Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende, haben sich wohl die Verantwortlichen bei Manchester United gedacht, als sie Trainer José Mourinho entlassen haben. So erhält der Portugiese nun zwar rund 22 Millionen Euro Abfindung – was für einen scheidenden Trainer Rekord ist.
Doch die Leistungen von United in dieser Saison waren derart schlecht, dass der Klubführung gar keine andere Wahl mehr blieb. Irgendwo mussten sie den Hebel ansetzen. Doch «The Special One» hinterlässt mehrere Baustellen, die nun aufgeräumt werden müssen.
In den letzten zehn Partien hat Mourinho seine Mannschaft mit sieben verschiedenen Formationen laufen lassen. Fünf, vier oder nur drei Leute in der Abwehr? Doppelspitze oder Einmannsturm? Kompaktes Mittelfeld oder weit auseinandergezogen? Der Gegner wusste nie, was ihn erwartet. Die eigenen Spieler aber auch nicht.
Dazu kommt, dass «Mou» auch personell von Spiel zu Spiel viel verändert hat. Taktische Flexibilität und zwischendurch auch mal rotieren sind im modernen Fussball zwar wichtig. Konstanz und ein System, das die Spieler kennen und anwenden können, wären aber noch wichtiger. Das ist der erste Schritt, dem sich der neue Trainer annehmen muss.
Des Weiteren wäre es zentral, dass das neue System wieder etwas offensiver ausgerichtet wäre. Mourinho war dafür bekannt, den Bus vor dem eigenen Tor zu parkieren, defensiv abzuriegeln. So wechselte er beispielsweise beim Stand von 1:1 gegen Liverpool Marouane Fellaini als defensive Absicherung ein, während Jürgen Klopp auf Joker Xherdan Shaqiri setzte und so das Spiel gewann.
Dieses Jahr war der Manchester-Bus aber eher löchrig. In den bisherigen 17 Spielen hat United schon ein Tor mehr kassiert als in der gesamten Saison 2017/18. Gerade deshalb sollte man vermehrt auf die Offensive setzen. Spieler wie Paul Pogba, Anthony Martial, Jesse Lingard, Marcus Rashford und Romelu Lukaku müssen ihr volles Potential entfalten können.
Die Geschichte von José Mourinho im Old Trafford ist auch die Geschichte von vielen missglückten Transfers. Für rund 450 Millionen Schweizer Franken hat «The Special One» bei United Spieler eingekauft. Doch nur wenige davon haben sich in der Premier League nach Wunsch durchsetzen können.
Insbesondere die Verteidigung mit Bailly, Lindelöf und Dalot ist ungenügend. Ein Verteidiger von Weltklasseformat müsste her, um der Reihe die nötige Stabilität zu verleihen. Das hat auch Mourinho in seiner Amtszeit wiederholt gesagt (Danke an User zellweger_fussballgott für den Hinweis). Warum nicht das holländische Juwel Matthijs de Ligt? Gleichzeitig müssten sich die «Red Devils» wohl aber auch vom einen oder anderen Spieler trennen.
José Mourinho hat jeweils klare Vorstellungen und setzt diese rigoros durch. Mit seiner Art verscherzt er es sich auch immer wieder mit den eigenen Starspielern. Bei Chelsea hatte er Mühe mit Eden Hazard. In Manchester schwelte seit einiger Zeit ein ständiger Konflikt mit dem französischen Weltmeister Paul Pogba.
Der Mittelfeldstar war sichtlich unzufrieden. Auch seine Leistung litt darunter. Nach einigen Toren zu Beginn der Saison war er zum letzten Mal Ende Oktober erfolgreich. Pogba und auch sein Landsmann Martial drohten mit Abgängen.
Nun, da Problemherd Mourinho weg ist, muss das Vertrauen zwischen dem Klub und seinen Stars wieder aufgebaut werden. Die Spieler müssen auf dem Platz wieder selbstbewusst auftreten und sich die Zukunft bei Manchester United vorstellen können.
Um die oben genannten vier Probleme zu bewältigen, braucht United natürlich den richtigen Trainer. Fürs Erste übernimmt der einstige Mittelfeldspieler Michael Carrick das Training. Danach soll ein Interimstrainer die Geschicke bis Ende Saison leiten. Als mögliche Interimvarianten werden die Namen von Laurent Blanc und Ole Gunnar Solskjaer genannt.
Doch für die neue Saison brauchen die «Red Devils» wieder eine langfristige Lösung. Keine einfache Entscheidung, denn so richtig erfolgreich war seit dem Rücktritt von Sir Alex Ferguson kein Manager mehr. Der Favorit bei den Buchmachern ist Tottenhams Trainer Mauricio Pochettino, den Ferguson schon vor drei Jahren gerne bei «seinem» Manchester United gesehen hätte.
Aber auch der derzeit pausierende Zinédine Zidane und Antonio Conte, der Mourinho schon bei Chelsea beerbt hat, stehen zur Diskussion. Derweil bringt die «Sun» auch den Namen von Arsène Wenger in die Diskussion ein. Sie trauen dem Franzosen den richtigen Umgang mit seinem Landsmann Pogba zu.