«Das war natürlich mega krass!» Eigentlich ist Nico Hischier ein Mann, der seine Worte stets mit Bedacht wählt. Er wirkt überlegt, bescheiden, will nichts sagen, woraus ihm jemand einen Strick drehen oder das jemanden verletzen könnte. Worte wie «cool», «geil» oder eben «krass» finden bei Hischier normalerweise keine Verwendung.
Doch auf die lobenden Worte von NHL-Legende Wayne Gretzky angesprochen, weiss sich selbst Hischier nur noch mit dem Jugendterminus «mega krass» zu helfen. Es ist einer der wenigen Momente, in denen man realisiert, dass der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung eben doch erst 19-jährig ist.
Der Oberwalliser hat bewegte Monate hinter sich. Zu Beginn der vergangenen Saison waren alle Augen auf die neue Attraktion namens «Nummer-1-Draft» gerichtet. Nach seiner Ankunft bei den New Jersey Devils brach der gesamte Trubel über Hischier hinein. Jeder wollte ein Autogramm, ein Interview, ein Foto. Kurzum: Alle wollten ein Stück von Nico Hischier.
War das nicht zu viel Last für die unerprobten Schultern? Der 19-Jährige verneint. «Nach einem Draft wirst du halt etwas genauer angeschaut. Die Menschen im Club haben mir geholfen, mich schnell zu integrieren, und haben dafür gesorgt, dass ich mich auf Eishockey konzentrieren kann.»
Diese Bemühungen der Verantwortlichen bei den New Jersey Devils haben gefruchtet: Hischier stand in seiner ersten NHL-Saison in jedem Spiel auf dem Eis und hatte mit 53 Torbeteiligungen massgeblichen Anteil daran, dass seinem Club erstmals seit fünf Jahren wieder die Qualifikation für das Playoff glückte.
«Die Anzahl Tore und Assists sind mir nicht wichtig. Das ist vor allem für die Medien und Fans spannend», sagt Hischier. «Mich interessiert immer nur, wie ich dem Team helfen kann.»
Diese Hilfe können die New Jersey Devils derzeit gut gebrauchen, rangieren sie doch nach etwas mehr als einem Drittel der Regular Season auf dem drittletzten Platz unter den 31 NHL-Mannschaften. «Wir machen eine schwere Phase durch. Die kleinen Fehler kosten uns momentan zu viele Punkte», sagt Hischier. Mit seinem darauffolgenden Satz beweist der Walliser dann auch, dass er die PR-Schule im Profigeschäft durchlaufen hat: «Wir müssen einfach spielen und auf unsere Stärken vertrauen.»
Zuletzt verpasste Hischier erstmals einige Spiele aufgrund einer Verletzung. Wird er im NHL-Haifischbecken härter angegangen, da jetzt alle wissen, was die Nummer 13 kann? «Auf solche Dinge achte ich nicht. Ich richte meinen Fokus immer auf das Spiel.»
Für Hischier ist immer noch vieles Neuland in Nordamerika. Doch das erste Kribbeln im Bauch, die Nervosität vor dem Aufbruch in das Abenteuer mit unbekanntem Ausgang ist ein Stück weit der Routine gewichen. «Natürlich ist die Liga einzigartig. Doch viele Dinge sind mir jetzt vertrauter, gerade auch ausserhalb des Eishockeys.»
Als Beispiel nennt er seine Wohnung, in der er alleine lebt. Viele seiner Mitspieler wohnen im selben Gebäudekomplex. «Wir kochen oft zusammen und gehen, wenn es die Zeit zulässt, auch mal nach New York.» Hischier ist angekommen in Nordamerika. «Das hier ist meine zweite Heimat geworden», sagt der Oberwalliser. Doch kaum ist dieser Satz ausgesprochen, fügt er an: «Aber mein richtiges Zuhause ist in der Schweiz.»
Aus seinem «richtigen Zuhause» erhält Hischier in den kommenden Tagen Besuch. «Einer meiner Kollegen kommt mit seiner Freundin. Wir feiern zusammen Weihnachten und Silvester.» Einsam sei er eigentlich nie. Aber gerade Weihnachten sei die Zeit, die er gerne mit Familie und Freunden geniessen würde. «Das ist sich wahrscheinlich jeder gewohnt. Und es ist ja auch etwas Schönes», sagt Hischier. Aber er habe in den vergangenen Jahren genügend Zeit gehabt, sich daran zu gewöhnen. «Weihnachten auswärts feiern», nennt er es.
Ob er jemals in den vergangenen Monaten ins Zweifeln gekommen sei? Die Abschlussfrage, bevor die gewährten Minuten des Telefoninterviews ablaufen. «Es gab und gibt immer Momente, in denen es besser oder schlechter läuft», beginnt Hischier. «Aber es sind immer Menschen um mich herum, die für mich da sind, mich unterstützen und mir helfen.» Da ist er wieder. Der bescheidene 19-Jährige aus dem Oberwallis.