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NHL: Corona und Streit um Lohnverzicht und Escrow verzögert Saisonstart

FILE - This March 12, 2020, file photo, shows the Capital One Arena, home of the Washington Capitals NHL hockey club in Washington. Time is running short for the NHL to start its season on Jan. 1. Var ...
Die NHL-Stadien bleiben vorerst noch leer.Bild: keystone

Der NHL-Start verzögert sich weiter – Schuld ist nicht nur Corona, sondern auch das Geld

Es ist Anfang Dezember und der Start der neuen NHL-Saison ist noch nicht absehbar.
04.12.2020, 14:56
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Am 1. Januar – so spät wie noch selten – hätte eigentlich die neue NHL-Saison beginnen sollen. Doch während einige Teams mittlerweile zwar mit den verfügbaren Spielern erste Trainings durchführen, scheint der tatsächliche Saisonauftakt noch weit weg. Das Problem? Natürlich die zweite Corona-Welle, die Nordamerika erreicht hat. Aber auch das liebe Geld.

Die NHL-Teambesitzer und die Spielergewerkschaft (NHL Players' Association – NHLPA) streiten sich derzeit nämlich hauptsächlich über finanzielle Anliegen. Um zu erklären, worum es geht, müssen wir zuerst auf den letzten Sommer zurückblicken.

Damals ging es in den Gesprächen zwischen der Liga und der NHLPA um die Fortführung der unterbrochenen Saison 2019/20, aber eben auch um eine vorzeitige Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrags (Collective Bargaining Agreement – CBA) im Hinblick auf die von der Coronavirus-Pandemie verursachte Krise. Damals einigten sich die beiden Parteien auf folgende Punkte:

  • Die Spieler stunden in der Saison 2020/21 zehn Prozent ihres Lohns. Diesen Teil sollen sie zu einem späteren Zeitpunkt erhalten.
  • Escrow (siehe Infobox) soll für die Saison 2020/21 bei 20 Prozent liegen, 2021/22 zwischen 14 und 18 Prozent, 2022/23 bei zehn Prozent und in den folgenden drei Jahren bei sechs Prozent.
Was ist Escrow?
Der aktuelle Gesamtarbeitsvertrag der NHL schreibt vor, dass jegliches «hockey related revenue» – also Geld, das die Teams durch Tickets, TV-Verträge, Gastronomie etc. einnehmen – zwischen Spielern (durch die Löhne) und Teambesitzern halbiert wird.

Klingt in der Theorie einfach, ist in der Praxis aber etwas komplizierter. Denn die Spielerlöhne sind jedes Jahr eine fixe Summe. Die Einnahmen der Teams variieren aber von Jahr zu Jahr, insbesondere jene der kanadischen Teams, die zusätzlich noch vom Wechselkurs zum US-Dollar abhängig sind. Und da kommt Escrow ins Spiel.

Damit die Spieler mit ihren Löhnen nicht einen zu grossen Teil des Kuchens erhalten, wandert jedes Jahr ein gewisser Teil der Spielerlöhne (meistens sind es mehr als 10 Prozent) auf einen Escrow-Fonds einer Drittpartei.

Die NHL bestimmt, welchen Prozentsatz die Spieler abgeben müssen, indem sie die Gesamteinkünfte der Teams prognostiziert. Ende Saison, wenn die Teameinnahmen definitiv feststehen, wird das aufgesparte Escrow-Geld an Spieler und Teambesitzer verteilt, sodass die 50:50-Vorgabe erfüllt wird. Bleiben die Einkünfte der Teams unter den Erwartungen, erhalten die Besitzer die Mehrheit des Geldes, um dieses Loch zu stopfen. Sind die Einkünfte höher als erwartet, erhalten die Spieler ihr Geld wieder zurück.

Teambesitzer wollen Bedingungen ändern

Im Hinblick auf die nächste Saison sind die NHL-Teambesitzer mit dem im Sommer ausgehandelten Deal aber nicht mehr glücklich. Deshalb haben sie der NHLPA zwei mögliche Varianten vorgeschlagen. Entweder die Spieler stunden in der nächsten Saison 20 Prozent ihres Lohns und Escrow steigt auf 25 Prozent (ebenfalls nur 2020/21). Oder aber die Spieler stunden nächste Saison 26 Prozent ihres Lohns und Escrow steigt für die letzten drei Jahre des Deals auf acht bis neun Prozent statt deren sechs.

Die Retro-Trikots der NHL-Saison 2020/21:

Nach Ansicht der NHL habe sich die Situation wegen der Coronavirus-Pandemie noch einmal verschlechtert. «Wir haben damals Annahmen gemacht, die so heute nicht mehr zutreffen», erklärt NHL-Commissioner Gary Bettman. Das Problem ist, dass die Verluste bislang viel grösser sind, als die Besitzer im Sommer angenommen haben. «Den Spielern stehen sowieso nur 50 Prozent der Einnahmen zu. Wenn sie jetzt zu viel erhalten, müssen sie die Beträge einfach in den nächsten Jahren zurückzahlen», sagt Bettman.

Der Liga drohen in den nächsten Monaten dazu noch weitere grosse Verluste. Aufgrund der epidemiologischen Lage scheint es unwahrscheinlich, dass bald wieder Zuschauer in den Stadien zugelassen sind. Und bei den TV-Geldern drohen aufgrund einer verkürzten Saison ebenfalls Verluste.

Die NHLPA ist mit den Forderungen der Besitzer aber nicht einverstanden. «Wir haben erst gerade eine Abmachung getroffen, warum sollten wir das nun schon wieder ändern?», fragt ein Spieler gegenüber «Sportsnet». «Wenn wir den neuen Bedingungen zustimmen, wer garantiert uns, dass im nächsten Jahr nicht wieder neue Änderungen kommen?», fragt ein anderer. Die Gewerkschaft überlegt sich deshalb rechtliche Schritte, falls die Liga androht, die Saison platzen zu lassen.

Aktuell scheint es nicht so, dass die beiden Parteien bereit sind, weit von ihren Positionen abzuweichen. Es braucht also einen Kompromiss und das möglichst bald. Denn so lange Liga und Gewerkschaft keine Einigung finden über die finanziellen Parameter der neuen Saison, kann sie auch nicht beginnen.

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Und Corona?

Doch selbst bei einer allfälligen Einigung schwebt über der neuen NHL-Saison noch ein grosses Fragezeichen. Die zweite Corona-Welle hat auch Nordamerika erreicht. Die USA vermelden täglich neue Rekordwerte an positiven Tests, Hospitalisierungen und Todesfällen.

«Die zweite Welle scheint noch heftiger zu sein als die erste. Mit den Nachwirkungen von Thanksgiving und den Prognosen, was Weihnachten auslösen könnte, nehmen wir uns Zeit, um alles genau zu beobachten», sagt Gary Bettman. Der renommierte NHL-Insider Pierre LeBrun schreibt bei «The Athletic», dass er zwar noch daran glaube, dass es eine NHL-Saison geben wird, aber dass sie wohl nicht im Januar beginnen wird.

Schliesslich müssen vor den ersten Ernstkämpfen auch noch Trainingscamps durchgeführt werden. Und nochmals vorher müssten viele Spieler nach der Reise in ihre NHL-Heimat wohl auch noch in Quarantäne.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jumbo Joe
04.12.2020 16:09registriert Juni 2020
Schade um die NHL, aber fantastisch für die National League! So können wir Joe Thornton wohl noch weitere paar Wochen auf Schweizer Eis bestaunen! Mit 1,25 Skorerpunkten pro Spiel hat er (nach Ambühl und Herzog) den drittbesten Wert aller Schweizer respektive den sechstbesten Wert sämtlicher NL- Spieler. Und das mit 41 Jahren. Chapeau!
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eye love two hockey
04.12.2020 16:32registriert Januar 2018
Sind wir mal ehrlich: Die Teambesitzer haben bereits im Sommer gewusst, dass die finanziellen Abmachungen für sie kaum aufgehen werden. Dennoch haben Sie den Deal angenommen um 19/20 finanziell zu retten, wohlwissend das zu einem späteren Zeitpunkt nachverhandelt werden muss.

In der Zwischenzeit machen die Spieler den Dr*cksjob, lassen sich auf die Bubble ein und werden nun an der Nase herumgeführt.

Auch wenn ich mir NHL Hockey sehnlichst zurückwünsche, hoffe ich die Spieler bleiben stark und geben nicht einfach so nach.
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