Die Auseinandersetzung zwischen den ZSC Lions und dem HC Lausanne war ein Zusammenprall von zwei nahezu gleichwertigen Titanen. Eine intensive Serie. Hätte Lausanne ganz auf seine spielerischen Mittel vertraut und nicht mit «mittelalterlichen» nordamerikanischen Methoden der Provokation und Einschüchterung die Entscheidung gesucht – die ZSC Lions wären in allerhöchste Not geraten.
Wir neigen gerade in den Playoffs dazu, Erfolge an Helden festzumachen. Julius Cäsar unterwarf Gallien. Aber hatte er nicht auch einen Koch dabei?
So ist es mit den ZSC Lions. Das entscheidende Tor zum Weiterkommen – das 1:0 – hat gestern zwar mit Denis Hollenstein einer der Stars erzielt. Und Ludovic Waeber hielt den finalen 3:0-Sieg fest.
Aber diesen Triumph über Lausanne haben – um beim Bild des grossen Julius Cäsar zu bleiben – eben auch die Köche gesichert. Die ZSC Lions verdanken ihr Weiterkommen auch den Mitläufern.
Nie standen die Chancen für Lausanne so gut wie gestern Abend: es war gelungen, Sven Andrighetto zu provozieren. Der ZSC Leitwolf und beste Playoff-Skorer hatte zurückgeschlagen, wurde gesperrt und sass gestern auf der Tribüne.
Aber nun rollte die neue Welle an. Auf einmal tauchen Spieler auf, die in der ersten Partie dieser Serie keine Sekunde Eiszeit gesehen hatten: Willy Riedi, Axel Simic und Dominik Diem. Den Assist zu den beiden ersten Treffern steuerten Simic und Diem bei. Es ist das, was wir die Tiefe des Kaders nennen.
Die Zürcher können im Halbfinal gegen Servette nur dank dieser Kadertiefe erfolgreich sein. Die Stars werden die Mitläufer erneut so brauchen wie Julius Cäsar die Köche. Servette zelebriert an einem guten Abend das modernste, dynamischste, schnellste Hockey der Liga. Durchaus wie eine welsche Antwort auf den HC Davos.
Zug hat die leichteste Aufgabe auf dem Weg zum Titel hinter sich. Der SCB war zwar Titelverteidiger. Gegen den SCB hatte Zug die Finals von 2017 und 2019 verloren. Der SCB war in der Wahrnehmung des Publikums im Grunde kein Aussenseiter. Das hat dieser Serie den dramatischen Rahmen und den Reiz gegeben.
Tatsächlich haben die Berner noch einmal alles mobilisiert. Und der Respekt der Zuger war gross und im Rückblick erkennen wir: wahrscheinlich viel zu gross. Am Ende ist der SCB im sechsten Spiel mit leeren Energietanks stehen geblieben und auf eigenem Eis mit 31:15 Schüssen dominiert worden. Erst nach diesem 0:1 ist der Meister von 2019 entthront.
Erst gestern ist die ruhmreiche Ära mit den Titeln von 2016, 2017 und 2019 offiziell zu Ende gegangen. So wie sich der Niedergang des Staates Bern, dem mächtigsten Stadtstaat Europas lange abgezeichnet hatte, aber erst mit dem Einmarsch der Franzosen im Frühjahr 1798 besiegelt wurde, so ist es erst jetzt, nach zwei Jahren in der unteren Tabellenhälfte amtlich: der SCB ist nicht mehr Meister.
Nun trifft Zug im Halbfinal auf die Lakers. Einen echten Aussenseiter. Auf den 10. der Qualifikation (der SCB war immerhin auf Rang 9 gekommen).
Die Berner profitierten in den letzten zwei Jahren von ihrem grossen Namen und schienen besser als sie tatsächlich waren. Bei den Lakers ist es umgekehrt: Zu lange waren sie die Miserablen und sie scheinen weniger gut zu sein, als sie tatsächlich sind. Selbst nach den Triumphen über Biel und Lugano haben noch nicht alle verinnerlicht, dass sie nun die Respektablen geworden sind.
Die Lakers sind in der Wahrnehmung des Publikums ein Aussenseiter. Aber eine Nummer grösser als der SCB. Mit einem gleich guten Goalie, mit besseren Ausländern und mit grösserer Kadertiefe als der SCB.
Aber die Zuger werden diese Herausforderung meistern und den Final erreichen. Dort werden sie dann gegen die ZSC Lions – anders als zuvor gegen den SCB und die Lakers – mehr Aussenseiter als Favorit sein. Sofern die Zürcher den Final tatsächlich erreichen.