Der Kanton Zürich soll bei der Vergabe neuer Jobs in der Verwaltung in Zukunft auf ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren setzen. Bewerberinnen und Bewerber sollen weder Geschlecht noch Nationalität oder ein Bild der Bewerbung beifügen müssen.
Eingereicht wurde dieser Vorschlag von den drei Kantonsrätinnen Melissa Näf (GLP), Birgit Tognella-Geertsen (SP) und Silvia Rigoni (Grüne). Der Vorstoss sei auf Initiative der Jungen Grünliberalen entstanden, schreibt Co-Präsidentin Viviane Kägi in einer Mitteilung.
Die drei Politikerinnen erhoffen sich durch eine Änderung im Personalgesetz, dass es zu «mehr Chancengerechtigkeit» im Bewerbungsverfahren kommt. Beklagt wird, dass nach wie vor Migrantinnen und Migranten mehr Bewerbungen schreiben müssten als Schweizerinnen und Schweizer, um überhaupt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.
Gefordert wird, dass neben Nationalität, Geschlecht, Aussehen auch der Zivilstand und der Name im ersten Bewerbungsschritt anonymisiert werden. Die GLP-Politikerin Melissa Näf spricht von einer Art «Bewerbungs-Tinder»: So würden heute nach wie vor «eigentlich irrelevante Dinge» darüber entscheiden, ob das Bewerbungsdossier weiterkommt oder nicht.
Solche anonymisierte Bewerbungsverfahren werden in anderen Ländern wie den USA bereits eingesetzt, um Gleichbehandlung zu verbessern und Diskriminierung zu verhindern. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) befürwortet die Einführung solcher Standards bereits seit geraumer Zeit.
Bislang aber ohne grossen Erfolg. Der Telekommunikationskonzern Swisscom bietet seit 2015 anonyme Bewerbungen über eine spezielle E-Mail-Adresse an. Gross genutzt wurden sie aber von Jobinteressierten noch nicht – in den ersten zwei Jahren wurde keine einzige Bewerbung über diesen Weg eingereicht.
2010 scheiterte ein ähnlicher Vorstoss im Grossen Stadtrat in Luzern. Der damalige Stadtpräsident Urs W. Studer stritt im Parlament ab, dass die Stadt ein Problem mit der Diskriminierung habe. Man entschied sich stattdessen, eine «Charta» einzuführen, um Führungspersonen bei der Stadt zu sensibilisieren und zu schulen. (pit)