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Für mehr Transparenz: Hands-, Offside- und VAR-Regeln auf dem Prüfstand

epa07954113 Referee Tobias Stieler (C) checks the VAR video review during the German Bundesliga soccer match between VfL Wolfsburg and FC Augsburg in Wolfsburg, Germany, 27 October 2019. EPA/FRIEDEMAN ...
Alles regulär? Der Ref überprüft eine Strafraum-Szene bei Wolfsburg – Augsburg.Bild: EPA

Für mehr Transparenz – Hands-, Offside- und VAR-Regeln auf dem Prüfstand

05.12.2019, 11:1405.12.2019, 13:02
Ralf Meile
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Auf dem Platz ist das Hands derzeit das grösste Ärgernis des Fussballs. Auf diese Saison hin waren die Regeln angepasst worden mit dem Ziel einer Vereinfachung. Weil damit aber niemand zufrieden ist, könnte das Handspiel im Regelbuch bald neu definiert werden.

Auch die Offsideregel steht in der heutigen Form – im Zusammenhang mit dem Videoschiedsrichter – auf der Kippe und beim VAR könnte es Neuerungen geben. Im Fokus steht der Zuschauer im Stadion und im TV, dem Entscheide begründet werden sollen.

Handspiel

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin kündigte an, dass man das Thema behandeln müsse. Er erzählte im «Daily Mirror» von einer Tagung mit Trainern wie Jürgen Klopp, Pep Guardiola oder Zinédine Zidane:

«Alle Topcoaches unserer europäischen Teams waren da und unser Schiedsrichter-Chef zeigt ein Handspiel. Er fragt: ‹Handspiel, oder nicht?› Der halbe Raum sagt ‹Ja›. Die andere Hälfte sagt ‹Nein›. Also sag mir, wie eindeutig die Regel ist? Wir wissen es nicht.»

Unparteiische könnten nicht wissen, ob ein Hands absichtlich erfolgt sei oder nicht. «Der Schiedsrichter ist kein Psychiater.» Einen Vorschlag, wie die Handsregel erneuert werden könnte, machte Ceferin nicht.

Offside

Fast nach jeder Premier-League-Runde machen Standbilder die Runde, auf denen mit Linien ein Offside angezeigt wird. Dumm nur, dass es sich manchmal um zwei Millimeter zu handeln scheint und der Zeitpunkt der Ballabgabe durchaus auch zwischen zwei Bildern einer Videoaufnahme sein könnte (Filmmaterial besteht ja aus vielen Einzelbildern). Es lässt sich also trotz Technik nicht immer zweifellos sagen, ob ein Spieler offside ist oder nicht. UEFA-Präsident Ceferin sagt:

«Wenn man eine lange Nase hat, ist man heutzutage im Abseits. Die Linien werden ja auch von den Videoassistenten gezeichnet. So gesehen ist es eine subjektive Zeichnung von objektiven Kriterien.»
FILE - In this Thursday, Feb. 7, 2019 file photo, UEFA President Aleksander Ceferin listens to reporter's questions during a press conference at the end of the 43rd UEFA congress in Rome. Ceferin ...
Will Probleme lösen: Aleksander Ceferin.Bild: AP

Ceferin schlägt eine Toleranzgrenze von 10 bis 20 Zentimetern vor. Man werde dies mit der Schiedsrichter-Abteilung diskutieren, kündigte der Slowene an.

«Es ist okay, wenn ein Spieler nicht offside ist, auch wenn er es einen Zentimeter ist. Denn bei der Regel geht es eigentlich darum, dass man sich einen Vorteil verschafft. Und den hat man mit einem Zentimeter nicht.»

VAR

Gemäss der ARD missfällt Ceferin der VAR generell. Der Fussball brauche auch weiterhin eine gewisse Unsicherheit:

«Das Spiel verändert sich und wir haben Angst, dass es sich zu sehr verändert. Die Schiedsrichter sollten die Verantwortung haben. Nicht irgendwelche Leute, die versteckt in einem Übertragungswagen oder in einem Gebäude 500 Kilometer vom Stadion entfernt sitzen.»

Auch mit der unterschiedlichen Handhabung des VAR hat Ceferin Mühe. «In England gibt es Schiedsrichter, die nichts am Bildschirm anschauen, während sie in Italien alles eine halbe Stunde lang prüfen. Es ist ein Chaos.»

Das International Football Association Board (IFAB) ist jenes Gremium, das über die Fussballregeln entscheidet. Es hat bei seiner jüngsten Sitzung diese Woche festgestellt, dass mehr Transparenz dem Video-Schiedsrichter helfen könnte. Deshalb sollen nun verschiedene Massnahmen getestet werden, damit Spieler und Zuschauer die Entscheide besser verstehen können:

  • Durchsage auf dem Feld: Der Schiedsrichter erhält ein Mikrofon und kann seine Entscheidung so allen mitteilen. In der NHL, im Rugby oder im American Football ist das bereits der Fall.
  • Funk im TV: Der Fernsehzuschauer könnte beim Funkverkehr zwischen Schiedsrichter und VAR mithören. Bislang wurde dieser, wenn überhaupt, erst nach einem Spiel veröffentlicht.
  • Bilder im Stadion: Heute haben viele Stadien eine Video-Wand. Kann den Zuschauern dort gezeigt werden, weshalb ein Entscheid getroffen wurde, kann das für eine bessere Akzeptanz sorgen.
Im Rugby hören TV-Zuschauer häufig den Schiedsrichter sprechen.Video: YouTube/Andrew Forde

«Manchmal können Fans oder Spieler die Entscheidung nicht nachvollziehen. Wir überlegen, wie man das verbessern kann», sagte IFAB-Geschäftsführer Lukas Brud zur ARD. Ende Februar will man entscheiden, ob die Testphase tatsächlich gestartet wird.

Für UEFA-Präsident Aleksander Ceferin ist klar, dass es kein Zurück gibt und der Videoschiedsrichter bleiben wird. Er schilderte ein Beispiel aus der jüngsten EM-Qualifikation, wo noch ohne VAR gespielt wurde:

«Slowenien, meine Heimat, ist ausgeschieden. Ich war im Stadion und es gab ein klares Hands. Ich war so wütend, es war wirklich eindeutig! Aber der Schiedsrichter hat es nicht gegeben. Wir hätten uns sonst für die EM qualifiziert.»

So ist das Ende 2019 mit dem Videobeweis: Ist ein VAR da, ärgert man sich darüber, wie pingelig die Regeln umgesetzt werden. Und fehlt der VAR, ärgert man sich darüber, dass die Regeln nicht pingelig umgesetzt werden.

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15 Kommentare
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Lümmel
05.12.2019 12:25registriert Mai 2016
"Auf dem Platz ist das Hands derzeit das grösste Ärgernis des Fussballs."

Nö, das sind nach wie vor die Schwalben. Warum wird dieser Beschiss immernoch toleriert? Der VAR hätte die Möglichkeit dies sofort zu bestrafen.
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