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Super-League-Klubs erhalten kein Geld mehr: Ein fataler Entscheid

Die Baelle liegen bereit fuer die Spieler des BSC Young Boys und ihr erstes Training der Saison 2019/20 der Fussball Super League, am Montag, 17. Juni 2019, in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Der Ball dürfte ab Montag wieder rollen, doch das wird er vielerorts nicht tunBild: KEYSTONE
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Kein Geld für Fussballer, die nur trainieren – ein fataler Entscheid für die SFL-Klubs

Ab Montag wäre es den Klubs der Swiss Football League erlaubt, mit dem Mannschaftstraining zu beginnen. Weil das Seco bei Trainingsbeginn die Anmeldung für Kurzarbeit aber nicht mehr erlaubt, bleiben die Trainingszentren am 11.Mai weitgehend verwaist.
08.05.2020, 07:4508.05.2020, 08:17
François Schmid-Bechtel / ch media
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Firma X beantragt Kurzarbeit, weil Krankenhäuser kaum mehr Operationen durchführen, der Produzent medizinaltechnischer Geräte dadurch keinen Absatz mehr hat und er deshalb keine Batterien mehr von der Firma X kauft. Firma X wird Kurzarbeit genehmigt. Denn im Bundesgesetz über die Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung steht: Mit Kurzarbeitsentschädigungen können Arbeitsausfälle entschädigt werden, die auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar sind.

Selbst Restaurants, die ab Montag wieder öffnen, aber das Platzangebot wegen der Sicherheitsmassnahmen reduzieren müssen, können Kurzarbeit beantragen. Aber beim Fussball sagt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco): Njet! Selbst wenn die Kicker nurtrainieren, fliesst kein Geld mehr vom Bund zu den Profiklubs. Und wie ist es bei einem Zirkusartisten oder einem Musiker? Wird ihnen auch die Kurzarbeit verwehrt, wenn sie nur üben, aber nicht auftreten? Nein. Der Seco-Entscheid ist nicht nachvollziehbar. Und erist von enormer Tragweite für den Fussball.

ARCHIVBILD ZUM SDA-TEXT UEBER PRO- UND CONTRAS GEISTERSPIELE, AM MONTAG, 4. MAI 2020 - Un ballon, lors d'une rencontre amicale de football entre le FC Lausanne-Sport et le FC Sion ce vendredi, 13 ...
Kaum ein SFL-Klub beginnt wegen des Seco-Entscheids am Montag mit dem Training.Bild: KEYSTONE

Gewiss fehlt dem Fussball die Lobby in der Politik. Wofür er zu grossen Teilen – mangelnde Transparenz, Fanproblematik, abgehobene Attitüde – selbst verantwortlich ist. Aber so, wie ihm der Bund derzeit in die Beine grätscht, hat er es nicht verdient.

Allein schon mit der Aussicht, ab 8. Juni den Spielbetrieb wieder zuzulassen, hat der Bundesrat dem Fussball wirtschaftlich eher geschadet als geholfen. Erstens: Die TV-Gelder decken nicht die Ausgaben für die Geisterspiele. Zweitens: Mit einem bundesrätlichen Beschluss, die Fussballsaison abzubrechen, hätte die Liga gegenüberihren Partnern (TV-Stationen, Sponsoren) in den Verhandlungen um Restzahlungen eine rechtliche Grundlage.

Und nun das Nein zur Kurzarbeitsentschädigung. Da macht es einerseits keinen Sinn, am Montag das Training wiederaufzunehmen. Und da macht es auch keinen Sinn, über Geisterspiele ab 19. Juni nachzudenken. Das einzig Sinnvolle ist jetzt: Übung abbrechen und weiter Kurzarbeitsentschädigung zu beziehen. Denn das Damoklesschwert schwebt auch so schon über etlichen Klubs. Die meisten Schweizer Fussballunternehmen halten sich neben dem volatilen Transfergeschäft mit Einnahmen aus dem Spielbetrieb über Wasser. Diese Quelle versiegt noch für Monate.

Es geht nicht darum, dem Fussball Sonderrechte zuzugestehen. Aber der Seco-Entscheid wirkt diskriminierend. Und: Erlegt entweder den Spielbetrieb für Monate lahm. Oder ertreibt einige Klubs in den Ruin. Oder beides.

St.Gallen und GC sind die Ausnahmen
Als Folge des negativen Kurzarbeitentscheids haben sich bis gestern Abend lediglich der FC St.Gallen und GC dafür entschieden, am kommenden Montag (11. Mai) das Training aufzunehmen. YB und Luzern könnten noch folgen. Der FC Basel hat den Trainingsstart auf den 18. Mai verschoben. Thun startet noch eine Woche später mit dem Training, der FCZ gar erst am 28. Mai. Am 29. Mai entscheiden die SFL-Klubs über die Weiterführung der Meisterschaft. (pre)

Stimmen aus dem Schweizer Fussball zum Seco-Entscheid:

FCB-Captain Valentin Stocker:

«Es war für uns Spieler eine sehr lange Zeit ohne Fussball und ohne den persönlichen Kontakt mit unseren Teamkollegen. Niemand wusste, wie lange die Pause andauert und darum ist die Freude umso grösser, dass wir nun bald wieder zurück auf den Platz dürfen.»

Aarau-Präsident Philipp Bonorand:

«Falls am 29. Mai die 20 Profiklubs den Saison-Abbruch beschliessen, wäre der durch den Trainingsstart entstehende Aufwand nutzlos.»

FCL-Medienchef Markus Krienbühl:

«Dieser Entscheid des Seco hat unmittelbar keine Auswirkungen beim FC Luzern. Wir werden in den nächsten Tagen entscheiden, ob wir am Montag mit demTraining beginnen oder nicht. Vorher sind noch Abklärungen zu treffen.»

FCSG-Präsident Matthias Hüppi:

«Nach dieser langen Pause ist die Wiederaufnahme des Trainings für das Team als Gruppe wichtig. Was wir uns jetzt wieder erarbeiten, ist nicht für die Katz. Wir tun alles dafür, um bereit zu sein, sollte die Meisterschaft wieder losgehen.»

Wil-Präsident Maurice Weber:

«Es wird wohl kaum ein Klub mit dem Training beginnen und damit auf Kurzarbeitgelder verzichten.»
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rellik
08.05.2020 08:58registriert Dezember 2017
Ich muss sagen, dass Argument mit den Musikern und Artisten hat mich schon überzeugt. Ich finde solange nur trainiert werden kann sollte Kurzarbeit gestattet werden. Sobald (Geister-)spiele stattfinden (resp. stattfinden dürfen) sollte die Kurzarbeit dann wieder gekürzt/ gestrichen werden.

Aber vielleicht (sorry unpopuläre Meinung) ist es auch ganz gut wenn schlecht geführte Klubs wie Lugano, Luzern, Sion, Basel, Zürich von den jetztigen Präsidenten verkauft werden müssen...
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Spartan117CH
08.05.2020 09:27registriert Januar 2018
Die Fussballer bezahlen auch ALV.
Wenn man den Kommentaren von wegen Milionären auf dem Fussballplatz beachtung schenkt,
zahlen diese Fussballer und Verein mehr in die ALV als die meisten anderen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Bei der Auszahlung der Leistung, sollte mit gleichen Masstab gemessen werden.
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Miami Greis
08.05.2020 10:02registriert Oktober 2017
Obwohl ich ein grosser Fussballfan bin, bin ich dagegen das der Staat das komplett überbordende Fussballbusiness finanziell unterstützt. FIFA und UEFA sind regelrechte Geldmaschinen. Der Verband macht ebenfalls schöne Gewinne. Und dort sitzen ja all die Funktionäre welche die grossen Zuschüsse garnieren. 70-/80-jährige Greise welche selbst in ärmsten Ländern in saus und braus leben. Es braucht einen Aufstand der Vereine und Ligen, dort wo die Knochenarbeit geleistet wird und tausende Arbeitsplätze dran hängen. Der Fussball braucht eine Selbstreinigung. Danach kommt evtl. der Staat.
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