Noch in Bern, bald zurück in der Heimat? Eishockey-Coach Guy Boucher.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg
Der seriöse kanadische Sportsender TSN sagt, Guy Boucher könnte neuer
Cheftrainer der Toronto Maple Leafs werden. Derweil versucht
sich der SC Bern wieder einmal mit dem Transfer eines gescheiterten NHL-Stürmers: Cory Conacher (175 cm).
07.05.2015, 08:2607.05.2015, 09:52
Die Toronto Maple Leafs sind chronisch erfolglos. Seit dem letzten Stanley Cup
(1966) haben sie das Finale nie mehr erreicht. Jeder Coach ist seither
gescheitert – was dem wirtschaftlichen Erfolg keinen Abbruch tut. Die Toronto
Maple Leafs sind mit 1,3 Milliarden Dollar das wertvollste NHL-Team. Sie
werden auch diese Saison gut und gerne 70 Millionen Gewinn machen. Die
Heimspiele sind permanent ausverkauft.
Guy Boucher als Trainer in Toronto? Warum nicht? Was dem Team seit Jahren
fehlt, ist eine klare Struktur. Vielleicht ist das so, weil ja Siege für den
wirtschaftlichen Erfolg nicht notwendig sind. Ein Coach, der beinahe bis zur
Paranoia strukturiert spielen lässt, könnte durchaus Ordnung in dieses Hockey-Hollywood bringen.
Die Maple Leafs sind stets im Fokus, aber notorisch erfolglos.Bild: Reuters
Boucher kann eigentlich nicht mehr der richtige Trainer für den SCB sein
The Sports Network (TSN) ist der führende kanadische Sportsender und hat
seinen Hauptsitz in Toronto. Wenn also TSN Guy Boucher als
Trainerkandidaten der Maple Leafs ausruft, so ist da was dran. Die Jungs von
TSN haben exzellente Beziehungen zu den Maple Leafs.
Niemand würde Guy Boucher die Rückkehr in die NHL mehr gönnen als die
SCB-Spieler. Es wäre wie eine Erlösung. Eigentlich hätte ja Marc Lüthi Guy
Boucher längst feuern müssen. Ein Coach, der alles daran setzt, wieder in der
NHL einen Job zu bekommen, kann gar nicht mehr der richtige Coach für den
SC Bern sein. Der SCB ist Europas führendes Hockeyunternehmen. Wer beim SCB in
führender Position arbeiten will, kann nicht den Kopf an einem anderen Ort
haben.
Lüthi: «Solche Gerüchte kümmern Boucher nicht»
SCB-General Marc Lüthi sieht die Dinge anders. Er ist sozusagen in seinen
Trainer verliebt und wird ihn, komme was wolle, durch alle Böden stützen. Er
sagt: «Guy Boucher hat bei uns eine Ausstiegsklausel für die NHL. Aber ich
habe vergessen bis wann. Weil es völlig unwichtig ist. Er wird auch nächste
Saison bei uns Trainer sein. Gerüchte um einen Wechsel in die NHL hat es ja
auch im letzten Sommer gegeben und daraus ist nichts geworden.» Auch der
Einwand, es könne doch nicht sein, dass der SCB-Trainer ständig mit einem
anderen Arbeitgeber flirte, lässt Marc Lüthi nicht gelten: «Guy Boucher kann
das sehr gut auseinanderhalten. Solche Gerüchte kümmern ihn nicht.»
Und so macht sich der grosse SCB-Vorsitzende auch gar keine Gedanken
darüber, wer im Falle eines Falles Guy Boucher ersetzen könnte. «Warum soll
ich mir darüber Gedanken machen? Wie ich schon sagte: Guy Boucher ist auch
nächste Saison unser Trainer.» Der Kanadier bleibe es bis in alle Ewigkeit, hat
Marc Lüthi nicht gesagt. Aber er hofft es wohl insgeheim. Wenn der gute Marc Lüthi da vor lauter Liebe zu seinem Coach nur nicht blind
geworden ist. Affaire à suivre.
Was geht Boucher durch den Kopf? Eine Offerte der Maple Leafs?Bild: KEYSTONE
Zieht Bern in der Transferlotterie die nächste Niete?
Das Profil der SCB-Nordamerikaner ist sehr oft ähnlich: In der NHL gescheitert
und beim SCB dann auch nicht wirklich gut. Nun ist Cory Conacher (25) der
Wunschkandidat. Der kräftige Zwerg (173 cm/83 kg) hat seine beste Zeit
allerdings hinter sich. Nach einer grandiosen AHL-Saison 2011/12 mit 39 Toren
und 41 Assists aus 73 Partien pendelte er mit mässigem Erfolg zwischen der
NHL und der AHL.
Die Torproduktion hat stetig nachgelassen. Diese Saison
sind es gerade noch 12 Tore in 48 Partien. Die New York Islanders haben ihm
diese Saison gerade mal 600'000 Dollar Jahreslohn bezahlt und ihn nur in 15
Spielen eingesetzt (1 Tor). Der Vertrag läuft nun aus.
Zack! Für Cory Conacher (links) gab es in dieser Saison wenig Grund zur Freude.Bild: Elise Amendola/AP/KEYSTONE
Gemäss verlässlichen Informationen hat Sven Leuenberger Cory Conacher
bereits unter Vertrag genommen – was aber wegen der in Nordamerika
üblichen Gepflogenheiten noch nicht bestätigt werden darf. Die Frage ist
allerdings berechtigt, welche Strategie der SCB eigentlich verfolgt. Kann ein Flügel, der seine Treffsicherheit verloren hat und seine Karriere neu
lancieren möchte, wirklich die Lösung für das grösste Hockey-Unternehmen
der Schweiz sein?
Schwache Ausländer mit ein Grund für Berns Scheitern
Wäre nicht Langnaus Kevin Clark eher die bessere Lösung
gewesen? Langnaus neuer Kanadier ist auch dem SCB angeboten worden. Mit
der Begründung, DEL-Stars hätten sich in der NLA schon immer schwer getan,
hat sein Agent jedoch eine Absage erhalten. Allerdings haben durchschnittliche
AHL-Stürmer in der NLA auch noch selten für Furore gesorgt.
Um es wohlwollend auszudrücken: Das fehlende Glück bei den Ausländern ist
mit ein Grund für die mässigen Leistungen der letzten zwei Jahre. Hnat
Domenichelli, Rostislav Olesz, Glen Metropolit, Mikko Lehtonen, Marc-André
Gragnani, Bud Holloway, Chuck Kobasew und Jesse Joensuu haben aus
verschiedensten Gründen die Erwartungen nicht erfüllen können. Mögen die Hockeygötter dafür sorgen, dass Cory Conacher die Erwartungen
übertrifft. Vielleicht hat ja Sven Leuenberger bei seinen Ausländern wieder mal
das verdiente Glück des Tüchtigen.
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