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Eismeister Zaugg

Playoff-Halbfinal: HC Davos gegen SC Bern der Favorit

Arno del Curto weiss was es braucht, um Meister zu werden.
Arno del Curto weiss was es braucht, um Meister zu werden.
Bild: KEYSTONE
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Der Verstand sagt: Der HCD braucht höchstens fünf Spiele fürs Finale, aber ...

Der SC Bern chancenlos? Das dachten wir vor der Serie gegen die ZSC Lions auch. Was, wenn es endet wie 1989?
17.03.2016, 07:5917.03.2016, 15:09
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Der Verstand sagt uns: der SCB hat gegen diesen HCD keine Chance. Das kurz- und langfristige Gedächtnis warnt uns: Soeben haben die Berner die haushoch favorisierten ZSC Lions aus den Playoffs gekippt. Und 1989 hat der SCB eine Finalserie gewonnen, die uns ein wenig an das Halbfinale gegen den HCD mahnt.

Der HC Lugano ist im Frühjahr 1989 das Mass aller Dinge. So wie jetzt der HC Davos. Lugano ist Titelverteidiger. Wie jetzt der HC Davos. Aber Lugano hatte gleich drei Titel hintereinander gewonnen. 1986, 1987 und 1988. Seit Einführung der Playoffs also unbesiegt. Trainer John Slettvoll gilt als «Hockeygott». Wie jetzt Arno Del Curto. Der HC Lugano ist eine grosse, mächtige Hockeymaschine und fast auf alle Posten im Maschinenraum optimal besetzt. Fast wie jetzt der HC Davos.

Niemand erreichte damals in der Qualifikation das Tempo, die Intensität, die Präzision und die Wucht des HC Lugano. So wie jetzt niemand das Tempo, die Intensität, die Präzision und die Wucht des HC Davos erreicht.

Trainer John Slettvoll hat Lugano «grande» gemacht. Hier feiert der Schwede 1986 in Davos den ersten Meistertitel mit seinem Team. 
Trainer John Slettvoll hat Lugano «grande» gemacht. Hier feiert der Schwede 1986 in Davos den ersten Meistertitel mit seinem Team. 
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Der SCB kann gegen den HCD nicht die gleichen Mittel anwenden wie gegen den ZSC

Dieses Finale endete im März 1989 mit der ersten Sensation unserer Playoffgeschichte. Der SC Bern holte den Titel. Lugano gewann die erste Partie 6:2, verlor in Bern 1:5, in Lugano 3:4, siegte in Bern 5:1 und verlor schliess die alles entscheidende Partie vor eigenem Publikum 2:4 (Best of five).

Kann so etwas wieder passieren? Der Verstand sagt «Nein!» Das Bauchgefühl warnt. Der SCB hat mit Jakub Stepanek einen Torhüter, der physisch und mental so robust ist, dass er dem Angriffsspiel der Davoser widerstehen kann. Er hat mit 94,81 Prozent sogar die bessere Playoff-Fangquote als Leonardo Genoni (94,50 Prozent). Die Berner haben zu jenem einfachen, präzisen Spiel zurückgefunden, das schon immer ihre Stärke und ihr eigen war. Sie haben alles zu gewinnen und nichts zu verlieren. Wie 1989.

Stepanek überzeugte gegen die ZSC Lions.
Stepanek überzeugte gegen die ZSC Lions.
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Aber es gibt eine Differenz. Der Titan Lugano hatte eine Schwäche, ähnlich wie der Sagenheld Siegfried, der im Drachenblut gebadet hatte und dadurch scheinbar unverwundbar geworden war. Aber er hatte nicht bemerkt, dass ein Lindenblatt auf seiner Schulter dazu führte, dass er eben doch verwundbar blieb und dort wurde er getroffen. Lugano hatte mit Thierry Andrey ganz klar den schwächeren Torhüter als der SCB mit Renato Tosio. Das machte die Differenz.

Und der grosse, allmächtige John Slettvoll, seit 1983 im Amt, zeigte die ersten Anzeichen von hockeytechnischer Selbstüberschätzung. Aber Arno Del Curto unterschätzt den SCB nicht. Er würde, wenn es denn nicht gar sonderbar klänge, am liebsten behaupten, der HCD sei in diesem Halbfinale krasser Aussenseiter. Sein Lieblingszitat momentan: «Am Donnerstag ist das erste Spiel!»

Der HCD hat also keine erkennbaren Schwächen. Vielmehr ähnelt ein Spiel gegen den HCD dem Kampf mit der Hydra. Die Hydra ist ein vielköpfiges Ungeheuer der griechischen Mythologie. Wenn es einen Kopf verlor, wuchsen an dessen Stelle zwei neue nach. So ungefähr ist eine Auseinandersetzung mit den HCD. Wer meint, die Verteidigung überwunden zu haben, scheitert schliesslich an Leonardo Genoni.

Genoni im Duell gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber.
Genoni im Duell gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber.
Bild: KEYSTONE

Er hat nicht die beste Fangquote der Liga. Aber er ist der intelligenteste NLA-Torhüter. Ein Goalie, der entscheidende Partien gewinnt. Er spielt nächste Saison beim SCB. Schneller zu spielen als der HCD ist nicht möglich. Härter und böser auch nicht. Was Thomas Rüfenacht austeilt, zahlen die Wieser-Brothers den Bernern doppelt und dreifach heim. Die Davoser sind im Schnitt sowieso grösser (186,89 cm) und schwerer (89,37 kg) als der SCB (181,14 cm/84,83 kg).

Teamgefüge muss beim SCB verändert werden

Wir sollten bei diesem Halbfinale auch noch mindestens eine althergebrachte Regelung vergessen: Jene, die besagt, man solle niemals eine siegreiche Mannschaft umstellen («never change a winning team»). Der Spruch kommt übrigens aus dem Fussball. Er stammt von Sir Alf Ramsey, der England 1966 zum bisher einzigen WM-Titel gecoacht hat.

Plüss und Blum wollen helfen, den HCD aufzumischen.
Plüss und Blum wollen helfen, den HCD aufzumischen.
Bild: PHOTOPRESS

Leitwolf Martin Plüss und Verteidigungsminister Eric Blum kehren ins Team zurück. Ohne zwei der besten und charismatischsten Schweizer Spieler (Plüss war nur im ersten Spiel im Viertelfinale dabei) hat der SCB gegen die ZSC Lions die grösste Sensation seit 1989 geschafft. Theoretisch müsste Trainer Lars Leuenberger auf Plüss und Blum verzichten. Ihre Präsenz verändert ein siegreiches Team und wird zwei Viertelfinalhelden Eiszeit wegnehmen und die Balance im Team verändern. Aber praktisch kann der SCB-Trainer nicht auf Plüss und Blum verzichten. Er muss diese Regel brechen.  

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Der Verstand sagt, dass der HC Davos höchstens fünf Spiele für die Finalqualifikation braucht. Und dann erstmals unter Arno Del Curto den Titel verteidigt. Aber der Verstand ist ein General, der immer zu spät zur Schlacht kommt, aber hinterher alles besser weiss. Wer behauptet hat, der SCB werde gegen die ZSC Lions chancenlos sein, kann einfach nicht mit gutem Gefühl sagen, der SCB sei gegen den HCD chancenlos.

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amboss
17.03.2016 12:14registriert April 2014
Man kann es so sagen: Schafft es der SCB viermal so zu spielen wie im letzten Spiel gegen den ZSC, dann hat er eine Chance. sonst nichts.

Das 4:0 gegen den ZSC sollte nicht überbewertet werden. Der ZSC war in diesen Playoffs ein Hühnerhaufen und überhaupt kein Gradmesser.
Herr Crawford wollte einfach als derjenige in die NHL zurückkommen, der den Matthews zum Teamleader geformt hat.
Und dabei vergessen, wie gut die NLA ist. Die NLA ist keine Liga wo ein Bueb Teamleader sein kann.

HCD - SCB wird in jedem Fall eine intressante Serie. Wie auch immer sie ausgeht.
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MARC AUREL
17.03.2016 09:00registriert Dezember 2014
Spiel 1. wird sehr entscheident sein für Bern. Danach ist alles möglich!
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seismo_graf
17.03.2016 13:01registriert Februar 2014
Ich mag Klaus Zaugg's Kolumne wirklich gerne, schon damals auf Tele Bärn war er stets unterhaltsam. Ich mag auch die Prognosen der Journalisten, meistens kommt es anders als man schreibt. Bern wird hart dagegen halten, wichtig wird sein, dass ein Reichert, Helbling, A. Berger oder ein anderer physisch starker Hund wie Mösu bei den Wieser's oder dem Forster den Tarif durchgibt. Diese Serie braucht einen Faustkampf - da Blum wieder da ist, könnte Timo sich einen Schlüsselspieler (Empfehlung D. Wieser) vorknöpfen und locker 1-2 Spiele pausieren.
Und: Hallo Revanche für das 0:4 vom letzten Jahr!!
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