Beim HC Lugano kocht die Volksseele. Die Nerven liegen blank, die Emotionen nahmen in den letzten Tagen in einem beängstigenden Mass überhand. Im dritten Finalspiel am vergangenen Donnerstag in Lugano musste die Partie mehrfach unterbrochen werden, da die erbosten Anhänger der Bianconeri laufend Gegenstände aufs Eis warfen.
Am letzten Samstag nahmen die «Fans» der Luganesi nach der Niederlage in Bern den Gästesektor auseinander und verursachten Sachschäden in fünfstelliger Höhe. Unter anderem wurden die Toiletten komplett zerstört, dazu versuchten einige Unverbesserliche, den Trennzaun auf der Stehrampe mithilfe von herausgerissenen Metallteilen abzumontieren. Später kam es vor dem Stadion noch zu weiteren Ausschreitungen zwischen den beiden Fanlagern – Verletzte inklusive.
All diese Vorkommnisse machen im Hinblick auf das Spiel vom heutigen Abend Sorgen. Was passiert, wenn der SCB in der Resega den Meistertitel gewinnt? Dazu vielleicht noch nach einem weiteren umstrittenen Schiedsrichterentscheid zu Ungunsten des HC Lugano? Nimmt man die Vorkommnisse nach und während der letzten beiden Finalpartien als Massstab, dann sind die Sorgen und Sicherheitsbedenken berechtigt.
Die Berner Delegation wird die Reise nach Lugano gemäss offizieller Lesart «mit stark erhöhter Aufmerksamkeit» antreten. Was das im Detail bedeutet, will von den Berner Verantwortlichen aus taktischen Gründen niemand verraten. Ähnlich tönt es vonseiten des Eishockeyverbands, dessen Sicherheitsabteilung mit den beiden Klubs Kontakt aufgenommen und eine Erhöhung der Sicherheitsmassnahmen veranlasst hat – wobei die Begegnungen zwischen Lugano und Bern schon vorher generell als «Risikospiele» eingestuft wurden.
In der Verantwortung steht heute Abend aber in allererster Linie Gastgeber Lugano, der dafür sorgen muss, dass dieses Finalspiel, wie auch immer es ausgeht, in einem geordneten Rahmen über die Bühne gehen wird. Präsidentin Vicky Mantegazza richtete sich gestern in einem öffentlichen Aufruf an die Tifosi und appellierte dabei an deren Vernunft:
Klar ist, dass der HC Lugano heute Abend unter scharfer Beobachtung stehen wird. Auch wenn es schon 15 Jahre her ist, so sind die Bilder vom 7. April 2001 immer noch präsent. Damals waren die ZSC Lions im siebten und letzten Finalspiel dank eines Tors von Morgan Samuelsson in der Verlängerung Meister geworden.
Nachdem die Pokalübergabe in der Resega mit Müh und Not über die Bühne gebracht werden konnte, mussten sich die Zürcher schliesslich vor dem aufgebrachten Lugano-Mob in Sicherheit bringen und in die Garderobe flüchten. Immerhin: Drei Jahre später durfte der SC Bern seinen Meistertitel, den er in Lugano unter ebenso dramatischen Umständen schaffte, ohne grössere Zwischenfälle zelebrieren.
Für Vicky Mantegazza ist klar, dass man die unrühmlichen Vorfälle nicht einfach so unter den Tisch kehren wird: «Das Unternehmen arbeitet bereits jetzt hart hinter den Kulissen. Ich verspreche, dass, sobald die Finalserie beendet ist, wir dem, was passiert ist, auf den Grund gehen und mit den Fäusten auf den Tisch hauen werden.»
Bleibt zu hoffen, dass der ganzen Geschichte nicht ein weiteres, noch unrühmlicheres Kapitel hinzugefügt werden muss.