Am 24. Oktober war es dann so weit. Das erste Weihnachtslied erklang im Auto-Radio auf der Frequenz von Radio Zürisee. Weil zwei Monate vor Heiligabend und darum auch weil lustig.
In Zeiten von Spotify und Apple Music eigentlich ein Leichtes, diesen beklemmenden Zustand zu umgehen. Aber sicher ist man deswegen noch lange nicht. Die einzig effiziente Lösung findet sich (wie so oft) in der Geschichte.
Die Kinder in Afrika kannst du ja schon verhungern lassen. Aber bitte nicht in der Weihnachtszeit. Also immer, ausser in der Zeit, in der wir uns wochenlang lüstern am Konsum reiben, bis sich unsere materielle Erregung endlich unter dem Christbaum entladen darf und wir uns befriedigt darüber ereifern dürfen, wie vollgefressen wir schon wieder sind.
So zumindest wirkt es, wenn Spendensammler (oder Dialoger, wie sie liebevoll betitelt werden) im Namen der Nächstenliebe plötzlich welpenäugig ihre profitorientierte Hetzjagd auf Pendler starten.
Kurzer Exkurs in die Ernsthaftigkeit: Spendet! Aber informiert euch zuerst gewissenhaft darüber, wer dahinter steckt und in welche Projekte das Geld tatsächlich fliesst. Auch wenn es nicht Weihnachtszeit ist.
Weihnachtsgebäcke, Adventskalender und Christbaumschmuck mal beiseite. Das wahrlich verstörende an der frühreifen Weihnachtsekstase ist, dass plötzlich jedes absolut normale Durchschnittsprodukt irgendetwas mit Weihnachten zu tun hat.
Aber auch sonst ist alles auf die ach so frivole Schenkerei ausgerichtet. Spezialangebote und bereits zusammengeschusterte Geschenkpakete von der Stange wohin das Auge reicht. Und das alles bereits vor dem ersten Glühwein!
Kaum sind die Trenchcoats runtergesetzt, säumen semi-ironische, extra-kitschige und hipstrig-drollige Weihnachtspullis die virtuellen oder realen Kleiderstangen jeglicher kommerzieller Textil-Vertreiber.
Diese «paar Franken» für ein Stuck Textil, das an einem Abend getragen wird und maximal mit einem hörbar erquickten Ausschnauben von Luft durch die Nase von den anderen belohnt wird, sind es ja allemal wert.
Und nein, Weihnachtspullis sind per se nichts Schlechtes – sie gehören in ihrer Übersteigerung wahrscheinlich sogar zu diesem entgrenzten Geschäft mit dem Jesus-Geburi dazu. Sie jedoch bereits im November ansehen zu müssen, ist eine Zumutung.
Das eigentlich noch viel grössere Problem mit der immer früheren Inszenierung von Weihnachten ist, dass auch das Gemotze (siehe diesen Artikel) kalendarisch immer weiter nach vorne rückt.
Das ist nicht schön (oder hilfreich), aber leider unumgängliche Konsequenz eines kaputten Systems (glaubs).