Beide Berner Tore beim 2:2 von YB gegen Lugano am Samstag, beide Tore gestern beim 2:1-Auswärtssieg in St.Gallen: Jordan Siebatcheu ist doch noch in Super League angekommen. Beim 24-jährigen Stürmer verhielt es sich wie bei einer Ketchupflasche: 17 Spiele lang klopfte Trainer Gerardo Seoane vergeblich auf die Flasche, im 18. und im 19. Anlauf gab es nun endlich die ersten Erfolgserlebnisse. Kurz vor Weihnachten hat Siebatcheu sich und YB mit den beiden Doppelpacks ein schönes Geschenk gemacht.
Siebatcheu ist von Stade Rennes ausgeliehen. Es hatte ihn im Sommer 2018 für viel Geld aus Reims geholt, je nach Quelle blätterte der Ex-Klub von Alex Frei zwischen 9 und 12 Millionen Euro für das Sturmjuwel hin.
Auch dank seinen 17 Saisontoren war Reims der Aufstieg in die Ligue 1 geglückt. Doch der persönliche Aufstieg des mit 1,90 m gross gewachsenen Stürmers geriet in Rennes ins Stocken. Zunächst warf ihn eine Oberschenkelverletzung aus der Bahn, dann kamen Corona und der Saisonabbruch in Frankreich. In Bern, so ist es der Plan, soll mit mittlerweile 24 Jahren die Karriere neu lanciert werden.
Das ist der Vorname seiner Mutter, die dank dieser Geste kein Spiel ihres Sohns verpasst. Sein eigener, voller Name lautet Theoson-Jordan Siebatcheu. Mitspieler nennen ihn «Jordan» oder «Jordy».
Christoph Spycher stand im Sommer vor der Aufgabe, den alternden Kultstürmer Guillaume Hoarau zu ersetzen. Über Siebatcheu sagte er vor dem Saisonstart im «Blick»:
Spycher war sich bewusst, dass der Nachfolger Hoaraus in grosse Fussstapfen tritt. Er dämpfte deshalb all zu hohe Erwartungen und betonte:
32 Tore erzielte Jean-Pierre Nsame in der vergangenen Saison, wurde damit überlegen Torschützenkönig der Super League. Einer also, von dem man lernen kann. Und das macht Jordan Siebatcheu. Eigentlich sind die beiden Stürmer nicht nur Mitspieler, sondern auch Konkurrenten, doch laut Nsame rückt dies im Alltag in den Hintergrund:
Nach drei Meistertiteln mit YB scheint ein Transfer des 27-jährigen Nsame in eine grössere Liga nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Der Knipser vom Dienst sagte zuletzt, er sei nicht der Typ, der im Januar den Klub wechseln wolle. «Allerdings weiss man in dieser bizarren Zeit wirklich nie, was morgen ist.» Er werde sich in den kurzen Weihnachtsferien mit Familie und Berater austauschen, um die Zukunft zu besprechen.
YB hatte Siebatcheu nicht nur als Ersatz für Hoarau engagiert, sondern auch, um einen zweiten physisch starken Stürmer neben Nsame zu haben. Nun, da er auch Tore schiesst, kann dies einen Einfluss auf die YB-Haltung haben, sollte eine lukrative Offerte für Nsame eintreffen. Mit dem Kameruner können die Berner eine schöne Stange Geld machen, sein Vertrag läuft noch bis 2023. Mit Siebatcheu haben die Berner Gewähr, auch weiterhin einen grossgewachsenen Angreifer mit Torriecher im Kader zu haben.
Gemach, gemach. Jordan Siebatcheu ist Franzose und es ist eher schwierig, sich aus der Super League ins Kader des amtierenden Weltmeisters zu schiessen. In Frankreichs U21 durfte er zwei Mal spielen, schoss dabei ein Tor. Mitspieler damals waren unter anderem Nordi Mukiele (Leipzig), Abdou Diallo (PSG) oder Moussa Dembélé (Lyon) – und als Ersatzspieler Benjamin Pavard (Bayern München), der ein Jahr nach jenem U21-Länderspiel mit den «Grossen» Weltmeister wurde.
Trotz der grossen Konkurrenz bei «Les Bleus» ist eine WM-Teilnahme nicht ausgeschlossen. Denn Siebatcheu, dessen Familie ursprünglich aus Kamerun stammt, besitzt auch einen amerikanischen Pass, geboren ist er in Washington. Der US-Verband bot den Stürmer im Sommer 2018 für ein Länderspiel auf – ausgerechnet gegen Frankreich. Siebatcheu lehnte das Aufgebot ab, weil der Transfer zu Rennes auf der Zielgeraden war. Allerdings betonte er, dass dies kein generelles Nein sei. Wer weiss, vielleicht sieht man den YB-Stürmer dereinst mit Stars and Stripes auflaufen.
Zurückhaltend. Seit er bei YB spielt, hat Siebatcheu fast ausschliesslich Bilder seiner Arbeit bei Gelb-Schwarz gepostet. In den Ferien gönnte er sich aber auch schon einen Besuch bei Nusret Gökçe, dem «Salt Bae», der Franck Ribéry das berühmt-berüchtigte Goldsteak servierte:
Zunächst einmal bis Ende Saison, so lange hat YB Siebatcheu ausgeliehen. Doch die Berner haben sich klugerweise eine Kaufoption gesichert, die dem Vernehmen nach bei 2,5 Millionen Franken liegt. Kein Pappenstiel, gerade in Corona-Zeiten. Und doch ein Schnäppchen, sollte der Höhenflug von «Air Jordan» weitergehen. Zumal der Kauf womöglich mit Geld abgewickelt werden kann, das aus einem Nsame-Verkauf stammt.