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Manuel Akanji: 11 Tipps für junge Fussballer, die Profi werden möchten

epa08840030 Dortmund's Manuel Akanji in action during the UEFA Champions League group F soccer match between Borussia Dortmund and Club Brugge in Dortmund, Germany, 24 November 2020. EPA/FRIEDEMA ...
Der Weg zum Fussball-Profi hängt nicht nur von Talent ab. Bild: keystone
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11 Tipps für alle jungen Fussballer, die selbst mal Profi werden möchten

Der Weg zum Fussballprofi ist eine Herausforderung. Talent und Ehrgeiz alleine reichen meist nicht. Ich gebe heute 11 Tipps, worauf man achten sollte, wenn man trotzdem eine Profi-Karriere anstrebt.
12.12.2020, 10:1812.12.2020, 12:13
Manuel Akanji
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Damit der Durchbruch als Fussballprofi gelingt, muss viel zusammenpassen. Das nötige Talent, die richtige Einstellung und immer auch eine Portion Glück. Es gibt aber noch andere Dinge, die entscheidend sein können. Deshalb 11 Erkenntnisse aus meiner eigenen Karriere, die ich jungen Fussballtalenten gerne mitgeben möchte.

Die wichtigsten Fähigkeiten

Besonders wichtig finde ich beim Fussball die Beidfüssigkeit, wer nämlich mit dem linken und rechten Fuss kicken kann, hat gleich zwei Vorteile: Er ist unberechenbarer und kann auf mehreren Positionen eingesetzt werden. Weitere absolut grundlegende Eigenschaften sind eine gute erste Ballberührung und ein sauberes Passpiel. Diese Dinge braucht man auf jeder Position und sind die Basics für alles weitere.

AKANJI Manuel Team BVB UEFA Champions League Saison 2020-2021 Gruppe F Spiel Borussia Dortmund - Lazio Rom 1 : 1 am 02. 12. 2020 in Dortmund DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SE ...
Ohne gutes Passspiel wird es schwer im Profifussball.Bild: www.imago-images.de

Das zweite Standbein

Ich habe in meiner Jugend neben dem Fussballspielen eine KV-Lehre abgeschlossen. Mir war es sehr wichtig, dass ich noch ein zweites Standbein habe. Du weisst ja nie, was noch passiert, vielleicht verletzt du dich oder du schaffst den Durchbruch nicht. Zudem ist Fussballer ein Job, den du machst, bist du 35 bist – wenn es gut läuft. Eine zusätzliche Ausbildung nimmt ganz viel Druck weg – wenn du nur auf Fussball setzt, musst du es einfach schaffen, sonst stehst du ohne etwas da.

Es braucht dafür natürlich einen Lehrbetrieb, der dich unterstützt. Denn schon als junger Fussballer hat man etliche Trainings und man ist auf eine Firma angewiesen, die flexibel ist.

Der Umgang mit Kritik

Als junger Spieler habe ich mich bei Kritik oft gefragt: «Warum ich?» Irgendwann habe ich zum Glück verstanden, dass mich die Trainer nur weiterbringen wollten. Ich habe realisiert, dass ich trotz guten Partien härter kritisiert wurde, weil meine Trainer sahen, dass ich mehr Potential hatte. Deshalb waren die Ansprüche an mich auch stets etwas höher. Ich musste einfach lernen, richtig mit konstruktiver Kritik umzugehen.

Mitdenken

Wichtig ist, dass man immer weiss, warum man eine Sache auf dem Feld auf eine gewisse Weise tun sollte. Wenn also der Trainer sagt, ich soll den gegnerischen Stürmer nach aussen Steuern, dann will ich verstehen, aus welchen taktischen Überlegungen ich das tun muss. Das hilft vor allem zu Beginn der Karriere, Teamtaktiken ganzheitlich zu verstehen und nicht einfach nur blind auszuführen, was einem gesagt wird.

Mittlerweile habe ich mich aber etabliert. Das heisst, ich darf meinen Trainern auch mal Inputs geben und sagen, wie meine Perspektive als Spieler aussieht. Nati-Coach Vladimir Petkovic zum Beispiel hat auch schon gesagt, dass er jederzeit froh ist, wenn ich ihm Inputs gebe.

epa08723771 Switzerland's national soccer head coach Vladimir Petkovic speaks to defender Manuel Akanji (L) during the team's training session at the kybunpark stadium in St. Gallen, Switzer ...
Mit Vladimir Petkovic kann ich sehr gut über Fussball philosophieren.Bild: keystone

Es geht bei Inputs natürlich auch immer um die richtige Tonalität und vor allem um den richtigen Zeitpunkt – ich spreche mit dem Coach unter vier Augen über meine Anliegen.

Fussball verstehen

Ein Grossteil des Fussballs wird nicht mit den Füssen, sondern mit dem Kopf gespielt. Und ich meine damit nicht Kopfbälle, sondern das Spielverständnis. Ich glaube, man kann Spielintelligenz durchaus lernen, viel hängt auch mit Erfahrung zusammen. Als Profi lernt man in der Videoanalyse sehr viel, indem man zum Beispiel Gegentore nochmals genau anschaut oder auch gewisse Aspekte der Spielauslösung.

Man lernt aber auch, wenn man Spiele im TV verfolgt. Allerdings muss man daraus die richtigen Schlüsse ziehen, weil andere Mannschaften mit anderen Taktiken spielen. Wenn also Sergio Ramos in einer Partie sieben Diagonalbälle schlägt, dann tut er das, weil das so im Spielsystem von Real Madrid geplant ist. Das heisst nicht, dass es für mich automatisch auch richtig wäre, weil sich unser Flügelspiel komplett unterscheidet. Was man hingegen mitnehmen kann sind einzelne Dinge wie die Zweikampfführung.

Polysportiv engagieren

Als Kind habe ich nicht nur Fussball gespielt, sondern war auch in der Leichtathletik und im Tennis aktiv. Ich wollte damals einfach rausfinden, was mir am meisten Spass macht. Ich glaube, dass ich davon auch für meine Fussballkarriere profitiert habe. Durch die Leichtathletik habe ich zum Beispiel in der Laufschule viel gelernt, beim Tennis habe ich meine kognitiven Fähigkeiten wie Koordination und Balance verbessert.

Die Wahl des Beraters

Seit ich 18 Jahre alt bin, steht mir Franco Moretti als Berater zur Seite. Damals spielte ich noch in der U21 beim FC Winterthur und davor war ein Berater für mich sowieso kein Thema, weil ich noch keinen Profivertrag hatte. Heutzutage werden immer jüngere Spieler bereits von Beratern angegangen – ob das Sinn macht, müssen die Spieler selbst entscheiden.

Bei der Wahl meines Beraters habe ich mich auf meine Menschenkenntnis verlassen. Mir war vor allem wichtig, dass ich nicht unter Druck gesetzt wurde und zu Beginn auch keinen Vertrag unterschreiben musste. Ich konnte Moretti einfach kontaktieren, wenn ich das Bedürfnis dazu hatte. Ich merkte dann schnell, dass es auch zwischenmenschlich gut passt. Mein Vater war damals bei den Treffen auch dabei und hat mich in meinem Gefühl bestätigt.

Die Wahl des richtigen Vereins

Bei mir hatte immer oberste Priorität, dass ich bei meinem Verein eine wichtige Rolle spielen kann. Ich würde also vorher zu einem etwas schwächeren Klub wechseln, bei dem ich Stammspieler bin, als bei einem Weltklasse-Klub nur auf der Bank zu sitzen. Spielpraxis ist vor allem für junge Spieler sehr wichtig, damit sie sich weiterentwickeln können.

Natürlich hast du nie die Garantie, dass du zu Spielzeit kommst, aber man kann schon einschätzen, was ein Klub mit einem plant.

Fu�ball: 1. Bundesliga, Saison 2019/2020, 25. Spieltag, Borussia M�nchengladbach - Borussia Dortmund 1:2 am 07.03.2020 im Borussia Park in M�nchengladbach Nordrhein-Westfalen. Leonardo BALERDI Borussi ...
Über längere Zeit die Bank zu drücken, wäre definitiv nichts für mich.Bild: www.imago-images.de

Auf den eigenen Körper hören

Es ist nicht immer einfach, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören. Mit mehr Erfahrung spürt man immer besser, was es bedeutet, wenn sich ein Muskel so oder so anfühlt. Die Physiotherapeuten und Trainer steuern zwar deine Belastung so gut es geht, aber du spürst irgendwann selbst am besten, was dir gut tut.

Als ich noch jünger war, habe ich nicht immer richtig entschieden. Ich erinnere mich an eine Situation, als ich mit dem FC Basel mit Schmerzen in eine Partie gegen St. Gallen ging und danach einen Muskelbündelriss davontrug.

Das richtige Umfeld

Mir ist mein Umfeld unheimlich wichtig. Damit meine ich nicht nur meine Familie, sondern auch meine engen Freunde. Diese trauen sich mir auch mal zu sagen, wenn etwas nicht so toll ist. Diese ehrliche Meinung schätze ich sehr. Als ich langsam zum Profi wurde, habe ich auch einige Leute kennengelernt, die mir nicht so gut gesinnt und eher daran interessiert waren, dass ich vielleicht mal eine Runde ausgebe oder es toll fanden, dass sie jemanden kennen, der in der Öffentlichkeit etwas bekannter ist.

Die wichtigste Eigenschaft

Das klingt jetzt nach Plattitüde, aber die mit Abstand wichtigste Grundvoraussetzung für eine Karriere als Profifussballer ist die Freude am Spiel. Man darf den Spass nie verlieren und sollte nicht zu verbissen sein. Man soll auch andere Hobbys haben, als nur Fussball zu spielen.

Wie so oft, ist auch hier das Timing entscheidend. Ein «Cheat-Day» beim Essen darf schon mal drin liegen, aber sicher nicht am Abend vor dem Derby. Als junger Spieler muss man genau solche Sachen noch lernen – da bringen auch Anweisungen nichts. Wie sagt man so schön: Man lernt nicht, dass die Herdplatte heiss ist, ohne sie anzufassen.

Bild

bild: sven germann

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Von Wiesendangen auf die grosse Fussballbühne: Manuel Akanji hat sich als Bundesligaspieler und in der Schweizer Nati etabliert.

In seinem Blog auf watson erzählt der 25-Jährige aus dem Leben eines Profifussballers. Unverblümt, authentisch, anekdotenreich – mit einem spannenden Einblick auf und neben das Spielfeld.

Mehr von Manuel Akanji gibt's hier:
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6 Kommentare
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Norenthal
12.12.2020 11:38registriert September 2020
Bezüglich dem zweiten Standbein, könnte da in der Schweiz mehr gemacht werden?
Einerseits ist die Entwicklung von 16 bis 20,21 extrem wichtig und die Spreu trennt sich vom Weizen. Sprich gehts eher Richtung YB, FC Biel oder FC Aarberg. Andererseits ist es auch die Zeit in der man eine erste Ausbildung machen würde.
Nebst beruflicher und sportlicher Entwicklung sollte ja auch das Teenager sein (auch wenn sie nerven😎) nicht zu kurz kommen. Freunde, Familie, seinen Platz finden etc. Manchmal hab ich das Gefühl, dass dies zu kurz kommt und ein 18 jähriger wie 30 sein sollte
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