Sag das doch deinen Freunden!
Im Frühjahr 2010 haben mit Biel, den Lakers, Langnau und Ambri letztmals vier Aussenseiter die Playoffs verpasst. Seither erwischte es immer einen «Grossen». 2014 hat mit dem SC Bern sogar zum ersten Mal ein Meister die Playoffs nicht geschafft. 2015 musste der Finalist Kloten in die Abstiegsspiele. Dafür erreichte mit Langnau (2011), Biel (2012, 2013, 2015), Lausanne (2014, 2015) und Ambri (2014) jedes Jahr mindestens ein Aussenseiter einen der letzten der acht Playoffplätze.
Und nun diese bittere Enttäuschung. Bereits eine Runde vor Schluss steht fest, dass die Grossen den Titel unter sich ausmachen werden. Es ist das eingetroffen, was sich seit Wochen abgezeichnet hat, was wir seit Wochen befürchtet haben: dass es für Romantiker in den Playoffs keinen Platz mehr hat. Dass das grosse Geld über die Leidenschaft triumphiert. In der Endphase setzten sich der Hockeykonzern SC Bern (rund 50 Millionen Umsatz) und die Kloten Flyers (die noch über unbegrenzte finanzielle Mittel verfügen) durch. Money talks …
Warum dieses bittere Saisonende für die Romantiker? Ist es bloss Zufall, dass es diesmal nicht gereicht hat oder zeichnet sich ein Trend ab? Bei einer so knappen Entscheidung nach 49 von 50 Runden sollten wir uns davor hüten, aus Zufällen Wahrheit zu machen. Gerade in einem so unberechenbaren Spiel auf rutschiger Unterlage. Im Rückblick erkennen wir, dass es Kleinigkeiten, Pech und äussere Einflüsse waren, die das Scheitern verursachten.
Ambri hat den Trainer zu spät gewechselt. Der SCB hat hingegen den Albtraum Guy Boucher gerade noch rechtzeitig beendet. Biels Sportchef Martin Steinegger zog im «Ausländerlotto» zu viele Nieten. Nur: Letzte Saison waren Pär Arlbrandt und Niklas Olausson die Väter der Playoffqualifikation. Niemand konnte wissen, dass sie zu Problemspielern werden würden. Und Tim Stapleton kam mit erstklassigen Referenzen. Alles sprach dafür, dass er einer der besten Ausländer der Liga sein würde. Das ist kein Versagen des Managements. Sondern Pech.
Wenn ein Trainer von allem Anfang an weiss, dass es im Kampf um die Playoffs ganz knapp wird, dann sollte er jede Zusatzbelastung meiden wie der Teufel das geweihte Wasser. Lausanne ist auch der Cup-Final zum Verhängnis geworden. Ein Team wie die ZSC Lions hat so viele Spieler zur Verfügung, dass eine Zusatzbelastung von ein paar Partien keine Rolle spielt. Bei einem Aussenseiter, der jede Energie-Kalorie braucht, kann bereits ein Spiel zu viel in der entscheidenden Phase die Saison ruinieren. Nach dem Cupfinal hat Lausanne nur noch einmal (nach Penaltyschiessen) gewonnen.
Der guten Ordnung halber sei noch einmal der skandalöse Spielplan erwähnt. Nach der Februar-Pause sollten alle noch gleich viele Partien absolvieren und es kann nicht sein, dass in den letzten vier Runden einzelne Teams zweimal gegeneinander anzutreten haben. Selbst wenn wir ausschliessen, dass dieser Operetten-Spielplan die Meisterschaft tatsächlich beeinflusst hat – auf einen neutralen Beobachter wirkt ein solcher Spielplan einer Profiliga unseriös.
Hat am Ende Verbands-Sportdirektor Raeto Raffainer mit seinem tölpelhaften Werben um Biels Trainer Kevin Schläpfer die Meisterschaft beeinflusst? Biel ist zwar am Ende so klar gescheitert, dass wir versucht sind, diese Antwort mit «Nein» zu beantworten. Aber Kevin Schläpfer ist ein Trainer mit einem sehr emotionalen Führungsstil. Wenn äussere Einflüsse (wie diese Nationaltrainer-Offerte) den «emotionalen Haushalt» durcheinanderbringen, kann eine Krise entstehen. Und es ist, wie es ist: nach der legendären Medienkonferenz vom 16. Oktober, als Kevin Schläpfer unter Tränen auf das Amt eines Nationaltrainers verzichtete, um in Biel zu bleiben, ist irgendetwas zerbrochen. Seither ist es in Biel nicht mehr so, wie es war.
Kleinigkeiten, Pech, äussere Einflüsse – also doch kein Trend? Keine Wahrheit? Vielleicht doch eine beunruhigende Erkenntnis für die Sportchefs in Ambri, Lausanne, Langnau und Biel: Ihre Mannschaft muss besser und ausgeglichener werden. Sonst folgt nächste Saison ein klares Scheitern.
Selbst der beste Taktiker der Liga kommt nicht weiter, wenn er so wenig offensive Feuerkraft hat wie Lausannes Heinz Ehlers. Biel wird mit der aktuellen Besetzung auf der Torhüterposition zu den «welschen Lakers» wenn es nicht gelingt, mindestens drei Ausländerpositionen erstklassig zu besetzen. Ambri verliert mit Inti Pestoni seinen offensiv besten Schweizer und mit Daniele Grassi einen der besten Ergänzungsspieler der Liga. Nur mit einer erstklassigen Besetzung der zwei frei werdenden Ausländerlizenzen wird es möglich sein, um die Playoffs zu spielen.
Die SCL Tigers haben als Aufsteiger grandiose Siege gefeiert (u.a. gegen den SCB und Meister Davos), nach 47 Runden hatten sie mehr Siege auf dem Konto als der SCB, sie haben gerockt, die Zuschauer begeistert, den höchsten Zuschauerschnitt ihrer ganzen Geschichte erreicht und gerieten nie in eine Krise. Das stimmt für die Zukunft hoffnungsfroh. Aber sie hatten trotz aller Herrlichkeit nie eine Chance auf die Playoffs. Das ist im Hinblick auf die Zukunft äusserst beunruhigend.
Alle Zeichen deuten auch für nächste Saison auf schweren Zeiten für die Hockey-Romantiker. Das ist sehr schade. Aber meistens kommt es ja anders als man zweitens denkt. Das ist zwar nur ein schwacher Trost. Aber immerhin ein Trost.