Vertragsunterschriften vor der Zeit hat es schon oft gegeben. Ryan Gardner unterzeichnete einst im Herbst beim SC Bern einen Mehrjahresvertrag, spielte aber noch die ganze Saison bei den ZSC Lions. Tobias Stephan signierte seinen Vertrag in Zug und musste noch länger als eine ganze Saison in Genf spielen.
Allerdings wurde dieser Transfer so offiziell erst bestätigt, als er seine Mission in Genf erfüllt hatte. Der «Fall Bodenmann» ist einmalig, weil ein Transfer, der die Saison 2015/16 betrifft bereits vor der Saison 2014/15 hochoffiziell verkündet und bestätigt wird.
Die spontane Reaktion auf solches Transfergebaren: Skandal! Muss bestraft werden! Solche Transfers gehören verboten! Geht nicht!
Aber so ist es eben nicht. Erstens ist alles legal. In einem freien Land dürfen freie Bürger jederzeit Verträge abschliessen die den Buchstaben des Gesetzes entsprechen. Simon Bodenmanns Vertrag läuft Ende Saison (im Frühjahr 2015) aus. Er darf jetzt schon einen Arbeitsvertrag ab Frühjahr 2015 unterschreiben.
Bestrafen oder gar verbieten lassen sich solche Transfers nicht. Es ist ganz einfach nicht möglich, herauszufinden, ob jemand vor einem bestimmten Datum Verhandlungen führt oder Verträge unterschreibt. In den 1980er Jahren durfte offiziell nur im Mai (in der Transferperiode) verhandelt und transferiert werden. Wer sich an diese Vorschrift hielt, war chancenlos. Alle grossen Transfers sind schon damals lange vor der Zeit verhandelt und unterschrieben worden.
Herzlich willkommen in Bern, @13_bodi! Also nächstes Jahr dann. ;-)
Hier nochmals der Link zur Transfermeldung. http://t.co/hRgGO4D5uW …
— SC Bern (@scbern_news) 28. August 2014
Eher ist es so, dass dem SC Bern und Simon Bodenmann ein Lob gebührt. Der Spieler und der Klub verzichten auf ein Versteckspiel und ein lächerliches Dementi-Theater (wie es Zug um den Transfer von Tobias Stephan inszenierte). Der Spieler und der Klub stehen hin und geben zu, was ohnehin in der Szene bald jeder gewusst hätte.
Das ist nicht unanständig. Ganz im Gegenteil. Das ist anständig, mutig und letztlich auch fair. Ja, es wäre schön, wenn auch die Politik im richtigen Leben so transparent wäre. Mit dem Schritt zur Transfer-Offenheit setzt sich Simon Bodenmann auch einem gehörigen Druck aus. Er wird daran nicht zerbrechen.
Wer mit dem Finger auf Simon Bodenmann und SCB-Sportchef Sven Leuenberger zeigt, ist ein elendiglicher Heuchler. Jeder Sportchef in dieser Liga hätte diesen Transfer auch gemacht – wenn er denn dazu in der Lage gewesen wäre. Ich erlaube mir im Zusammenhang mit dem «Fall Bodenmann» die Frage: Wie ahnungslos, ja naiv ist eigentlich Klotens Sportchef André Rötheli?
Klotens Trainer Felix Hollenstein könnte jetzt den starken Mann spielen und den «weissen Ritter» markieren. Indem er Simon Bodenmann per sofort freistellt, nicht mehr einsetzt und gegen eine entsprechende Transfersumme (Wechsel aus einem laufenden Vertrag) schon jetzt zum SCB ziehen lässt.
Das wird er nur dann tun, wenn er zum Schluss kommt, dass Simon Bodenmann seine Mannschaft nicht besser macht. Und wenn er es denn tun würde, dann wäre er der schlimmste aller Hockey-Heuchler. Dass sein Bub Denis von Genf zu Kloten zurückkehrt, wusste Papa Hollenstein ja wohl auch nicht erst nach der Saison im April dieses Jahres. Dieser Deal ist auch lange, lange vor der Zeit gemacht worden.
Es soll jetzt auch keiner kommen, so etwas sei in der NHL unmöglich und dort würden, potz Donner, alle Transfer und sonstigen Gesetzte eingehalten. Auch in der NHL gibt es illegale Absprachen vor Trades und Transfer-Verhandlungen vor der Zeit. Ein Fall aus der letzten Saison kenne ich aus erster Hand. Aber weil die Strafen, wenn denn einer erwischt wird, drakonisch sind (sechsstellige Bussen und lange Sperren für alle Beteiligten) wird dort sorgsamst auf Geheimhaltung geachtet.
Hie und da ein Transfer zur Unzeit schadet dem Image unserer Liga nicht. Vielmehr sorgt der «Fall Bodenmann» für Emotionen, Gesprächsstoff und Medienpräsenz. Wer damit nicht umgehen kann, hat im Profisport des 21. Jahrhunderts nichts verloren.