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Die Tabelle sagt uns zwar: Der HC Davos ist kein Spitzenteam. In Bern haben die Davoser gestern die dritte Niederlage in Serie kassiert und in den drei letzten Partien nur drei Treffer erzielt (1:2 ZSC Lions, 1:2 Langnau, 1:2 n. V. Bern). Nach wie vor droht das erstmalige Verpassen der Play-offs seit dem Wiederaufstieg von 1993.
Aber immer dann, wenn Bern gegen Davos antritt, dann fragt sich der neutrale Beobachter ungeachtet der Ausgangslage und der Tabelle: «Könnte das der Play-off-Final sein?»
Dass der SCB Titelfavorit ist, hat auch dieses schnelle, intensive Spiel gezeigt. Die Mannschaft ist inzwischen so stabil, dass das 1:8 gegen Kloten, die höchste Heimniederlage seit 21 Jahren, nicht die geringsten Erschütterungen ausgelöst hat.
Die Pleite gegen Kloten führte lediglich dazu, dass die Berner nun sehr grossen Wert auf Disziplin und Defensivverhalten, auf Ordnung im taktischen Maschinenraum legten, wenig riskierten, praktisch keine Fehler machten und etwas steril wirkten. Der SCB spielte ein bisschen «Guy-Boucher-Hockey». Gut strukturiert, aber berechenbar und ohne ganz grosse Emotionen.
Trainer Kari Jalonen ist bereits «unpolemisierbar» geworden. Er geniesst in Bern eine widerspruchslose Autorität wie kein SCB-Trainer seit Bill Gilligan (Meister 1989, 1991 und 1992). Torhüter Leonardo Genoni hat auf seine erste Auswechslung (beim Stande von 0:5 beim 1:8 gegen Kloten) gegen Davos reagiert, den einzigen Gegentreffer erst 38,70 Sekunden vor Schluss zugelassen und seiner Mannschaft den Sieg nach Verlängerung (2:1) ermöglicht.
Aber all das ist mehr oder weniger so erwartet worden. Eine ganz andere Frage ist, ob vielleicht auch der HCD, ungeachtet der Tabellenlage, ein Titelkandidat sein könnte. Und wenn wir nur ein bisschen fragen, «was wäre, wenn?», dann gibt es interessante Antworten.
Jahrelang haben die Davoser als konditionsstarke offensive Kavallerie ihre Gegner unters Eis geritten. Das geht heute nicht mehr. Teams wie Bern, Zug oder die ZSC Lions haben in diesem Bereich längst aufgeholt. Aber nach wie vor ist Davos die läuferisch beste und über alle vier Blöcke schnellste Mannschaft der Liga. Es ist kein Zufall, dass der verdiente Ausgleich in der Schlussminute noch gelang – Davos läuft und läuft und läuft und Ruhe hat selbst der SCB auf eigenem Eis gegen diesen Gegner erst nach dem Schlusspfiff.
Physisch ist der HCD also nach wie vor ein Titelkandidat. Und inzwischen hat der legendäre «Goalieflüsterer» Marcel Kull aus Gilles Senn (gestern tadellos) und Joren van Pottelberghe Torhüter gemacht, die gut genug sind, um dem HCD in einem Spitzenspiel eine Siegeschance zu geben.
Arno Del Curto sagte nach dem Spiel: «Dieser Plüss ist einfach immer noch unglaublich gut.» Tatsächlich ist der 39-jährige SCB-Leitwolf, Torschütze zum 1:0, zum besten Spieler der Partie gewählt worden. «Spieler wie Plüss gibt es nicht mehr» sagte der HCD-Trainer. «Die Welt ist heute anders. Plüss ist zusammen mit Segi (Mathias Seger – die Red.) die letzte ganz grosse Spielerpersönlichkeit unseres Hockeys. Die beiden sind die letzten, die noch vor dem Internet und den Smartphones gross geworden sind, und wir werden keine solche Persönlichkeiten mehr haben.» Und der HCD keinen neuen Reto von Arx.
Die Läufer für den Titel hat der HCD. Aber es braucht auch Lenker und Denker in der Centerposition. Die Anmerkung, dass der HCD mit einem Center wie Martin Plüss ein Titelanwärter wäre, lockt Arno Del Curto aus der Reserve. Er erklärt, wie unendlich viel noch zu tun sei. Wie hart man noch arbeiten müsse, um eine Mittelachse zu bekommen, die es für einen Titel brauche. Erklärt, was Enzo Corvi und Samuel Walser noch fehlt, um ganz grosse Center zu sein und hofft, dass Robert Kousal vielleicht nächste Saison eine Leaderrolle übernehmen kann (diese Hoffnung dürfte vergeblich sein). Und mit blitzenden Augen stellt er fest: «Wir sind jung, wir sind entwicklungsfähig.»
Was wäre, wenn der HCD vier erstklassige Ausländer hätte? Wenn einer der Schweizer Center im Laufe der Qualifikation den Schritt vom guten zum grossen Spieler macht? Wenn Andres Ambühl seine Produktivität und Marc Wieser seine Treffsicherheit wiederfindet?
Auch wenn es Arno Del Curto so nicht sagt und nie sagen wird: Er ist inzwischen auf einer meisterlichen Mission. Er ist daran, ein neues Meisterteam aufzubauen – und dieses Spiel in Bern hat ihn darin bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein. Wenn die Davoser die Play-offs erreichen, dann werden sie ein sehr gefährlicher Gegner sein. Auch für den SC Bern.