Schweiz
Wissen

ETH-Bericht: So vertreibt der Klimawandel Millionen von Menschen

ETH-Bericht beschreibt: So vertreibt der Klimawandel Millionen von Menschen

07.04.2021, 09:0707.04.2021, 14:26
Mehr «Schweiz»
Auf einem neu erstellten Index der wichtigsten Wissenschaftsst
Die ETH Zürich.Bild: sda

Jedes Jahr müssen Millionen von Menschen weltweit aufgrund klimabedingter Katastrophen ihre Häuser verlassen. Selbst wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllt werden, verschärft sich das Risiko in den meisten Weltregionen, dass Menschen allein durch Flussüberschwemmungen aus ihrem Zuhause vertrieben werden.

Das berichtet ein internationales Forschungsteam unter Leitung der ETH Zürich um David Bresch, Professor für Wetter- und Klimarisiken, im Fachmagazin «Environmental Research Letters». Die Ergebnisse basieren auf Computersimulationen, die globale Modellszenarien zur Bevölkerungsentwicklung, Hochwasser-Extremereignissen sowie Klimamodellierungen verknüpfen.

Schätzungsweise 288 Millionen Menschen weltweit mussten seit dem Jahr 2008 vor einer Naturkatastrophe fliehen und ihre Heimat verlassen. Überschwemmungen gehören zu den Haupttreibern dieser Entwicklung und haben demnach 63 Prozent mehr Vertreibungen verursacht als Konflikte und Gewalt, wie die Forschenden in ihrer Studie schreiben.

Bevölkerungswachstum in Flussnähe

Sie berechneten nun, wie sich das Vertreibungsrisiko aufgrund von Überflutungen durch über die Ufer tretende Flüsse bis zum Ende des 21. Jahrhunderts entwickeln könnte. Resultat: Dieses könnte gegenüber dem Jahr 2000 um 350 Prozent ansteigen, wenn die menschengemachte Klimaerwärmung weiter ansteigt wie bisher und das prognostizierte Bevölkerungswachstum einträfe.

«Das Vertreibungsrisiko steigt dabei in vielen Regionen überproportional zum Bevölkerungswachstum», sagte Bresch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Denn Menschen lassen sich vorzugsweise in Flussnähe nieder, da die Gewässer etwa in Handelsnetze eingebunden seien und in trockenen Regionen ausreichend Wasser für die Bewässerung böten.

Noch kann Risiko gemindert werden

Selbst wenn die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden, verdoppelt sich das Vertreibungsrisiko gegenüber dem Jahr 2000. Im Pariser Klimaabkommen verpflichten sich fast alle Staaten der Welt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, besser 1.5 Grad zu begrenzen.

In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara steigt das Vertreibungsrisiko gemäss den Modellen besonders stark wegen des prognostizierten Bevölkerungswachstums. In Ostasien, Lateinamerika sowie den pazifischen Inselstaaten hingegen verschärft sich das Risiko vor allem aufgrund von häufigeren Hochwasserereignissen.

Noch könnten diese Risiken vermindert werden, schreiben die Forschenden. Etwa durch entsprechende Stadtplanungen, da die besonders betroffenen Regionen diejenigen seien, die in den kommenden Jahren voraussichtlich stärker urbanisiert würden.

(aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Aufforstungs-Potential in der Schweiz und weltweit
1 / 18
Aufforstungs-Potential in der Schweiz und weltweit
In der Schweiz befinden sich die für Aufforstung geeigneten Flächen vornehmlich im Mittelland, in den Voralpen und im Jura. Das zeigt sich deutlich in diesen Screenshots der Landesteile. Hier ist die Nordostschweiz zu sehen. (karte: crowther lab / eth zürich)
quelle: crowther lab / eth zürich
Auf Facebook teilenAuf X teilen
In Zukunft dürfte uns die Hitze noch härter treffen!
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
37 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
chrissy_dieb
07.04.2021 09:19registriert Januar 2020
"with the relative global flood displacement risk is increasing by roughly 350% at the end of the 21st century, compared to an increase of 150% without the contribution of population change."

🤔🤔🤔

Also könnte man auch das Bevölkerungswachstum eindämmen um das Problem zu lösen. Mögen damit die gehässigen Diskussionen zum Thema losgehen ...
8431
Melden
Zum Kommentar
avatar
America is back. But is it really??
07.04.2021 12:00registriert März 2019
Es geht mir darum, dass hier viele Probleme in einen Topf geworfen und vermischt werden. Statt sich mit den einzelnen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu beschäftigen, wird gesagt: Wenn wir das Problem mit dem Klimawandel lösen, wird alles gut. Das ist aber kein vernünftiger Ansatz. Wir haben eine ganze Menge Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen und um deren Lösung wir uns bemühen müssen. Dazu zählen z.B. Küstenschutz und Deichbau, Armutsbekämpfung, Luftverschmutzung oder auch Plastik im Meer.
207
Melden
Zum Kommentar
37
Sturm in La Chaux-de-Fonds: Jetzt weiss man mehr über das meteorologische Phänomen
Lange blieben Ursprung und Ursachen des Sturms vom 24. Juli 2023 in La Chaux-de-Fonds ein grosses Rätsel. Nach einer umfangreichen Untersuchung erklärt MeteoSchweiz jetzt, was im letzten Jahr zu diesem seltenen Phänomen geführt hat.

Am 24. Juli 2023 zog ein starker Sturm über die Region La Chaux-de-Fonds hinweg und verursachte innerhalb weniger Minuten erhebliche Schäden an Gebäuden und den umliegenden Wäldern. Der Sturm forderte etwa 40 Verletzte und einen Toten. Die aussergewöhnliche Heftigkeit des Phänomens veranlasste MeteoSchweiz, eine breit angelegte Untersuchung durchzuführen, um herauszufinden, was in den Neuenburger Bergen wirklich geschah.

Zur Story