Auch mit seiner isolationalistischen Haltung liegt Donald Trump einmal mehr falsch. Denn: Geht die USA mit dem Ausland Partnerschaften ein, kann Grossartiges entstehen. Etwa wenn ein junger Gitarrist aus Seattle nach London zieht – dann entsteht vielleicht The Jimi Hendrix Experience.
Oder in der autmobilen Welt: Europäisches Handling, US-Pferdestärken – das kommt gut.
Denn in einer Hinsicht war die US-Automobilindustrie lange derjenigen Europas voraus: Motorenleistung. Wollte man in den Sechzigerjahren etwas europäisches fahren, das auch nur annähernd so viele PS wie ein amerikanischer Mittelklassewagen hatte, befand man sich im High-End-Bereich italienischer Edelsportwagen. Und die waren damals schon sauteuer. Zudem war ein 300-PS-Ferrari-Motor ein technisch hochkomplexes, sensibles Konstrukt, das fachmännischen Unterhalt bedurfte. Amerikanische V8-Motoren waren wartungsarm und zuverlässig – und brachten locker dieselbe Leistung hin.
Dafür verstanden Sportwagenmanufakturen Europas, wie man ein Auto baut, das Kurven fahren kann. Und zwar schnell. Einige kluge Köpfe auf beiden Seiten des Atlantiks erkannten bald einmal: Zusammen sind wir stark.
Lassen wir nun eine Auswahl dieser transatlantischen Automobile Revue passieren, angefangen weit zurück in den Fünfzigerjahren mit ...
Gemeinhin wird Carroll Shelby damit akkreditiert, als Erster die Innovation gehabt zu haben, einen PS-starken amerikanischen V8 in das Chassis eines britischen Sportwagens einzubauen. Doch 10 Jahre vor seinem ersten Cobra bereits gab es Allard. Die Renn- und Sportwagen-Manufaktur aus Clapham in Südlondon hatte bereits vor dem Weltkrieg Renn-Prototypen mit amerikanischen Ford Flathead-V8-Motoren konstruiert, und nach dem Krieg wurden Cadillac- oder Chrysler-Aggregate verbaut, die je nach Tuning bis zu 300 PS lieferten. Und mit just so einem Ding fuhr Carroll Shelby Rennen, was ihn gewiss auf die eine oder andere Idee brachte ...
Und da ist er auch, oben genannter Carroll Shelby (hier mit einem seiner Kunden, einem gewissen Steve McQueen). Nach einer erfolgreichen Rennkarriere, das mit einem Le-Mans-Sieg 1959 in einem Aston Martin gipfelte, zog sich Shelby vom aktiven Rennsport zurück, liess sich in Südkalifornien nieder und wurde Konstrukteur. Seinen ersten Erfolg hatte er mit einem handlichen englischen Sportwagen namens AC Ace. Diesem pflanzte er einen Ford V8 rein und der Rest ist Geschichte. Derart erfolgreich war der Cobra auf der Rennstrecke, dass Shelby und sein Team später damit beauftragt wurden, den Rennwagen Ford GT40 (wiederum aus England) Le-Mans-tauglich zu machen; etwas, das zu Siegen in Le Mans von 1966 bis 1969 führte.
Okay, das Konzept, einen kleinen Engländer mittels grosskalibrigen V8 zu einer Rakete umzubauen, wäre also definiert. Aber grosse, drehmomentstarke V8-Motoren eignen sich genauso für die GT-Klasse. Sportliche Autos, die aber bequem sind und eine Portion Luxus bieten. Am oberen Ende dieses Segments angesiedelt war der französische Konstrukteur Facel Vega, der ab Mitte der Fünfzigerjahre elegante Tourer baute, die mit Chrysler-Motoren ausgestattet waren. Der luxuriöseste von allen war der Facel II (nein, der Titel ist kein Schreibfehler), der mit seinen bis zu 390 PS locker 250 km/h erreichen konnte. Anno 1962, versteht sich.
Kehren wir nach Kalifornien zurück! Dort wurde die englische Autoschmiede Rootes Group bei Carroll Shelby vorstellig. Ob er ihren Sunbeam Alpine nicht auch analog wie beim Cobra mit einem Ford V8 ausstatten könnte? Klar konnte er. Das Resultat ist einmal mehr ein wunderhübsches Auto, das abgeht wie eine Rakete ...
... obwohl das nächste Ding so ziemlich alles in den Schatten stellt:
Nochmals Shelby. Nochmals eine britische Sportwagenmarke. Nur, dass es hier nun wirklich wie an ein Wunder grenzt, dass man einen 4,7-Liter-V8 in den kleinen TVR Grantura reinquetschen konnte. Da das Wägelchen kaum mehr als einen Milkshake wog, waren die Fahrleistungen für die damalige Zeit schlicht unglaublich. 0-100km/h in 3,9 Sekunden, etwa. Und dann probier' mal, bei einem derart kurzen Radstand bei 240 km/h das Auto ruhig zu halten. In fähigen Händen war der Griffith ein erfolgreiches Rennauto. Für Normalsterbliche eine Achterbahnfahrt.
Giotto Bizzarrini war Direktor der Prototypenentwicklung bei Ferrari gewesen, verliess die Firma aber bei der sogenannten «Palastrevolution» 1961. Danach entwickelte er für Lamborghini den V12-Motor, bevor er schliesslich eine eigene Autofirma mit eigenem Namen gründete. Als Antrieb für sein Modell 5300 wählte er ein Motor, der im Rennbetrieb ennet dem Atlantik seit geraumer Zeit den Ferraris das Leben schwer machte: Den Chevrolet Small Block V8. 385 PS leistete es in der hier gezeigten GT-Version Strada. In der Rennversion Corsa freilich einiges mehr.
Vom Erfolg des Cobras inspiriert, beschloss AC Cars, ein etwas weniger brachiales Gefährt anzubieten. Etwas, worin der Mann oder die Frau von Welt bequem von London nach Nizza touren konnte ... okay, allzu zivilisiert war der Frua (nach seinem italienischen Designer Pietro Frua benannt) doch wieder nicht. Dazu war der 7-Liter-Motor schlicht zu kraftvoll.
Hier ist wieder das Genie von Giotto Bizzarrini am Werk – mit einem Design des ebenso genialen Giorgetto Giugiaro, der damals für das Autodesign-Haus Bertone arbeitete. Der Iso Grifo war ein luxuriöser GT, der dank Chevrolet-PS locker mit den Maseratis und Ferraris der Ära mithalten konnte.
Eines der schönsten Fahrerlebnisse, die es gibt. Ladies and Gentlmen: the Jensen Interceptor. Nebst der Zweierkombo «englisches Auto mit US-V8» kommt gegen Ende der Sechzigerjahre noch ein weitere Konstante hinzu: italienisches Design. Der legendäre Interceptor mit seiner riesigen Fenster-Heckklappe wurde von Carrozzeria Touring Superleggera entworfen. Ausserdem war bei einigen Versionen eine krasse Innovation dabei: 4x4-Antrieb.
YEAH. Auch die Schweiz mischte mit: Der Basler Konstrukteur Peter Monteverdi baute zwar stets in nur sehr kleinen Stückzahlen, doch dass es grossartige Autos waren, stand ausser Zweifel. Das Modell High Speed 375 gab es in diversen Variationen mit unterschiedlichen Karosserien. Einer der schönsten war dieses 1969er Modell mit Karosseriedesign von Fissore.
Alejandro De Tomaso war ein italienischstämmiger Argentinier, der 1964 an Carroll Shelby herantrat mit dem Vorschlag, ihm dabei zu helfen, ein Auto für die CanAm-Rennserie zu entwickeln. Der Deal kam nicht zustande (unter anderem, weil Shelby den Zuschlag bekam, den für die Ford Motor Corporation den GT40 zu entwickeln). Der erzürnte De Tomaso taufte in der Folge sein erstes Auto Mangusta – Mangusten töten Kobras. Nachfolger des Mangusta war der Pantera, der aufgrund seiner Leistung in der Lamborghini-Ferrari-Liga der Supercars mitmischte und diversen Firmenpleiten zum Trotz bis 1993 produziert wurde.
Amerikanischer Motor – check. Italienisches Styling – check. Englische ... öh nein: deutsche Manufaktur! Erich Bitter war ein ehemaliger Rad- und Autorennfahrer gewesen, der anfangs der Siebzigerjahre auf Basis der Opel-Limousine Opel Diplomat B ein Sportcoupe entwickelt (CD = «Coupé Diplomat»). Antrieb war der bereits im Diplomat eingesetzte Chevrolet 5,3L V8 (sowohl Opel als auch Chevrolet gehörten GM). War der erste Prototyp in Auftrag von Opel entstanden, fand die Serienproduktion unter dem Namen Bitter bei der Stuttgarter Karosseriehersteller Baur statt.