Die schwierigste Aufgabe unseres Hockeys im 21. Jahrhundert ist gestern gelöst worden: die Regelung der Nachfolge von Arno Del Curto (62). HCD-Präsident Gaudenz Domenig hat in seiner ihm eigenen, unaufgeregten Art eine gute Lösung getroffen. Der neue Trainer heisst Harijs Witolinsch (50). Als Assistent arbeitet Michel Riesen (39). Er hatte die Mannschaft für Arno Del Curto übernommen, für eine gewisse Beruhigung und Stabilisierung gesorgt, aber alle fünf Partien (Championat und Cup) verloren.
Der Vertrag mit dem lettischen Cheftrainer läuft bis Ende Saison. Gaudenz Domenig sagt: «Es gibt keinerlei vertragliche Optionen. Der Vertrag endet mit Saisonschluss, unabhängig davon, welche Klassierung wir erreichen.» Bei entsprechenden Resultaten wird eine weitere Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen.
Mit dem Ende der Saison geht auch die Ära Arno Del Curto administrativ und finanziell zu Ende. «Arno hat seinen Vertrag auf den nächstmöglichen Termin per 30. April 2019 gekündigt. Wir akzeptieren diese Kündigung», sagt der HCD-Vorsitzende. Im April 2019 bekommt der ehemalige Kulttrainer also seinen letzten HCD-Zahltag und dann ist seine HCD-Zeit per Saldo aller Ansprüche abgelaufen. Gaudenz Domenig geht übrigens davon aus, dass Arno Del Curto diese Saison keinen anderen Klub übernimmt. Auch keinen unter Palmen.
Der hoch angesehene Wirtschaftsanwalt ist nach der Regelung der Trainerfrage mit der Arbeit im HCD-Personalbüro aber noch nicht fertig. «Wir sind daran, neue Strukturen zu schaffen.»
Der HCD wird von einem «Einmann-Betrieb» («Alles Arno oder was?») zu einer gewöhnlichen Hockeyfirma umgebaut. Mit einem Geschäftsführer, der direkt an den Verwaltungsrat berichtet, und einem Sportchef, der an den Geschäftsführer rapportiert.
Die wahrscheinlichste Variante: Der langjährige Kultverteidiger Marc Gianola (45) wird Geschäftsführer (er kümmert sich aktuell auch noch um den Spengler Cup) und Pascal Müller (39) Sportchef. Der Langnauer verteidigte von 2007 bis 2009 für den HCD und hat damit den wichtigen «HCD-Stallgeruch». Zuletzt ist er beim EHC Kloten als Sportchef gefeuert worden.
Der HCD ist Besitzer und Organisator des Spengler Cups. Künftig soll das Management des Turniers klarer vom HCD abgegrenzt werden. Eine Doppelbelastung Spengler Cup/HCD, wie sie zurzeit Marc Gianola zu tragen hat, ist nicht mehr vorgesehen. Es wäre keine Überraschung, wenn beim Spengler Cup 2019 neben dem HCD wieder ein zweites Schweizer Team mitspielt. In der Pole-Position: Ambri. Gaudenz Domenig sagt mit leiser Ironie in der Stimme: «Ich habe Filippo Lombardi immer gesagt, wenn Ambri die Playoffs schaffe, könne er mit einer Einladung rechnen. So wie es jetzt aussieht, könnte das der Fall sein und ich nehme an, er würde eine Einladung schon annehmen …»
Die Frage, die auf der Zunge brennt: Wird es im Zuge der Neustrukturierung auch Platz für Reto von Arx (42) haben? Der Kult-Leitwolf hat seine Karriere im Frühjahr 2015 mit dem Tor, das die Meisterschaft entschied, ruhmreich beendet. Aber nach einer monatelangen «Kampfscheidung» von Trainer Arno Del Curto. Der Pulverdampf dieses epischen Dramas hält sich immer noch wie Feinstaub in der Atmosphäre des Planeten HCD. Auf eine entsprechende Frage nach einem Comeback zeigt Gaudenz Domenig sein grosses Können als Diplomat. «Wenn sich Reto für einen Posten in den neuen Strukturen eignet – warum nicht?» Er werde sich sicherlich nach der Saison in aller Ruhe mit dem Emmentaler unterhalten.
Die Mannschaft soll nächste Saison ungefähr gleich viel Kosten. Gaudenz Domenig sagt: «Die Lohnkosten der Spieler betragen weniger als zehn Millionen.» Wenn auch noch die Vertragsverlängerungen mit Marc und Dino Wieser unter Dach und Fach sind (was in den nächsten Tagen der Fall sein sollte) steht die Mannschaft für die nächste Saison. Bei den Positionen der Feldspieler sind dann nur noch Ergänzungs- und Hinterbänkler-Transfers zu erwarten und die ausländischen Lizenzen zu vergeben. Als letzte grosse Herausforderung bleibt die Verpflichtung von zwei neuen Torhütern aus dem Aus- oder Inland.
Im Zentrum der Zukunftsplanung steht das Duo Andres Ambühl (35/Vertrag bis 2021) und Enzo Corvi (25/Vertrag bis 2022). An der Seite des alternden Leitwolfes Ambühl soll der mental zerbrechliche Schillerfalter Corvi endlich zu einem stabilen Führungsspieler reifen. Alles in allem wird der HCD nächste Saison eine Mannschaft mit guten Chancen auf eine Playoff-Qualifikation haben – wenn nun der Liga-Erhalt gesichert wird.
Die wirtschaftlichen Folgen der Krise dürften nicht dramatisch sein. Gaudenz Domenig sagt: «Das Ziel für diese Saison war eigentlich eine ausgeglichene Betriebsrechnung. Dieses Ziel werden wir mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht erreichen.»
Aber es gibt genug Männer mit abgeschlossener Vermögensbildung, denen das HCD-Wohl am Herzen liegt und ein allfälliges Betriebsdefizit geräuschlos im Rahmen eines gediegenen Nachtessens regeln werden.
Inzwischen hat sich auch Gaudenz Domenig Gedanken über seine Amtszeit gemacht. Er führt den Klub seit 2011. «Eigentlich wollte ich nach unserem Hundertjahre-Jubiläum 2021 noch die Nachfolge von Arno Del Curto regeln.» Diese Aufgabe hat er nun bereits erledigt.
Der grosse HCD-Vorsitzende wird 2021 mit ziemlicher Sicherheit in HCD-Rente gehen. Er wird dann 65 Jahre alt sein. Wie Arno Del Curto.