Lugano und die ZSC Lions, punktgleich auf den Tabellenpositionen 9 und 10, haben bei weitem das Potenzial, um die Playoffs noch zu erreichen.
Wenn aber beide dieses Ziel schaffen, dann fliegen zwei Teams raus, die Silvester auf einem Playoffplatz gefeiert haben. Mit ziemlicher Sicherheit wären es zwei aus dem Quartett Ambri, Servette, Gottéron und Langnau.
Von diesen vier sind die Langnauer am stärksten gefährdet. Weil es das beste Goalie-Duo der Liga nicht mehr gibt: Ivars Punnenovs (24) fällt bis Saisonende aus und der gleichaltrige Viktor Östlund kann ihn nicht ersetzen.
Die doppelte Torhüterlösung mit Ivars Punnenovs und Damiano Ciaccio ist Langnaus weit unterschätztes Erfolgsgeheimnis. Zwei Goalies, die sich zwar konkurrenzieren. Aber beide wissen, dass der eine den anderen nicht verdrängen kann oder muss. Beide haben ihren Job und ihre Rolle. Keiner steht im Schatten des anderen. Das gibt es so bei keinem anderen Klub. Langnau hatte in jeder Partie einen Torhüter, der die Differenz machen konnte.
Nun fällt Ivars Punnenovs durch eine Adduktorenverletzung aus dem Spiel gegen Lugano bis Saisonende aus. Sportchef Marco Bayer hat als Ersatz Viktor Östlund verpflichtet. Den Sohn des ehemaligen Gottéron-Torhüters Thomas Östlund. Er hat eine Schweizer Lizenz.
Steht Langnaus neuer Torhüter mit Damiano Ciaccio auf Augenhöhe? Kann er die gleiche Rolle übernehmen wie Ivars Punnenovs? Ich habe einen Gewährsmann um seine Meinung gefragt, der das Hockey in Schweden und unsere Liga sehr gut kennt. Hier zusammengefasst seine Analyse.
Viktor Östlund dürfte besser sein als sein Ruf. Er hat in sechs Monaten eine Blutkrebs-Erkrankung überwunden und gilt seit 2015 als geheilt.
Aber mit dieser Biographie ist es schwierig, eine Profikarriere zu machen. Der flinke Riese (183 cm, 83 kg) hat nach seiner Heilung in der dritthöchsten Liga in Schweden wieder neu angefangen und war letzte Saison bei Västerviks die Nummer 1 in der zweithöchsten Spielklasse. Diese Position hat er diese Saison mit einer Fangquote unter 90 Prozent wieder verloren und ist deshalb für Langnau freigegeben geworden.
Aber auch wenn er besser als sein Ruf sein sollte – Damiano Ciaccio (29) muss es allein richten. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger mit sizilianischen Wurzeln wird nun Langnaus wichtigster Einzelspieler und damit eine zentrale Figur im Kampf um die Playoffs.
Er kann zum dritten Mal ein Held werden. Im Frühjahr 2013 schien seine Karriere ruiniert: Er stieg mit den Langnauern ab. Nach einer Liga-Qualifikation gegen Lausanne mit nicht einmal 85 Prozent Abwehrquote.
Aber der stilistische Nonkonformist ist wieder aufgestanden. Zwei Jahre später, im Frühjahr 2015, hat er die SCL Tigers in der Liga-Qualifikation gegen die Lakers in die NLA zurückgehext. Seither bildet er mit Ivars Punnenovs (er kam vom Absteiger) das beste Goalie-Duo der Liga und steht in der vierten Qualifikation mit mehr als 90 Prozent Fangquote.
Wenn einer mental so robust ist, dass er nach einem Abstieg ein Aufsteiger wird und sich anschliessend in der NLA behauptet – dann müsste er eigentlich auch dazu in der Lage sein, nun die Langnauer auf einem Playoffplatz zuhalten. Eigentlich. Aber noch sind 23 Partien zu spielen, 13 davon bis zum 1. Februar.
Eine Arbeitsteilung wie bisher mit Ivars Punnenovs ist mit Viktor Östlund nicht möglich. Damit reduziert sich die Saison der Langnauer auf die Frage: Geht dem «Rockstar» die Luft aus? «Rockstar» deshalb in Anführungszeichen, weil er mit den zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren und der coolen Art wie ein Rockstar aussieht, aber den asketischen Lebenswandel eines Musterprofis pflegt.
Geht Damiano Ciaccio (und damit den Langnauern) also auf dem Weg in die zweiten NLA-Playoffs seit 2011 die Luft aus? Ich befürchte es. Aber ich hoffe, dass ich mich irre. Wie fast immer. P.S. Es gibt natürlich vor dem heraufziehenden Drama um die letzten Playoff-Plätze weitere interessante Fragen.
Findet ZSC-Sportchef Sven Leuenberger erstens den Mut und zweitens den richtigen Zeitpunkt, um Trainer Serge Aubin endlich zu feuern und durch Erkka Westerlund zu ersetzen?
Kann Präsidentin Vicky Mantegazza in Lugano eine Versöhnung zwischen der schwedische Tanzmaus Linus Klasen, dem teuersten Ausländer der Liga, und Trainer Greg Ireland herbeiführen?
Produziert Ambris Angriffsreihe mit Dominik Kubalik, Marco Müller und Dominic Zwerger – die beste Linie der Liga – auch in der zweiten Saisonhälfte mehr als drei Punkte pro Partie?
Ist Julien Sprunger in der Verfassung, um Gottéron auch im Januar und im Februar als Leitwolf zu führen?
Ja oder Nein? Ach, Prognosen sind äusserst schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Da bleibt einem ratlosen, bangenden Erben Gotthelfs bloss eine Antwort: Ho-Ho-Hopp Langnou!