Der Dirigent am Spielfeldrand des SCB: Kari Jalonen. Bild: KEYSTONE
Soll Kari Jalonen (59) weitere zwei Jahre beim SC Bern bleiben oder nach der Saison gehen? Das ist im Herbst 2019 die interessanteste und folgenreichste Trainerdiskussion unseres Hockeys.
Die Trainer-Situation in Bern ist brisant. Nach turbulenten Jahren segelt der SCB seit dem Amtsantritt von Kari Jalonen im Sommer 2016 in ruhigen Gewässern. Drei Qualifikationssiege und zwei Titel in drei Jahren. Und erst noch ohne grosse Investitionen an der Transferfront. Mit einer Mannschaft, die nominell nicht die beste oder teuerste der Liga ist.
Aber Aufstieg und Fall der grossen Mächte (so lautet auch der Titel eines Welt-Bestsellers von Paul Kennedy) gehören zur Weltgeschichte und zum Eishockey.
Im Sport dauern Aufstieg und Niedergang nicht Jahrhunderte. Sie erfolgen in einem überschaubaren Zeitraum von ein paar Jahren. Das gehört zur Faszination des Sport-Business.
Die guten SCB-Jahre, die sich dem Ende zuneigen, sind untrennbar mit dem Namen Kari Jalonen verbunden. Er ist in Bern in den Status eines «Hockeygottes» aufgestiegen. So viel Macht wie er hatte in Bern noch kein Trainer. Jeder im SCB-Fuchsbau hat die Hand an der Hosennaht, wenn er den Namen Kari Jalonen hört.
Inzwischen steht der SCB sozusagen unter «finnischer Besatzung». In der ersten Saison unter Kari Jalonen arbeiteten drei Finnen in Bern. Heute löhnt der SCB in der Sportabteilung fünf Finnen: Kari Jalonen, Mikko Haapakoski, Samuel Tilkanen, Jukka Varmanen und Petri Tuononen. Plus den finnischen Verteidiger Miika Koivisto.
Der Finne auf dem Spielfeld beim SCB: Miika Koivisto. Bild: KEYSTONE
Eine solche Konzentration der sportlichen Macht rund um einen ausländischen Trainer hat es in unserem Eishockey noch nicht gegeben. Der SCB gibt für sein finnisches Personal gut und gerne zwei Millionen Franken aus.
Bei einem Trainerwechsel müsste beim SCB die gesamte Crew rund um die erste Mannschaft ausgewechselt werden. Das wäre sehr viel und schwierige Arbeit für Sportchef Alex Chatelain. Es ist einfacher, mit dem Trainer zu verlängern und seine Entourage behalten.
Verständlich also, dass der Wunsch gross ist, den Vertrag mit Kari Jalonen vorzeitig um zwei Jahre zu prolongieren. Coûte que coûte.
Sportchef Alex Chatelain hat nun öffentlich verkündet, Kari Jalonen eine Vertragsverlängerung unter anderen Voraussetzungen schmackhaft zu machen: Den SCB auch dann zu coachen, wenn die Mannschaft nicht mehr gut genug für den Titel ist.
Kari Jalonen gibt Anweisungen – wie lange noch? Bild: KEYSTONE
Die Einsicht des tüchtigen Sportchefs, dass es Veränderungen braucht, ist richtig. Der SCB lebt in der Götterdämmerung der besten Jahre in der Ära von Marc Lüthi (seit 1998). Der Titelverteidiger muss jünger und schneller werden. Dringend.
Aber ein Erneuerungsprozess schafft neue, andere Voraussetzungen und bedingt einen anderen Trainer. Vor allem dann, wenn Wille und Mittel zu grossen Transferinvestitionen fehlten. Man kann den Bären nicht waschen, ohne ihn nass zu machen.
Kari Jalonens Freund und Agent Juho Sintonen findet ob der Aussicht auf eine Vertragsverlängerung unter anderen Voraussetzungen klare Worte: «Ich habe diese Idee am Montagmorgen aus den Medien entnommen. Ich bin beim Frühstück beinahe vom Stuhl gekippt.»
Kari Jalonen ist ein Welttrainer. Es fällt in der Tat schwer, sich den charismatischen Perfektionisten, Resultat- und Erfolgscoach in Bern als Verjüngungs-, Entwicklungs- oder gar Krisentrainer vorzustellen.
Erfolgstrainer Kari Jalonen ist in Bern ab der nächsten Saison der falsche Mann fürs richtige neue Programm. Sollte es dem SCB tatsächlich gelingen, Kari Jalonen mit viel Geld unter anderen Voraussetzungen zu einer fünften und sechsten Saison zu verführen (und danach sieht es aus), dann wird der kurzen Freude eine lange und teure Reue folgen. Und natürlich grossartige Unterhaltung.