Es war eines der verrücktesten Spiele der jüngeren NHL-Geschichte. Die San Jose Sharks drehen gegen die Vegas Golden Knights einen 0:3-Rückstand innert 241 Sekunden. Plötzlich steht es 4:3 für Timo Meier und Co. Am Ende setzen sich die Kalifornier in der Verlängerung durch und ziehen in die zweite Runde der Stanley-Cup-Playoffs ein.
Doch zu diesem Spektakel kommt es erst, weil Cody Eakin für einen Crosscheck gegen Sharks-Captain Joe Pavelski eine 5-Minuten-Strafe kassiert. Im folgenden Powerplay – die Strafe wird nach einem Tor nicht wie bei einer 2-Minuten-Strafe aufgehoben – erzielt San Jose die vier Tore.
Pavelski fällt zu Boden (bzw. er wird von Paul Stastny aufs Eis gestossen) und verletzt sich beim Sturz. Er blutet aus einer Wunde am Kopf. Wohl deshalb entscheiden sich die Schiedsrichter gegen eine kleine und für eine grosse Strafe. Ein strenger Entscheid. Und einer, der für die Golden Knights fatale Folgen hat.
Don van Massenhoven, NHL-Supervisor der Serie zwischen Vegas und San Jose, erklärt den Entscheid der Refs folgendermassen:
Da ist Golden-Knights-Stürmer Jonathan Marchessault komplett anderer Meinung: «Ich hoffe, dass es Joe Pavelski gut geht. Aber die Strafe ist ein verdammter Witz. Wenn du den Crosscheck bestrafen willst, okay. Aber nicht mit fünf Minuten. Das hat das ganze Spiel, die Serie und unsere Zukunft entschieden. Es ist peinlich.»
Und der 28-Jährige bringt einen interessanten Punkt ins Spiel: «Warum können sich die Schiedsrichter in einer solchen Situation nicht die Wiederholung anschauen?»
Im Eishockey kommt der Videobeweis nur bei Tor-Entscheidungen zum Einsatz. Es darf angeschaut werden, ob einem Tor eine Torhüterbehinderung, ein hoher Stock oder ein Offside vorausging, oder ob der Puck überhaupt über der Linie war. Das Videostudium einer Strafe, auch wenn sie in einem Fall wie diesem genau so entscheidend ist wie ein Tor, geht nicht.
Auch auf Twitter fordern Journalisten und Beobachter eine solche Möglichkeit.
Well, if this doesn’t lead to video review for major penalties — nothing will.
— Elliotte Friedman (@FriedgeHNIC) April 24, 2019
You can review whether a player's skate was slightly hovering over the blue line 45 seconds before a goal but you can't double check whether a player getting 5 minutes and a game was actually warranted
— Dimitri Filipovic (@DimFilipovic) April 24, 2019
This!! If we can review a millimeter for offside, we should be able to review major penalties. C’mon. https://t.co/CumIJLjT1I
— Rachel Doerrie (@racheldoerrie) April 24, 2019
What really gets me is you can challenge an offside call to see if a toe is dragged over a line, but can’t review a penalty call to just double check you aren’t totally destroying the game.
— Daniel Negreanu (@RealKidPoker) April 24, 2019
Such an easy fix. Sports is stupid.
In der NHL wäre das relativ einfach umzusetzen. Dort gibt es einen sogenannten «Situation Room» in Toronto, wo jedes Spiel von Unparteiischen beobachtet wird. Bei einem hohen Stock vor einem möglichen Goal geht der Schiedsrichter nicht mehr selbst das Video anschauen, sondern erhält aus der Zentrale in Toronto den definitiven Entscheid.
Ähnlich könnte es auch bei grossen Strafen sein. Die Offiziellen im «Situation Room» schauen sich bei jeder grossen Strafe die Bilder an und teilen dem Schiedsrichter mit, ob der Entscheid in Ordnung geht oder ob er allenfalls revidiert werden muss. Man könnte auch diskutieren, wann es diesen Videobeweis geben soll: In der Regular Season oder nur in den Playoffs?
In der Schweiz gibt es (noch) keinen «Situation Room». Hier müssten die Schiedsrichter selbst zum Videostudium antraben. Aufgrund der teilweise ungenügenden Infrastruktur in einigen Stadien (kleine Bildschirme etc.), wären manche Entscheide auch mit dem Videobeweis nicht zweifellos zu klären.
Man müsste sich also die Frage stellen, ob eine Ausweitung des Videobeweises unter solchen Umständen überhaupt Sinn ergibt. Die Diskussion darüber ist aber allemal angebracht.