Sport
Eishockey

NHL: Darum spielt Kevin Fiala bei den Minnesota Wild in Hochform

Minnesota Wild's Kevin Fiala, top left, is congratulated by teammates after his power-play goal against the Vancouver Canucks during the first period of an NHL hockey game Thursday, Feb. 6, 2020, ...
Es läuft: Kevin Fiala (#22) jubelt mit Luke Kunin (#19) und Ryan Donato (#6).Bild: AP

Darum spielt Kevin Fiala in Minnesota wieder sein ganzes Potenzial aus

Eine fremde Stadt, ein neues Team und eine tiefe Krise. Der Wechsel zu den Minnesota Wild hat Kevin Fiala vor grosse Probleme gestellt. Doch jetzt schafft es der NHL-Stürmer endlich wieder, sein grosses Potenzial abzurufen. Eine Frage der Zeit und des Selbstvertrauens.
12.02.2020, 14:2613.02.2020, 07:45
Mehr «Sport»

Am Ende hat Paul Fenton eben doch recht gehabt. Der in Ungnade gefallene und diesen Sommer entlassene Ex-General-Manager (GM) der Minnesota Wild war der grosse Förderer von Kevin Fiala.

2014 war er noch Assistant General Manager bei den Nashville Predators und damit verantwortlich für das Draft-Scouting. Dass die Predators an elfter Stelle in der ersten Runde den Ostschweizer Fiala zogen, war Fenton geschuldet. Er sah einen schnellen, dynamischen Spieler mit brillanter Technik und einem gefährlichen Schuss. Ein Spieler, der Spiele entscheiden kann.

Paul Fenton draftet Kevin Fiala im Jahr 2014.Video: YouTube/Fred Murtz

Als Fenton 2018 GM bei Minnesota wird, setzt er sobald alles daran, Fiala zurück zu seinem Team zu holen. Im Februar 2019 ist es dann soweit: Der heute 60-Jährige schickt Mikael Granlund nach Nashville und erhält im Gegenzug seinen Wunschspieler Kevin Fiala. Fenton stattet seinen Schützling mit Vorschusslorbeeren aus, bezeichnet ihn als «Game-Breaker» – eben als Spieler, der Partien im Alleingang entscheiden kann.

«Das war mein erster Trade. Ich brauchte einfach Zeit.»
Kevin Fiala

Doch die Realität sieht anders aus. Fiala hat grosse Mühe in seiner Anfangszeit in Minnesota. Er entscheidet Spiele im Alleingang, aber nicht auf gute Art und Weise. Es ist auffällig, wie extrem viele Scheiben der Ostschweizer verliert, dem Gegner so gefährliche Gegenstösse ermöglicht. Bald fällt Fiala bei den Fans in Ungnade, weil er die zu hohen Erwartungen nicht erfüllen kann.

Rückblickend gibt der heute 23-Jährige im Gespräch mit «The Athletic» zu, dass er damals vor Angst wie gelähmt war. «Das war mein erster Trade, ich brauchte einfach Zeit», erzählt Fiala. Am Anfang sei es in Nashville ähnlich gewesen. «In den ersten ein oder zwei Saisons habe ich mich dort auch nicht wohl gefühlt. Ich hatte Angst.»

Fiala hofft, dass ihm in der Saison darauf ein Neustart gelingt. Doch auch der Sommer 2019 verläuft nicht ohne Probleme. Paul Fenton wird gefeuert und durch Bill Guerin ersetzt. Die Vertragsverhandlungen zwischen Fiala und den Wild verlaufen zäh. Er unterschreibt erst kurz vor dem Trainingsstart ein neues Arbeitspapier. Wegen Visumproblemen verpasst der Uzwiler die ersten Tage im Trainingscamp Minnesotas trotzdem – schon hat er Rückstand auf seine Teamkollegen. Entsprechend enttäuschend verläuft auch der Saisonstart. Nach wenigen Spielen folgt Mitte Oktober der Wachrüttler: Fiala muss auf die Tribüne.

Als der Stürmer davon erfährt, beschwert er sich bei Trainer Bruce Boudreau und sagt: «Aber ich will spielen.» Die lapidare Antwort des Coachs: «Tja, scheisse gelaufen.» Man müsse sich seine Einsätze verdienen.

Das sieht auch Fiala ein. «Ich wusste, dass ich gewisse Details umstellen musste, dass ich besser werden musste», erzählt der Stürmer rückblickend. Der Durchbruch gelingt ihm am 2. November, als ihm gegen St.Louis das erste Saisontor gelingt. Seither ist er der produktivste Spieler der Wild mit 37 Punkten (14 Tore) aus 43 Spielen. Er schafft es, die Zuschauer wieder für sich zu gewinnen. Man könne über Fenton viel Negatives sagen, aber bei Fiala habe er recht behalten, heisst es aus Fankreisen.

Und zuletzt hat der Schweizer mit fünf Toren und zehn Punkten in fünf Spielen nochmals eine Schippe draufgelegt.

«Kevin läuft gerade heiss. Er reisst die Zuschauer von den Sitzen.»
Alex Stalock, Goalie Minnesota Wild

In den ersten acht Spielen der Saison im Monat Oktober gelang Fiala nur ein Assist. Er erarbeitete sich acht Torchancen und gab 28 Schussversuche ab. In den letzten fünf Partien kam er auf 18 Torchancen und gab insgesamt 35 Schussversuche ab.

Das Selbstvertrauen des Uzwilers ist spürbar – auch bei den Teamkollegen. Goalie Alex Stalock glaubt, dass Fiala erst gerade realisiert hat, wie gut er wirklich ist. «Kevin läuft gerade heiss. Er hat dieses gewisse Etwas, spielt Pässe, die unmöglich scheinen. Er reisst die Zuschauer von den Sitzen und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass es den Jungs gefällt, mit ihm zu spielen», sagt der 32-Jährige.

Dieses wiedergefundene Selbstvertrauen und das neugefundene Wohlbefinden in Minnesota sind sicher die Hauptgründe, warum Fiala sich derzeit im Hoch befindet. Aber es gibt auch noch ein anderes wichtiges Detail: Nachdem der Ostschweizer lange zwischen diversen Linien hin und her geschoben wurde, hat er nun seinen Platz in der ersten Linie an der Seite von Eric Staal und Zach Parise gefunden. Boudreau setzt ihn zudem in der ersten Powerplay-Formation ein.

«Wenn Fialas Ego anschwillt, leidet sein Spiel darunter.»
Bruce Boudreau, Trainer Minnesota Wild

Fiala verdient sich diese zusätzliche Eiszeit auch mit verantwortungsvollerem Spiel in der eigenen Zone. Der Stürmer scheint gelernt zu haben, dass erfolgsversprechende Angriffe mit sauberem Defensivspiel beginnen. Dennoch will Boudreau seinen Spieler nicht zu fest loben: «Fiala spielt gut, aber erst seit einigen Wochen, nicht schon seit Monaten», sagt der Trainer.

Mit Selbstvertrauen gelingen auch solche Traumtore.Video: streamable

Er befürchtet, dass der Erfolg dem Schweizer zu Kopf steigt. «Wenn sein Ego anschwillt, leidet sein Spiel darunter», gab Boudreau schon mehrmals zu bedenken. Deshalb nimmt er sich auch die Zeit, immer wieder mit Fiala zu sprechen, um ihn auf den Boden der Realität zurückzuholen.

Fiala dagegen verspricht, dass sich seine Einstellung nicht verändert. Er wolle ein Star sein in dieser Liga: «Ich habe schon viel gelernt und will noch besser werden», sagt der Flügel gegenüber «The Athletic» und fügt an: «Ich will bei jedem Einsatz den Unterschied ausmachen können. Ich will dem Team helfen, egal was es mich kostet.»

Einen derart heissen und motivierten Spieler können die Wild gut gebrauchen. Ein Spieler, wie ihn Paul Fenton versprochen hat. Mit dem Sieg heute Nacht gegen die Vegas Golden Knights sind sie bis auf vier Punkte an den letzten Playoff-Platz herangekommen – und das bei drei Spielen weniger auf dem Konto. Mit einem Kevin Fiala in Bestform ist eine Playoff-Qualifikation nicht unrealistisch.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese Eishockey-Legenden sind im Triple-Gold-Club
1 / 32
Diese Eishockey-Legenden sind im Triple-Gold-Club
Valtteri Filppula (Finnland): Aufnahmedatum 29. Mai 2022. WM: 2022. Olympia: 2022. Stanley Cup: Detroit Red Wings 2008.
quelle: keystone / kimmo brandt
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nico Hischiers Teammates packen über ihn aus
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Connor McJesus
12.02.2020 14:56registriert November 2015
Guter Artikel, "The Athletic" ist übrigens für jeden US-Sport-Fan ein muss!
Ich glaube aber, du meinst Eric und nicht Jordan Staal. Letzterer spielt bei Carolina.
614
Melden
Zum Kommentar
avatar
Güselbert
12.02.2020 18:10registriert August 2018
Bei aller Kritik, die Fiala schon zu recht einstecken musste, wegen seiner Selbstüberschätzung, bin ich mir nicht sicher, ob der Hund wirklich da begraben ist:

Ich sehs eher so.

Seine athlethischen und spielerischen Skills waren immer ein bisschen besser als seine eigentliche Spielintelligenz (hockey IQ wär wohl ein anderes Wort dafür).
So funktioniert auch sein Spiel. Es ist kompliziert. Er kann mit seinem Talent alleine die Gegner mit Leichtigkeit alt aussehen lassen, sich Optionen herausspielen. Er ist aber auch gut darin, Optionen vorbeiziehen zu lassen und den Puck zu lange zu halten.
370
Melden
Zum Kommentar
avatar
Güselbert
12.02.2020 18:39registriert August 2018
mag mich noch gut erinnern als er an der U20WM zuerst Timo Meier auf dem anderen Fügel so lange "sterben liess", bis dieser kurz davor war, die Sache auf dem Eis zu regeln und entsprechend in eine andere Linie gesetzt werden musste.

Und danach hat er den besonnen -langjährigen Linienpartner bei den Junioren-Auswahlen- Denis Malgin dazu gebracht, mal für mal kopfschüttelnd und Hände verwerfend seinen Shift zu beenden.

Dieser Charaktereigenschaft scheint noch immer nicht ganz ausgemerzt zu sein.

Ich wäre von daher vorsichtig mit Prognosen. Es kann schnell wieder in eine andere Richtung gehen.
335
Melden
Zum Kommentar
15
Georgien schafft Historisches – auch die Ukraine und Polen sind an der EM dabei
Georgien schafft es erstmals an ein grosses Turnier. Auch die Ukraine und Polen qualifizieren sich über die Playoffs für die EM in Deutschland.

Die von Willy Sagnol trainierten Georgier setzten sich im Playoff-Final gegen Griechenland nach Penaltyschiessen durch und werden im nächsten Juni in Deutschland gegen die Türkei ihr erstes EM-Spiel bestreiten. Die weiteren Gruppengegner sind Portugal und Tschechien.

Zur Story