Biels Flucht vor den Kloten Flyers auf den letzten Playoffplatz geht weiter. Die Bieler siegten in Bern verdient 5:1. Wie ist das möglich?
Nun, bei Biel und bei Bern ist in den letzten zwei Tagen einiges schief gegangen. Aber die hockeyleidgeplagten Bieler können besser mit Missgeschicken umgehen als der stolze SCB. Die Geschichte zu diesem Spiel beginnt schon am Freitag. Es geht um «Murphy's Law». Murphys Gesetz bedeutet: «Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.»
Zuerst ist bei Biel alles schief gelaufen. Am Freitagabend geht die Partie gegen Zug auch deshalb verloren, weil der zweifache Torschütze Raphael Herburger in der 40. Minute beim Stande von 2:3 fünf Minuten plus Restausschluss wegen Beinewegziehens von hinten kassiert. Zug nützt die Strafe zum entscheidenden 4. Treffer und Biel verliert 3:6.
Sportchef Martin Steinegger geht davon aus, dass sein österreichischer Schillerfalter fürs samstägliche Spiel in Bern gesperrt ist. Weil dessen Vergehen eine Matchstrafe plus Sperre nach sich zieht. Aber die Video-Bilder zeigen hinterher, dass der Sünder unschuldig ist. Einzelrichter Reto Steinmann hebt die Strafe auf und der österreichische Internationale hätte in Bern spielen können.
Aber weil Biels Sportchef von einer Sperre ausgeht, wird der Österreicher mit Schweizer Lizenz nicht mit nach Bern mitgenommen. Gegen 19 Uhr bemerken die Bieler den Irrtum – aber da ist es zu spät. Und so kommt es, dass der zweifache Torschütze vom Vorabend seinem Team nicht zur Verfügung steht. Zudem fällt auch noch der schwedische Stürmer Niklas Olausson mit einer Fussverletzung aus. Biel reist nur mit drei Ausländern nach Bern. «Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.»
Aber auch beim SC Bern ist vieles schief gelaufen. Kult-Rumpelstürmer Tristan Scherwey hat am Freitagabend in Lausanne (2:3 n.P.) durch einen Check einen Restausschluss eingefangen und ist, anders als Raphael Herburger, tatsächlich gesperrt. Beim SCB fehlen auch die Verteidiger Beat Gerber, Justin Krueger, Mauro Dufner und David Jobin. Die Mannschaft ist indes so gut besetzt, dass ein Sieg gegen Biel auch bei so viel Verletzungspech erwartet werden kann. Immerhin stehen vier Ausländer zur Verfügung.
Und tatsächlich: Schon in der 10. Minute verursacht Biels Mathias Joggi einen Penalty. Der Anfang vom Ende? Ja, aber für den SC Bern. Marco Müller scheitert an Lukas Meili und praktisch im Gegenzug trifft ausgerechnet Mathias Joggi 22 Sekunden später zum 0:1.
Es ist die Wende im Bieler Wochenende der Missgeschicke. In 22 Sekunden wird alles anders. Von nun an läuft das Spiel beim SC Bern nach Murphys Gesetz. Was schief gehen kann, geht schief. Der Puck geht den Weg der aufopfernd kämpfenden Bieler. Lukas Meili spielt seine beste Saisonpartie. Dort, wo der Puck ins Tor will, sind entweder seine Schoner, seine Fanghand, sein Stock oder halt ein Schlittschuh oder irgendein Körperteil seiner Mitspieler im Weg.
Ein grosser, ein unerwarteter, ein verdienter Sieg des Aussenseiters gegen einen zeitweise arroganten, unkonzentrierten Favoriten. Es ist Berns höchste Saisonniederlage. Sie hat aber vorerst keinerlei Bedeutung. Die Spitzenposition des SC Bern ist noch nicht gefährdet.
SCB-Trainer Guy Boucher bringt den Fehlstart ins neue Jahr (2:3 n.P. in Lausanne, 1:5 gegen Biel) mit einem launigen Vergleich auf den Punkt. «Meine Spieler sind wie Ferraris. Wenn irgendetwas nicht stimmt, funktionieren sie nicht richtig ...»
So gesehen sind die Bieler vergleichsweise robuste Allradfahrzeuge. Trainer Kevin Schläpfer ist es wieder einmal gelungen, sich mit seinem Team aus einer fast hoffnungslosen Lage zu befreien. Er und seine Bieler haben eben viel Erfahrung in solchen Situationen. Sie haben sich schon zweimal in Spiel 7 in der Liga-Qualifikation gerettet (2009, 2010).
Im Kampf um den letzten Playoffplatz spricht eigentlich nach wie vor alles gegen Biel und für die Kloten Flyers. Aber nun zeigt sich, dass wir Biels Kunst, mit widrigen Umständen fertig zu werden, nicht unterschätzen sollten. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Klotener Lukas Meili (22) im Sommer 2013 nicht wollten und lieber alles auf den Veteranen Martin Gerber (40) setzten. Jetzt hat Biel mit Simon Rytz und Lukas Meili zwei NLA-taugliche Goalies – und Kloten vorerst keinen mehr.
Klotens neuer Trainer Sean Simpson ist in Russland gescheitert und nun mit Pauken und Trompeten wieder in die Schweiz, ins Land seiner grossen Triumphe zurückgekehrt. Das mahnt uns irgendwie an Napoléon. Der kehrte nach seinem Untergang in Russland auch nochmals zurück. Für die Herrschaft der 100 Tage. Und ging dann in Waterloo definitiv unter. In 100 Tagen steuert Sean Simpson in Kloten auf das Ende der Meisterschaft zu. Er muss aufpassen, dass es nicht wie in Waterloo endet.
P.S.: Biel hat auch neben dem Eis ein Erfolgserlebnis: Luganos Verteidiger Marco Maurer hat in Biel einen Zweijahresvertrag unterschrieben und wechselt auf die neue Saison nach Biel.