Wer Meister wird, hat alles richtig gemacht. Also verneigen wir uns vor dem EV Zug, dem Meister von 2021.
Zu klären ist nur noch die Frage: Warum Zug? Was steckt hinter diesem Erfolg? Ist es Glück? Ein Wunder oder der logische Ausgang einer durch die Viruskrise durcheinandergebrachten Meisterschaft? Ist es ein Triumph der Herzen und Emotionen oder mehr einer des Verstandes und des Geldes?
🏆 Die Meisterträume gehen in Erfüllung! 🥳 @official_EVZ pic.twitter.com/8ziQtULiFq
— MySportsCH (@MySports_CH) May 7, 2021
Zugs zweiter Titel nach 1998 ist ein Triumph des Verstandes und des Geldes. Verstand und Geld sind die wichtigsten Zutaten zu einem Meister-Menu. Das wird oft unterschätzt. Seit Einführung der Playoffs hat nie ein Aussenseiter triumphiert. Auch nicht Ambri oder Gottéron, die mit so viel Emotionen, unendlicher Leidenschaft und grossen Herzen bis in den Final gekommen und dort gescheitert sind.
Das Geld, reichlich vorhanden in einem der reichsten «Stadtstaaten» der Welt, ist die Voraussetzung für eine perfekte Infrastruktur und die Rekrutierung des richtigen Personals.
Dass Geld allein aber nicht reicht, zeigen die Beispiele von Lugano (seit 2006 nie mehr Meister) oder Lausanne (noch nie Meister). Es braucht auch den Verstand. Die Weitsicht und die Geduld der Investoren um Präsident Hans-Peter Strebel und den Sachverstand seiner «Bürogeneräle». Ja, das Drehbuch dieses «Making of a Champion» kann als Lehrmittel in jeder Sportmanagement-Hochschule hinterlegt werden.
Die Finalniederlage von 2019 gegen den SC Bern war bitter. Darauf haben die Zuger nicht mit Aktionismus reagiert. Sondern mit Gelassenheit. Die, die 2019 gescheitert sind, haben die Chance erhalten, aus dem Versagen zu lernen. Und sie haben die richtigen Schlüsse gezogen.
Zug hat Dan Tangnes, den Finalverlierer von 2019 die Chance gegeben, ein Champion zu werden – und der charismatische Kommunikator hat sie genutzt. Ein moderner Trainer, der nun nicht mit taktischen Winkelzügen oder einem revolutionären Spielsystem triumphiert hat.
Zug spielt modernes, schnelles Hockey. Mit der Präzision von Landvermessern und jener Entschlossenheit, die es in einem unerbittlichen Wettstreit braucht, der von kräftigen Männern in ritterähnlichen Ausrüstungen, eisenbewehrten Füssen und Stöcken in der Hand ausgetragen wird. Taktik und System sind Grundvoraussetzungen für das Trainerhandwerk.
Die Differenz zwischen einem guten und einem erfolgreichen Trainer ist hier ein «weicher» Faktor: Die Fähigkeit von Dan Tangnes, die Emotionen in der Kabine und auf der Spielerbank zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass im entscheidenden Moment mit Leidenschaft das beste Hockey gespielt wird. Nie war Zug in diesem Jahrhundert geduldiger, schlauer und härter als in diesem Final.
Aber eine Besonderheit des Eishockeys – wir können auch sagen eine Ungerechtigkeit – ist die Abhängigkeit vom letzten Mann. Vom Torhüter. Ein Transfer ist das letzte Teilchen, das über all die Jahre zu einem Meister-Puzzle gefehlt hat. Die Verpflichtung von HCD- und SCB-Meistergoalie Leonardo Genoni im Sommer 2019.
Nie hat ein Transfer unsere Hockeylandkarte stärker verändert. Mit Leonardo Genonis Abschied ist in Bern eine meisterliche Dynastie (drei Titel in vier Jahren) eingestürzt wie ein Kartenhaus. Und mit Leonardo Genoni ist in Zug eingekehrt, was dieser Organisation seit 1999 gefehlt hat: Die unerschütterliche Gewissheit, gut genug für den Titel zu sein. Leonardo Genoni hat in Zug die Dämonen des Zweifels aus der Arena vertrieben.
Nun können wir einwenden: Halt, Eishockey ist der letzte wahre Mannschaftsport. Noch viel mehr als im Fussball ist ein Hockey-Team wie eine Familie, die am Abend nur zum Schlafen nach Hause geht und am nächsten Tag wieder zusammenfindet. Das ist richtig. Aber alles beginnt und alles endet trotzdem mit dem Torhüter und mit einer Persönlichkeit, die eine unerschütterliche Zuversicht ausstrahlt. Die dann, wenn es zählt, die beste Leistung abruft. Mit einem Leitwolf wie Leonardo Genoni.
Mit diesem Transfer hat Sportchef Reto Kläy das Fundament für den Titelgewinn gelegt. Anschliessend waren nur noch ein paar Transfer-Handgriffe notwendig, um eine Meister-Mannschaft zusammenzustellen.
Dass Leonardo Genoni der wichtigste Spieler der neuen Meister-Mannschaft ist, sehen wir an den Resultaten. Zugs Sturm war in diesem intensiven, taktisch hochstehenden Final nur noch ein laues Lüftchen. In diesem Final hatte die defensive Organisation das Primat über die offensive Herrlichkeit. Nicht die Stürmer haben den Final entschieden. Die Zuger verdanken den Titel ihrem Goalie.
Und nun wissen wir auch, warum bisher im Playoff-Zeitalter nur Teams mit viel Geld Meister geworden sind: Leonardo Genoni ist der teuerste Goalie der Liga-Geschichte und der einflussreichste Einzelspieler des Jahrhunderts. Nie ist so viel Geld – gut und gerne 800'000 Franken Jahressalär – besser investiert worden als beim Genoni-Transfer.
Nun heisst‘s gemeinsam Daumen drücken für die Nati an der WM und dann wünsche ich allen Hockeyfans einen schönen Sommer! Es hat, trotz alledem, Spass gemacht!
Lieber EVZ schickt ihm bitte nochmal eine Rechnung und dazu ein Foto mit Dan Tagnes wo er den Pokal hält.
Sei dem Schnurri gegönnt xoxo