Sechs Niederlagen in Serie. In dieser Zeit ist Biel vom 2. auf den 6. Rang abgerutscht und der Vorsprung auf Rang 9 ist von 17 auf 6 Punkte geschrumpft. Das sind eigentlich die Statistiken einer schweren Krise. Biel ist das schwächste Team des Dezembers und das neue Jahr hat mit einem Fehlstart in Bern (2:3-Niederlage) begonnen.
Biel ist in Bern tatsächlich wie ein Krisenteam aufgetreten. Mit dem temporären Beistand der Hockeygötter gelingt es, in der Schlussphase, in der 56. Minute, ein längst verloren geglaubtes Spiel noch auszugleichen. Aber 42 Sekunden vor Schluss erzielt der SCB doch das 3:2. Im goldenen Herbst, als Biel ein Siegerteam und Bern eine Krisenmannschaft war, erzielte Toni Rajala 17 Sekunden vor Schluss das 3:2.
Biel im Dezember und Januar wie der SCB im September und Oktober? Nein. Es gibt einen grossen Unterschied. Der Meister geriet zwar in eine der grössten Krisen der Neuzeit (und flog als Titelverteidiger vorübergehend aus den Playoffplätzen) – und wusste doch immer warum: Wegen der «Lotter-Goalies». Das wusste jeder, bloss wagte es niemand offen zu sagen. Es gab also in Bern in der Kabine eigentlich nie Zweifel daran, dass alles gut kommt. Aber viel zu viel Zeit musste vergehen, bis die sportliche Führung endlich, endlich, endlich handelte. Seit der Verpflichtung von Tomi Karhunen ist alles wieder gut. Nach der einfachen Formel: «Goalie gut, Schablone gut, alles gut».
Der SCB wird keinerlei Schwierigkeiten mehr haben, die Playoff-Qualifikation in der oberen Tabellenhälfte zu sichern. Die SCB-Krise war eine hausgemachte und daher jederzeit lösbare. Die Frage war ja nicht ob, sondern nur wann das Torhüterproblem gelöst werden würde.
In Biel ist die Sache viel komplizierter. Biel hat kein so offensichtliches Problem wie es der SCB hatte. Ein Goalie-Problem? Sicher nicht. Bitte etwas mehr Respekt für Jonas Hiller! Ein Ausländer-Problem? Ach was, die ausländischen Feldspieler beim SCB sind noch viel miserabler. Nur Mark Arcobello genügt den offensiven Ansprüchen. Ein Trainerproblem? Nicht doch. Antti Törmänen steht zwar in seinem kritischen dritten Amtsjahr. Aber zu keinem Zeitpunkt macht Biel den Eindruck einer Mannschaft, die mit dem Trainer nicht im Reinen ist. Kein System? Das ist ein unhaltbarer populistischer Stammtischvorwurf. Das Spiel der Bieler ist gut strukturiert. Sie stürmen nie kopf- oder systemlos.
Ist Biel zu hoch geflogen? Nein. Eine Klassierung in der oberen Tabellenhälfte entspricht dem spielerischen Nominalwert dieser Mannschaft, die eine der schnellsten der Liga ist, an einem guten Abend auch schneller als der SCB.
Was ist es dann? Um es etwas nebulös zu sagen: Die Bieler haben die Magie des Siegens verloren. Was macht die Magie des Siegens aus? Es ist eine Mischung aus unerschütterlichem Selbstvertrauen, tiefem Glauben an das System und an den Beistand der Hockeygötter im entscheidenden Augenblick. Beim SCB ist dieses Selbstvertrauen nach vier Jahren und drei Meistertiteln nie ganz verschwunden, mit dem neuen Torhüter ist der Glaube ans System zurückgekehrt und die Hockeygötter neigen ja sowieso dazu, wenn es wirklich zählt, mit den Mächtigen zu sein.
Biel ist nach 35 Jahren ohne Titel noch kein in seiner DNA gefestigtes Siegerteam. Und der Glaube ans System hilft den Bielern auch nicht. Sie können sich nicht auf taktische Schablonen zurückziehen wie der SCB. Nur der SCB hat diese Systemsicherheit. Biels Glück ist deshalb «zerbrechlicher» als das SCB-Glück.
Mathieu Tschantré (35) stürmt seit 2001 für Biel und er ist im zwölften Jahr Captain. Keiner kennt die Bieler Hockeyseele so gut wie er. So ist es nur logisch, dass er nach der Niederlage in Bern nach dem «Warum?» befragt wird. Tschantré ist kein Mann der Ausreden und gesteht eine gewisse Ratlosigkeit. Und sagt dann etwas eigentlich ganz Banales, aber eben auch Entscheidendes: «Wir müssen uns auf unsere Qualitäten besinnen.»
Die Bieler sind an einem entscheidenden Punkt angelangt: Wenn sie zu zweifeln beginnen, dann wird aus einer spielerischen Erkältung eine Krisen-Grippe. Wenn sie sich hingegen auf ihre Qualitäten besinnen, sich nicht verunsichern lassen und einfach weiterspielen, dann ist bald wieder alles gut.
So einfach ist es. Und doch so schwierig: Die Dämonen des Zweifels, der Verunsicherung können selbst die Tapfersten befallen, gegen die Dämonen des Zweifels und der Verunsicherung sind manchmal die Mutigsten machtlos. Ob aus der spielerischen Erkältung eine Krisen-Grippe wird, wird sich schon in den nächsten vier Spielen gegen Lausanne, Davos und zweimal Zug zeigen. Gelingt auch nur ein Sieg, klingen die Erkältungs-Symptome ab, mit zwei Siegen ist Biel auf dem Weg zur Besserung und mit drei Siegen geheilt.
Und was kommt bei vier weiteren Niederlagen? Die erste Polemik gegen Trainer Antti Törmänen.
Kommt hinzu, dass kein Team mehr Schüsse zulässt als Biel.
Das kann langfristig einfach nicht gut kommen.🤷♂️