Keinen Phil Taylor mehr. Peter Wright schon ausgeschieden. Raymond van Barneveld ebenfalls im ersten Auftritt rausgeflogen. Nichts ist mehr, wie es einmal war im ehrwürdigen Alexandra Palace im Norden Londons.
Wright, die Nummer 3 der Welt, ist gegen einen Spanier gescheitert. Van Barneveld, fünffacher Weltmeister, schied gegen einen Litauer aus. Beides keine klassischen Darts-Nationen. Wobei es sich bei diesen bislang in erster Linie um die britischen und irischen Länder sowie um Holland handelte.
Doch nicht nur Wrights Bezwinger Toni Alcinas und «Barney»-Besieger Darius Labanauskas haben sich in der Anfangsphase dieser WM in den Fokus gespielt. Auch der Japaner Seigo Asada steht in der 2. Runde. Der Schwede Daniel Larsson warf bei seiner Premiere im «Ally Pally» den routinierten Schotten Robert Thornton raus, 2015 Sieger des World Grand Prix. Diogo Portelo aus Brasilien spielte stark und scheiterte denkbar knapp. Der Gegner des englischen Titelverteidigers Rob Cross in der 3. Runde wird zwischen dem Spanier Cristo Reyes und dem Österreicher Rowby-John Rodriguez ermittelt.
Je mehr Länder erfolgreiche Athleten stellen, desto besser für die Sportart selber. Wohl am wichtigsten ist für den PDC-Verband jedoch die Tatsache, dass mit Max Hopp erstmals ein deutscher Spieler in der 3. Runde der WM steht. Denn das grosse Deutschland ist natürlich ein Markt, welchen die Darts-Macher nur zu gerne noch weiter erobern würden. «Wenn ein Deutscher wirklich eines Tages Darts-Weltmeister wird, dann passiert hier etwas ganz Verrücktes», prophezeit Werner von Moltke. Als Chef von PDC Europe ist er für die Entwicklung des Sports ausserhalb Englands zuständig.
In Deutschland träumen sie schon von einem Aufschwung, wie ihn andere Sportarten erlebten. Die Formel 1 vor Michael Schumacher? Tennis vor Steffi Graf und Boris Becker? Skispringen vor Martin Schmitt und Sven Hannawald? Die Tour de France vor Jan Ullrich? Fand alles kaum statt in der deutschen Öffentlichkeit.
Kann Max Hopp seiner Sportart ebenfalls einen derartigen Schub verleihen? Das trauen dem Darts nicht viele zu. Andererseits machte RTL aus Skispringen die «Formel 1 des Winters», inszenierte den eher spröden Sport als Nonplusultra – und die Fans zogen mit. Der Schweizer Nationalspieler Marco Streller sagte über die Euphorie anlässlich der Fussball-WM 2006: «Wenn die Deutschen eine WM im Sackhüpfen ausrichten und den Favoriten stellen würden, kämen da 50'000 Zuschauer.»
Wenn so etwas mit Skispringen möglich ist, dann wohl auch mit dem telegenen Darts, dessen Spiele nicht zu kurz sind und nicht zu lange dauern. Ein wichtiger Faktor in einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne sinkt.
Darts füllt heute schon grosse Hallen. Die Übertragungen der WM sind ein Renner und mit «Pro Sieben» schuf ein grosser Sender bereits ein Promi-Darts-Format. Der 22-jährige Hopp, ein Mann ganz ohne Bierbauch, könnte derjenige sein, der die nächste Stufe dieser Rakete zündet.
Dazu würde natürlich ein weiterer Sieg viel beitragen. Der «Maximizer» trifft am Samstag in der 3. Runde auf niemand anders als Michael van Gerwen, die Nummer 1 der Welt. Ein Sieg wäre ein Exploit, der Max Hopp und dem Darts-Sport in Deutschland noch einmal gehörig Schub geben würde.