen, werden es auch weiterhin leugnen.
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dmark
21.08.2020 00:09registriert Juli 2016
"Aber der heutige Anstieg sei sechsmal grösser und fast zehnmal schneller als die damaligen Sprünge."

In Donalds Worten - der mit Abstand grösste Anstieg aller Zeiten...
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Terraner
21.08.2020 00:11registriert April 2020
Hört auf mit dem Klimawandel. Die Menschheit ist nicht einmal bereit sich für einige Monate einzuschränken (wegen einem Virus), da ist sicher niemand bereit sich längerfristig einzuschränken um den Klimawandel abzuwenden.

Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine du siehst aber schlecht aus, was hast du den?
Homosapiens.
Ah, das hatte ich auch schon, geht vorbei.
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