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Warum der SCB seine Krise nicht lösen kann

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Keine Revolution geplant

Warum der SCB seine Krise nicht lösen kann

Der SCB versucht im medialen Windschatten der Playoffs seine Krise in aller Ruhe zu lösen. Nun haben wir es schwarz auf weiss: Das Scheitern ist programmiert. 
27.03.2014, 19:1928.03.2014, 10:33
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SCB-General Marc Lüthi hat in einem «Hirtenbrief» (SCB-Newsletter) der SCB-treuen Gemeinde erklärt, wie er die Krise lösen will. Dabei hat er unfreiwillig offenbart, warum das Scheitern programmiert ist. 

Aber lesen wir zuerst die Kernbotschaft in Marc Lüthis Hirtenbrief: «Unsere Sportabteilung (Sportchef, Scouts, sportlicher Beirat) hat in einer ersten Phase alle Probleme aufgelistet und besprochen. In einer zweiten Phase machen unsere Coaches das Gleiche. Separat finden Einzelgespräche mit allen Spielern und dem Staff statt. Zudem haben die Mitglieder der Geschäftsleitung ihre Einschätzung zur Saison schriftlich abgegeben, um das Blickfeld zu erweitern. Diese Aussenansicht wird zusammengefasst und ergibt ein Papier für den Verwaltungsrat.

SCB-CEO Marc Lüthi zur Lage seines Klubs auf der SCB-Homepage
SCB-CEO Marc Lüthi zur Lage seines Klubs auf der SCB-HomepageBild: scb.ch

Sie dient parallel zur Analyse aus dem Fachbereich Sport als Gedankenanregung, um allfällige Gefahren aber auch Chancen aufzeigen. Das Sportmanagement und die Trainer ziehen ihre Schlüsse und formulieren konkrete Anträge. Diese Anträge kommen – je nachdem in Varianten – am Ende des Prozesses in den Verwaltungsrat, wo schliesslich die Beschlüsse für das weitere Vorgehen gefasst werden.» 

Politiker statt Sportmanager

Marc Lüthi handelt wie ein Politiker. Nicht mehr wie ein mutiger Sportmanager. Alles absichern und so lange bereden bis sichergestellt ist, dass niemand mehr schuld ist. Dieses strukturierte Vorgehen führt in einem normalen Unternehmen – beispielsweise beim Aufbau der SCB-Gastronomie - zum Erfolg. Im Sportbusiness aber in die Sackgasse. Warum? 

Das Problem bei dieser auf den ersten Blick so vernünftigen Vorgehensweise: Je länger das Scheitern vorbei ist, desto mehr wird es relativiert. In einem Sportunternehmen gibt es starke Loyalitäten. Die Erfahrung lehrt, dass bei den vielen Besprechungen nicht mit offenen Karten gespielt und der Kumpel geschont wird. Man weiss ja nie, ob man nicht wieder aufeinander angewiesen ist. 

Und beim SCB kommt noch etwas dazu: Marc Lüthi ist inzwischen allmächtig geworden und merkt es nicht. In seinem Unternehmen haben die Jungs begonnen, in vorauseilender Gehorsam, ihm nach dem Munde zu reden und sich so den Job zu sichern. 

Sind die SCB-Angestellten gefangen im Erfolgsmodell SCB? 
Sind die SCB-Angestellten gefangen im Erfolgsmodell SCB? Bild: KEYSTONE

Dienst nach Vorschrift

Kürzlich habe ich mich mit einem sehr erfahrenen Spieler, der den SCB gut kennt und dessen Name zu kennen nicht nötig ist, über die SCB-Krise unterhalten. Seine Analyse ist hoch interessant und deckt sich mit Marc Lüthis «Hirtenbrief». 

«Marc Lüthi mischt sich in alles ein und wird von der Mannschaft als strafender Racheengel wahrgenommen. Inzwischen hat jeder kapiert: Ich muss mich so verhalten, dass mich der Zorn von Marc Lüthi nicht trifft. Dann passiert mir nichts. Das führt zu einem ähnlichen Verhalten wie im Militärdienst: Nur nicht auffallen. Immer grad durchschlüpfen. Nichts mehr riskieren, nichts mehr kreieren und so reden wie ein Politiker.»

In der Heimat von Trainer Guy Boucher gäbe es ein «House Cleaning».
In der Heimat von Trainer Guy Boucher gäbe es ein «House Cleaning».Bild: KEYSTONE

Genau so opportunistisch haben die Berner diese Saison gespielt. Und das von Marc Lüth im «Hirtenbrief» skizzierte Vorgehen bei der Krisenbewältigung fördert dieses opportunistische Verhalten auf allen Stufen. Um eine solche Entwicklung zu verhindern, veranstalten die Teambesitzer bei der Krisenlösung im nordamerikanischen Sport oft ein sogenanntes «House Cleaning»: Alle müssen gehen. Vom General Manager bis zum Materialwart und darüber hinaus werden noch Schlüsselspieler in Tauschgeschäften wegtransferiert. 

Fehlender Mut aufgrund der erfolgreichen Vergangenheit

Diese Methode führt oft, aber nicht immer zum Erfolg. Und bei uns ist dieses Vorgehen nicht machbar. Der SCB ist jetzt ein Hockey-Imperium im Niedergang. Es ist der Preis für beispiellosen sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg in der Vergangenheit. Vier Qualifikationssiege und drei Titel in zehn Jahren. Marc Lüthi ist in seinem Erfolgsmodell gefangen. 

Beim SCB ist auch aus Rücksicht auf die vielen Businesspartner und Freundschaften auch mit Spielern, der Mut zur Unvernunft, zum mutigen Entscheid, zum Bruch mit der Vergangenheit verloren gegangen. 

Aber die meisten grossen, richtigen, epochalen Entscheidungen unseres Hockeys der letzten 20 Jahre waren nicht das Resultat von strukturiertem Vorgehen (wie es Marc Lüthi in seinem «Hirtenbrief» skizziert). 

Revolution oder Wohlstandsgesellschaft?

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Sondern spontane, mutige, ja manchmal sogar verrückte und oft auch gegen starken Widerstand durchgesetzte Entscheide: Die Wahl von René Fasel zum Verbandspräsidenten, die Anstellung von Ralph Krueger als Nationaltrainer, die Verpflichtung von Arno Del Curto als HCD-Coach, die Verpflichtung von Marc Lüthi als SCB-Manager, die Installierung von Chris McSorley als Hockey-General in Genf oder die Ehe zwischen dem ZSC und GC. 

Nicht ein einziger dieser Entscheide wäre nach strukturiertem Vorgehen und wochenlangen Diskussionen noch möglich gewesen. 

Der SCB ist durch den Erfolg vernünftig und Manager Marc Lüthi zu mächtig geworden. Deshalb wird die SCB-Krise lange andauern. Es sei denn, Marc Lüthi findet doch noch den Mut zu unbequemen, harten Entscheidungen auch auf Kosten seiner Kumpels, wagt die sportliche Revolutionierung der SCB-Wohlstandsgesellschaft und macht den Bären beim Waschen gründlich nass. Aber er hat im «Hirtenbrief» soeben alle beruhigt und mitgeteilt, dass dies nicht der Fall sein wird.  

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